[ox] TELEPOLIS: "Free Software Matters"
- From: stefan.meretz hbv.org (Stefan Meretz)
- Date: Thu, 5 Jun 2003 07:28:09 +0200
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"Free Software Matters"
Brigitte Zarzer 04.06.2003
Der Rechtswissenschaftler Eben Moglen über Meinungskontrolle und die
Vision einer freien Gesellschaft durch Freie Software
Eben Moglen [1] ist Professor für Recht an der Columbia University in
New York und Mitglied des Vorstandes der Free Software Foundation.
Morgen wird er an der Konferenz Open Cultures [2] teilnehmen und über
"Free Software, Free Culture: After the dotCommunist Manifesto"
sprechen. Zwei Tage lang werden in Wien Experten aus Wissenschaft,
Kunst und Kultur über den freien Zugang zu Information, freie Software,
Patente, Alternativen zu Wissensmonopolen, kabellose Community
Networks, offene Distributionskanäle und neue künstlerische
Ausdrucksformen referieren und diskutieren.
In Ihrer Kolumne Free Software and the Broadcast Media II [3]
schreiben Sie über die Geschichte des Rundfunks: "Seit den späten 20er
Jahren haben die Regierungen überall das elektromagnetische Spektrum
unter der Vorstellung der Verwaltung, der öffentlichen Treuhandschaft
oder des öffentlichen Eigentums kontrolliert." Wie hat sich dieses
Kontrollmodell auf die öffentliche Meinung ausgewirkt?
Eben Moglen: Als ein Modell zur Schaffung der öffentlichen Meinung.
In den Ländern, in denen der staatliche Rundfunk dominant ist,
manipuliert die Regierungsmacht die Meinung in Formen, die vor dem
Zeitalter des Rundfunks nicht möglich waren. Deutschland, Italien und
Russland in den 30er Jahren hatten Regierungen, die das Radio auf diese
Weise nutzten, und die Ereignisse im Balkan und in Ruanda in den 90er
Jahren zeigen ebenfalls diese Gefahr. In Ländern, in denen private
Unternehmen das Fernsehen entweder in Form eines Oligopols oder direkt
in der eines Monopols besitzen, können ähnliche oder sogar noch ein
wenig subtilere Auswirkungen entstehen. Im gegenwärtigen Italien zeigt
sich die eine Pathologie, in den USA die andere.
Sie unterstützen GNU und sagen "Free Software Matters". Warum und wie?
Eben Moglen: Freie Software stellt das überaus wichtige Fundament
bereit, das bestimmt, wie das Netzwerk um uns herum in einer Form
"funktioniert", so dass Benutzer es individuell und kollektiv verändern
und gemeinsam besitzen können. Das bedeutet, dass die Technologie des
Netzwerks ihren Benutzern dient und sich entsprechend ihren
Bedürfnissen entwickelt, anstatt von denjenigen kontrolliert zu werden,
die sie manipulieren. Freie Software betreibt ein Netz, das nicht die
Benutzer überwacht, weil diese den Lauschcode entfernen können. Sie
zensiert nicht die Benutzer, weil diese die Blockaden entfernen können.
Und so weiter. Freie Software bedeutet, ein Netzwerk zu haben, das in
Freiheit von den Menschen und für sie gestaltet wird.
Viele Organisationen in den USA kritisieren den Digital Millennium
Copyright Act (DMCA). Was denken Sie darüber?
Eben Moglen: Der DMCA ist ein technologisches Kontrollgesetz, das
versucht, eine sichere Gesellschaft nur für die Hersteller der
kommerziellen Massenkultur zu schaffen.
Haben Sie eine Zukunftsvision für die Befreiung durch die Medien?
Eben Moglen: Im 21. Jahrhundert müssen wir eine Gesellschaft
aufbauen, in der Computerhardware billig und allgegenwärtig ist, wie
dies in den USA, aber nicht in Europa der Fall ist. Wir brauchen
Software, die alles macht, was Menschen benötigen, und die frei
kopiert, verändert und weiter gegeben werden kann. Das hat die Bewegung
für Freie Software grundsätzlich ermöglicht. Wir müssen allen Menschen
in den Entwicklungsländern gleiches Recht zur Kommunikation im Netz
über die Benutzung von Funktechnologien geben, die auf einem
elektromagnetischen Sprektrum basiert, das öffentliches Eigentum ist.
Die Menschen müssen imstande sein, jeden an jedem Ort und zu jeder Zeit
zu erreichen, ebenso sollen alle dem kostenlos zuhören oder zusehen
können, was wir sagen oder zeigen wollen. Es sollte ein Geburtsrecht
für einen gleichen Anteil an der Bandbreite des Spektrums geben. Das
ist technisch möglich, aber der Kampf hat gerade erst begonnen, das
soziale, politische und legale System daraufhin umzustellen.
Links
[1] http://moglen.law.columbia.edu/
[2] http://opencultures.t0.or.at/
[3] http://moglen.law.columbia.edu/publications/lu-26.pdf
Telepolis Artikel-URL:
http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/te/14937/1.html
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