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Re: [ox] Oekonux zu Tauschringen



Hi Liste!

Hierzu ist mir noch was eingefallen.

2 weeks (15 days) ago Stefan Merten wrote:
4 months (120 days) ago ulifrank wrote:
Wenn TR-Erfahrene ihre Faehigkeiten in dieser Richtung zur
Verfuegung stellen wuerden (und dabei fuer neue
Impulse offen blieben) um PAUSCHAL-Strukturen (z.B.
"PAUSCH-Ringe") zu schaffen in denen es KEINEN
Tausch mehr zu geben brauchte, waere das ein Schritt in
die Richtung freier Konsum- und Nutzer-Gemeinschaften,
experimentell, vielfaeltig, offen: mit freiem Zugang
zu allem, was da ist, gemeinsamer Produktion von Guetern zur
freien Entnahme.

Das könnte ich mir als eine Erweiterung der Umsonstläden vorstellen.
So lange es allerdings entfremdete Nutzungsmöglichkeiten gibt - d.h.
entnehmen und zu Geld machen - muss es hier scharfe Grenzen zu anderen
Bereichen der Gesellschaft geben.

Hmm... mal überlegen. Wie wäre ein Modell ähnlich der GPL, wo
Gegenstände, die mit einem bestimmtem Siegel versehen sind, nicht mehr
verkauft werden dürfen? Juristisch wären sie dann vermutlich immer
noch Eigentum derjenigen, die das Siegel angebracht hat, der Besitz
ist jedoch beliebig. Und es darf nicht mehr verwertet werden. Müsste
sich - ähnlich wie die GPL auf das Copyright - auf die bürgerliche
Eigentumsordnung stützen. Damit wäre die entfremdete
Nutzungsmöglichkeit der Verwertung vernichtet und die
Nutzungsmöglichkeiten auf die konkreten zurück geführt. Die oben
geschilderten Probleme wären damit gelöst.

Das wäre quasi das Prinzip der GPL auf materielle Güter übertragen mit
dem Unterschied, dass nur konkrete Nutzungsmöglichkeiten erlaubt sind.
Bei Freier Software braucht es dieses Verbot nicht, da nach deren
Veröffentlichung auf Grund der Eigenschaften der digitalen Kopie die
entfremdeten Nutzungsmöglichkeiten von selbst erlöschen. Materielle
Güter sind an dieser Stelle anders und müssen deswegen anders
behandelt werden um den gleichen Effekt wie bei Freier Software zu
erzielen.

Deswegen funktionieren auch Tauschringe in dem Rahmen, den sie in
allen mir bekannten Beispielen haben! Sie tauschen in aller Regel in
erster Linie Dienstleistungen, die entweder direkt persönlich sind,
also am eigenen Körper vorgenommen werden, oder die an eigenem
Eigentum vorgenommen werden - also z.B. der eigene Rasen gemäht wird.

In diesem Rahmen kann Entfremdung gar nicht statt finden, da immer die
personale Bindung da ist. Ich würde nun sagen, dass "instinktiv"
deswegen auch so selten und bestenfalls marginal Güter/Waren in
Tauschringen kursieren.

Ein Gegenbeispiel könnte ein Tauschring sein, in dem in großem Maßstab
Güter/Waren Gegenstand des Tausches sind, oder in dem Dienstleistungen
für entfremdete Zwecke eingesetzt werden - also z.B. lasse ich Leute,
die ich mit Zeitgutscheinen bezahle den Rasen von Dritten mähen, die
mich dafür bezahle. Kennt jemensch solche Beispiele?

Das Problem ist nun, dass diese Grenze der Entfremdung, die
Tauschringe offenbar "instinktiv" einhalten - von bewussten Vorgängen
würde ich hier i.d.R. nicht sprechen -, gleichzeitig die Grenze der
Vergesellschaftungsfähigkeit dieses Modells angibt. Tauschringe leben
eben von dem sozialen Zusammenhang, der mit einer breiteren
Vergesellschaftung verloren gehen würde.

M.a.W.: Tauschringe zeigen sehr schön, in wie weit auf Tausch basierte
Systeme mit geringem Entfremdungsgrad funktionieren können - und dass
sie eine bestimmte immanente Grenze nicht überschreiten können. Damit
ist eine Vergesellschaftungstiefe, wie sie in modernen Gesellschaften
an der Tagesordnung ist - Stichwort Arbeitsteilung -, nicht möglich.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan


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