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OHA und Oberflaechenphaenomene (was: Re: [ox] Re: Pfruende wittern)



Hi!

5 days ago Hans-Gert Gräbe wrote:
Benni Baermann wrote:
Interessant. Welche Pfründe habe ich übersehen, die ich hätte nutzen /
sichern können? Du hast da doch sicher ein paar Ideen - ich nämlich
leider nicht :-( .

Oekonux enthält einiges an symbolischem Kapital. Das ist Dir durchaus
bewusst, sonst würdest Du nicht von einer Erfolgsstory reden. Und Du
hast Dir das mehr oder weniger angeeignet, weil viele von den Leuten
die dazu beigetragen haben inzwischen rausgeekelt sind, bzw. keinen
Bock mehr haben sich ständig mit Dir zu streiten. Es ist auch kein
Zufall, dass es immer dann zum Krach kommt wenn mal wieder in
irgendeiner Form irgendwas mit Aussenwirkung zur Debatte steht. Siehe
auch dazu den oben genannten Text.

Darf ich mal als bescheidenen Vorschlag anbringen, dass wir uns auch in
unserer internen Terminolgie von dieser typisch kapitalistischen
(Stichwort: Muttermilch!!) absetzen und statt dieser konfrontativ und
kon-kurrent besetzten Worte "Pfründe", "sichern", "symbolischem
Kapital", "angeeignet" etc. mal solche Worte wie "Gestaltungsanspruch",
"Herzblut", "diskursive Macht" (im Sinne der Force-Macht aus meinem
Mawi-Paper gebraucht - also die "Macht, die die Massen ergreift", wie es
vielleicht der bekannte Klassiker formuliert hätte) verwenden?

Vielleicht hat das (nach einiger Zeit) ja auch Einfluss auf unsere Denke.

Dem kann ich nur vollumfänglich zustimmen und auch die
Alternativbegriffe, die du vorgeschlagen hast, finde ich recht
passend.

Das finde ich eines der Probleme der Theorie der Freien Kooperation /
Alienismus (und auch *vieler* anderer - aber um die geht es hier
momentan ja nicht), dass sie nach meinem Verständnis immer nur die
Oberflächenphänomene betrachtet und sich nicht um ein tiefes
Verständnis von z.B. Herrschaft bemüht. Wenn ich aber nur auf die
Oberflächenphänomene starre, dann kann ich die inneren Gründe nicht
verstehen und kann ein bestimmtes Phänomen immer nur so einordnen, wie
die erkenntnisleitend betrachteten Oberflächenphänomene mir vorgeben -
bei der Freien Kooperation sind das eben die entfremdeten Verhältnisse
im Kapitalismus.

Wenn ich die inneren Gründe nicht verstehe, dann kann ich auch keinen
nicht-entfremdeten Vorschlag mehr machen und auch Phänomene nicht mehr
in einem nicht-entfremdeten Kontext bewerten.

Vielleicht ein bisschen abstrakt; ich mache mal ein vermutlich
nachvollziehbareres Beispiel. Betrachte ich die Arbeit im Kapitalismus
und finde Kapitalismus ein Problem, dann kann macht es Sinn Arbeit als
solche abzulehnen. Wenn ich mich aber jetzt auf die ganzen
Oberflächenphänomene beschränke, dann lehne ich auch automatisch z.B.
Arbeitsteilung oder industrielle Fertigung ab, die ja im Kapitalismus
erst vollumfänglich entstanden sind. Für solch einen Kurzschluss gibt
es ja z.B. aus der Subsistenzecke viele Beispiele.

Weiter führender ist für mich aber eine genaue Analyse des Phänomens
Arbeit, wo ich dann eben darauf stoße, dass die kapitalistische
Organisation der Arbeit und in Sonderheit die verschiedenen
Entfremdungsprozesse im Rahmen kapitalistischer Arbeit das
grundlegende Problem sind - und nicht etwas Arbeitsteilung oder
industrielle Fertigung *an sich*. Erst mit dieser Analyse kann ich
dann eben auch z.B. Arbeitsteilung in Freien Projekten unterscheiden
von Arbeitsteilung in einer kapitalistischen Gesellschaft - wiewohl
die Oberflächenphänomene durchaus identisch sein können.

Eine solche Analyse für den Komplex OrganisationHerrschaftAnarchismus
zu leisten war vor langer Zeit mein Anliegen mit der OHA-Thema. Freie
Software finde ich dafür nach wie vor ein wichtiges Beispiel, aber
auch innerhalb des Projekts Oekonux haben wir ja nun schon viel
Anschauungsmaterial sammeln können. Und auch in der Debatte darum sind
wir m.E. schon sehr viel weiter als vor Jahren. Vielleicht helfen uns
ja die aktuellen Debatten zum Komplex sowohl theoretisch als auch
praktisch weiter.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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