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Motivation und gesellschaftliche Nuetzlichkeit (was: Re: [ox] Geistiges Eigentum. aus Streifzuege 31)



Hi Franz, Holger, alle!

Last week (11 days ago) Franz Nahrada wrote:
Holger Weiss on Dienstag, 14. Dezember 2004 at 19:24 Uhr [PHONE NUMBER REMOVED] wrote:
Dass es kein Problem mit Arbeitsmotivation gibt, wenn der Zwang zur
Leistung wegfaellt, scheint mir erstmal eine gewagte Behauptung und
nein, auch nicht durch die Existenz von Freier Software belegt zu sein.

Als Generalantwort gilt natürlich: Endgültig lässt sich das nur durch
die Praxis klären ;-) . Aber es gibt auch noch ein paar mehr Hinweise.

OK, das war spekulativ und ich hab noch nicht gesagt daß die Leistung die
da erbracht wird auch schon tatsächlich etwas taugt im System der Arbeiten
und Bedürfnisse,

FranzN führt hier quasi die gesellschaftliche Nützlichkeit ein. Daran
misst er, ob eine Arbeit "etwas taugt". Nun finde ich die
gesellschaftliche Nützlichkeit schon eine schwierige Begriffsbildung,
weil das in der Praxis einen allgemeinen Konsens über Nützlichkeit
voraussetzt, von dem ich nicht im entferntesten erkennen kann, wie der
hergestellt werden kann. Damit reduziert sich die gesellschaftliche
Nützlichkeit aber auf ein Programm, dass mindestens den nicht
zustimmenden aufgezwungen werden muss. Schwierig - to say the least.

Aber vielleicht braucht es die auch gar nicht. Und es ist ja auch
niemals so, dass der Zwang zur Leistung irgendwie ganz weg fiele, nur
weil er nicht mehr über Geldbeziehungen vermittelt ist. Der
Stoffwechselprozess mit der Natur "zwingt" von ganz alleine zur
Leistung. Erst im Kapitalismus wurde es auf Grund der stärkeren
Entkopplung von ProduzentIn und KonsumentIn nötig, diesen Zwang über
ein Abstraktum - Geld - zu vermitteln. Letztlich war hier die also die
Tiefe der Vergesellschaftung das auslösende Moment.

Diese Vergesellschaftungstiefe kann und darf keine
post-kapitalistische Utopie zurück nehmen, da sie ansonsten hinter das
erreichte Maß an Zivilisation zurück fällt. Es wäre also die Frage,
was in einer neuen Gesellschaft dieser oder noch größerer
Vergesellschaftungstiefe anders sein müsste, damit sie ohne den
abstrakten Zwang des Geldes und also ohne diese Entfremdung auskommt.

Mir scheint - nicht überraschend - Selbstentfaltung der Schlüssel zu
sein.

Einerseits muss Selbstentfaltung eben bei Tätigkeiten möglich sein,
die für andere nützlich sind. Dies betrifft also die Art der
Tätigkeit. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Kapitalismus auf einem
technlogischen Niveau gestartet ist, wo Menschen nur als Anhängsel der
Maschine funktioniert haben. Da war die Entfremdung von menschlichen
Potentialen in der Arbeit ebenso heftig wie die der Entlohnung. Heute
kann - auch Lohnarbeit - aber so viel Spaß machen, dass Menschen das
nicht völlig gezwungenermaßen machen. Das hat auch was mit der
technologischen Entwicklung zu tun, die Menschen eben immer stärker
gerade in ihren kreativen Potentialen fordert und das maschinelle
Funktionieren immer mehr ausschließlich den Maschinen überlässt -
durch Computer bis hinein in die Verarbeitung von Informationen.

Andererseits muss geklärt werden, wie die Vermittlung dann tatsächlich
geht. Aber ist das denn überhaupt eine Frage? In Freier Software
funktioniert es doch ganz leidlich und durch das Internet ist
zumindest die kommunikative Vermittlung doch so einfach wie nie zuvor.
Und dass die Vermittlung auch statt findet, hat m.E. wieder was mit
Selbstentfaltung zu tun: Nicht wenige begreifen es als Teil ihrer
Selbstentfaltung, wenn sie anderen helfen können. BTW braucht es über
diesen konkreten Vermittlungsansatz auch keine gesellschaftliche
Notwendigkeit mehr a priori.

Ich würde also argumentieren, dass vor allem die Art der Tätigkeit
ggf. weiter verändert werden muss - selbst eine Sache, die
Selbstentfaltung heraus fordert. Dann kann das mit der Motivation
klappen.

aber ich sage jetzt mal "an sich" ist die hier
unterschwellig angesprochene Frithjof - Bergmannsche Theorie von der
Arbeit die die Menschen "wirklich wirklich" tun wollen durch eine Unmenge
von Hobbyisten, Bastlern, Freiwilligen etc. ganz gut belegt.

Ja.

Natürlich hab ich auch gemerkt daß da oft Eigenbrötler und Egomanen
zugange sind (und derer gibt es genug auf sourceforge und andserswo) deren
fixe Ideen bei genauerer Betrachtung anderen das Leben nicht unbedingt
leichter machen; und wenn Du Dir ernsthaft die Frage stellst warum
Menschen darüberhinaus ihre beachtliche Energie und Kreativität in
letztlich absurde Dinge wie Rollenspiele oder Micronations stecken, dann
kommst Du schon ins Grübeln....

Diese Dinge sind nicht absurd. Sie entsprechen nur nicht deiner
Selbstentfaltung.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

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