Message 09640 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT08868 Message: 98/151 L9 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] Wissens- und/oder Informationsgesellschaft?



Hi Stefan!

Stefan Merten wrote:
Es ist ein Transformationsprozess der einen Einweißstrukturen in andere 
Eiweißstrukturen unter der katalytischen Wirkung dritter 
Eiweißstrukturen, der unter bestimmten äußren Bedingungen abläuft. Ist 
jeder solche Transformationsprozess automatisch ein Informationsprozess? 
Wenn nein, wo ist die Grenze?

Gut das du nochmal nachfragst, denn wo die Grenze ist, ist sicher eine
wichtige und auch gute Frage. Wahrscheinlich gibt es keine harte
Grenze und auch hier liegt sicher vieles im Auge des Betrachters.
Dennoch will ich es mal versuchen.

Die Grenze würde ich dahin legen, wo der Informationsanteil eines
Prozesses die anderen stofflichen Effekte in seiner Bedeutung
überwiegt. Bei "in seiner Bedeutung" liegt wohl das Auge des
Betrachters und wohl insgesamt muss die Perspektive mit angegeben
werden.

Nun erklärst du Information mit Information. Was ist der
"Informationsanteil eines Prozesses"? Lässt der sich überhaupt gegen
andere Prozessanteile in der von dir gedachten Form aufrechnen?

Nehmen wir eine CD, weil es an der einfacher sichtbar wird, als an
DNA. Die Stofflichkeit der CD tritt gegenüber der informatorischen
zurück. Oder besser hinter den Aspekt des Datenträgers. Die
Stofflichkeit der CD ist vielmehr nur dahin gehend von Intersse, ob
sie der Aufgabe der Datenspeicherung nützlich ist oder nicht. Bei der
CD ist dies auch deswegen klarerweise so, weil sie eben nicht als
Bierdeckel produziert wird. Der Zweck der Produktion ist vielmehr
einen Datenträger herzustellen.

Meinst du mit "Produktion" das Herstellen der Rohlinge oder das
Bespielen der CD? Wenn zweiteres - dann wäre mein Zweck kaum, das
summende Geräusch des Laufwerks beim Brennens einer CD zu hören, sondern
mein Zweck würde sich auf das Gebrannte richten. Und auch dort nicht auf
die Freude, die eine regelmäßige Anordnung von Bitmustern in mir
hervorruft, sondern der lebensweltliche Zweck, den ich mit dem Brennen
der CD verfolge. All diese Aspekte kann man jedenfalls unter "Herstellen
eines Datenträgers" verstehen.

Ähnliches würde ich für die DNA behaupten. Ihr wesentliches
Anwendungsgebiet in einem lebenden Organismus ist eben nichts, was
ihrer einfachen Stofflichkeit entspringt. Dann wäre sie nicht
wesentlich von Fetten oder anderen biologischen Stoffen unterschieden.
Nein, die DNA bewahrt Daten auf, die einen Unterschied für die
Prozesse machen, in denen die DNA vorkommt. Die in der DNA
aufbewahrten Daten werden also in diesen Prozessen zu Information.

... die aber durchaus "ungewollt" losgehen können, wie schon
manche geschwängerte Frau und ihr männliches Pendant feststellen
mussten. Dass hier ein daten(iSv HGG)-getriebener Entfaltungsprozess
durch äußere Umstände (ein hier im wörtlichen Sinne Verhältnis)
losgetreten wurde, okay. Aber wo die DNA die "unterschiedlichen
Handlungsmöglichkeiten " hat, insbesondere - aber eine solche Lesart
hattest du noch nicht autorisiert - in der Dimension eines "kann auch
nicht", verstehe ich nicht.

Um was es hier letzlich geht, ist rauszukriegen, wie wir die
stoffliche Repräsentation von Daten / potentieller Information von der
nicht-stofflichen Idee separiert kriegen. Da gibt es bestimmt
Grauzonen, aber deswegen würde ich nicht drauf verzichten.

Genau das sieht Fuchs-Kittowski anders. Er meint, dass
Information gerade im *Verhältnis* dieser beiden Teile zu suchen
ist.

Die unbewusste Körpersprache ist ja nur im Zusammenspiel mit einer 
Gegenseite interessant, die in der Lage ist, diese Sprache zu
"lesen".

Interessant vielleicht. Aber sie verschwindet nicht ohne
Kommunikationspartner.

Die weitere Debatte ist an dieser Stelle schlicht sinnlos, weil unsere
verschiedenen Semantiken zu gegensätzlichen Schlussfolgerungen führen
und der Praxisbezug fehlt, das Ganze also in einen reinen Glaubenskrieg
ausarten würde. Schreib ich hier mal explizit statt es - wie sonst -
schweigend zu übergehen.

Werden sie erst durch das Messen zu Daten?

Nein. Wechselwirkungen werden nicht zu Daten, weil sie zu einer
anderen begrifflichen Kategorie gehören. Daten beziehen sich aber auf
Wechselwirkungen. Also: Ohne Wechselwirkung keine Daten aber sehr wohl
Wechselwirkung ohne Daten.

In meiner Begrifflichkeit 
nicht, denn Messen ist ja schon an Subjekte gebunden, welche die 
Datenspur aufnehmen. Also potenziell messbar? Aber was ist das nicht?

Richtig. Alles, was nicht Rauschen ist, sind Wechselwirkungen, aus
denen durch Messung Daten erzeugt werden können.

Ok. Aber ungemessene Datenspuren sind in keiner Weise relevant. Right?
Was ist mit ungemessenen, aber potenziell messbaren Datenspuren?

Das bleiben einfach Wechselwirkungen.

Sind Messungen auch Wechselwirkungen? Wenn ja, wie kann man sie
als spezielle Art von Wechselwirkungen charakterisieren?  Sind die
gar an ein messendes Subjekt gebunden? Was muss ggf. über die
Konstitution dieses Subjekts vorausgesetzt werden? Kann/muss man etwas
aussagen/voraussetzen über das Verhältnis zwischen den Wechselwirkungen,
den Messungen und den Daten (und ggf. dem messenden Subjekt)?

HGG

-- 

  Prof. Dr. Hans-Gert Graebe, Inst. Informatik, Univ. Leipzig
  Augustusplatz, D-04109 Leipzig, Raum 5-53	
  tel. : +49 341 97 32248
  email: graebe informatik.uni-leipzig.de
  Home Page: http://www.informatik.uni-leipzig.de/~graebe

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



[English translation]
Thread: oxdeT08868 Message: 98/151 L9 [In index]
Message 09640 [Homepage] [Navigation]