[ox] TELEPOLIS: Tag der Grauzonen
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- Date: Wed, 25 Feb 2004 10:44:11 +0100
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Tag der Grauzonen
Janko Röttgers 25.02.2004
Hunderte von Websites beteiligen sich an Copyright-Protest - EMI droht
mit Klagen
Mehrere hundert Webseiten haben sich gestern an einer Aktion der
Musik-Aktivisten-Website Downhill Battle beteiligt. Im Rahmen des "Grey
Tuesday" boten sie das umstrittene Grey Album von DJ Danger Mouse zum
Download an. Andere färbten ihre Webseiten als Zeichen der Solidarität
grau. Die Plattenfirma EMI kündigte indes an, die beteiligten Webmaster
rechtlich zur Verantwortung zu ziehen.
"Es ist schmeichelhaft", meint Brian Burton. Der in Los Angeles lebende
Hip Hop-Produzent ist praktisch über Nacht ungefragt zur Symbolfigur
einer Auseinandersetzung um Copyright-Gesetze und Sampling-Rechte
geworden. Grund dafür ist ein kleines Experiment, dass Burton Anfang
des Jahres unter seinem Pseudonym DJ Danger Mouse veröffentlichte: The
Grey Album [1] mixt die Vocals des letzten Jay Z-Albums The Black Album
mit der Musik des Beatles-Klassikers The White Album. Dabei hat Burton
die Beatles in völlig neuem Gewand wieder auferstehen lassen. Aus den
Pop-Hits der Pilzköpfe hat er gekonnt Hip Hop-Beats und Grooves
gebastelt, die klingen, als wären sie eigens für Jay Zs Raps
eingespielt worden.
Burton bemühte sich gar nicht erst um die Sampling-Rechte der beiden
Originale. Er wollte sowieso nur 3000 Kopien seines Experiments über
lokale Plattenläden verbreiten. Doch dann bekam das Rolling Stone
Magazine von dem Werk Wind, nannte es "das ultimative Remix-Album".
Wenig später bekam Burton Post vom EMI-Label Capitol Records, das die
Rechte an den Aufnahmen des Beatles-Albums hält. Capitol verlangte von
Burton, den Verkauf sofort einzustellen. Der Musiker fügte sich der
Anordnung. Doch damit ging die Auseinandersetzung erst richtig los. Das
Grey Album verbreitete sich in Windeseile in Tauschbörsen-Netzen,
unzählige Bootlegs des Bootlegs tauchten auf Ebay auf.
MP3-Downloads als Akt zivilen Ungehorsams
"Es ist klar, dass dieses Werk keines der Originale entwertet. Es gibt
keine legitimen künstlerischen oder ökonomischen Gründe dafür, die
Aufnahme zu verbieten", meint Nicholas Reville. "Dies ist lediglich
eine willkürliche Ausübung von Kontrolle." Die von ihm und anderen
Musik-Liebhabern gegründete Aktivisten-Gruppe Downhill Battle [2]
organisierte in den vergangenen Tagen eine Grey Tuesday [3] genannte
Protestaktion, um Stellung gegen die Abmahnung der EMI zu beziehen und
eine Urheberrechts-Reform zu fordern. Mehr als 170 Webseiten boten dazu
am Dienstag als Geste des zivilen Ungehorsams MP3s des Albums zum
Download an. Mehrere hundert Webmaster färbten zudem Teile ihres
Angebots grau - eine symbolische Geste in Anlehnung an eine populären
Aktion vom Februar 1996, bei der Tausende von Websites mit schwarzem
Layout gegen den Communications Decency Act protestierten.
Die EMI reagierte auf die Aktion, indem sie am Vortag zahlreichen an
der Aktion beteiligten Webmastern einen Warnbrief [4] zukommen ließ.
Darin erklärte die Plattenfirma, rechtlich gegen jeden vorgehen zu
wollen, der sich an der Download-Aktion beteilige. Wer das Album
bereits zum Download angeboten habe, sei zudem zu
Schadensersatzzahlungen verpflichtet. Allerdings bewegt sich die EMI
mit ihren Forderungen selbst in einer juristischen Grauzone.
In den USA sind Tonaufnahmen erst seit 1972 explizit urheberrechtlich
geschützt, das White Album stammt jedoch aus dem Jahr 1968. Außerdem
bezweifeln Urheberrechtsexperten, dass die EMI vor Gericht tatsächliche
Verluste durch die Downloads nachweisen kann - schließlich wollte sie
das fragliche Album sowieso nie verkaufen. Brian Burton und sein Label
Waxploitation [5] überlassen solche rechtlichen Fragen den Anwälten
und halten sich aus dem Trubel der letzten Tage raus. Burtons Manager
Jeff Antebi dazu:
Das Grey Album ist ein Wendepunkt. Das Internet macht es fast
unmöglich, Verbrauchern etwas vorzuenthalten.
Links
[1] http://www.djdangermouse.com
[2] http://www.downhillbattle.org
[3] http://www.greytuesday.org
[4] http://downhillbattle.org/grey/emi_cd_letter.html
[5] http://www.waxploitation.com
Telepolis Artikel-URL:
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