Message 06483 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT05867 Message: 26/32 L1 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Benni Bärmann * Kooperation und Konkurrenz (was: [ox] Conference documentation)



Kooperation und Konkurrenz
==========================

Benni Bärmann [benni obda.de]

Der Text kann unter http://www.opentheory.org/kooperenz/ diskutiert
werden.

Kooperation und Konkurrenz
==========================

In den Diskussionen auf der Oekonux-Liste [http://www.oekonux.de] ging
es immer wieder um das Verhältnis von Kooperation und Konkurrenz. Was
ist das überhaupt? Wie stehen diese Begriffe und die dazugehörigen
Phänomene zueinander?

Der folgende Text ist als Nachbereitung dieser Diskussion und als
Vorbereitung zu einem Workshop auf der 2. Oekonux-Konferenz
[http://www.oekonux-konferenz.de] gedacht gewesen und versucht diese
Fragen zu beleuchten. Er ist allerdings zu diesem Termin nicht ganz
fertig geworden und jetzt auch noch als Nachbereitung des Workshops
und (hoffentlich) Weiterführung der Diskussion gedacht.

Kooperation
===========

Wenn wir von Kooperation sprechen, klingen mit diesem Wort meistens
zwei sehr unterschiedliche Bedeutungen mit. Zum einen ist da die
wörtliche Bedeutung, die mehr oder weniger jegliches gemeinsames
Handeln bezeichnet, also auch Kooperation unter erzwungenen oder
ausgebeuteten Verhältnissen (wie im "Kooperieren Sie!" des Mächtigen).
Zum anderen ist da aber auch oft eine stark positiv besetzte
Bedeutung, die gleichberechtigte, freie, emanzipatorische Kooperation
meint.

Oft wird jedoch nicht differenziert zwischen diesen beiden
Bedeutungen, so dass Kooperation als Gegensatz zu Konkurrenz erscheint
und gerade in linken Texten oft als "gut" im Gegensatz zur "bösen"
Konkurrenz erscheint (und umgekehrt "Konkurrenz" von den Liberalen oft
simplifizierend positiv besetzt ist). Kooperation an sich ist jedoch
nicht immer "gut", sie kann ebensooft nervig, aufreibend, anstrengend
und ärgerlich sein. Ja oft sogar nerviger als Konkurrenz und das nicht
nur unter "bösen" Bedingungen, sondern auch, wenn alle Beteiligten
eigentlich an einer "guten" Kooperation interessiert sind. Ich denke
das kennt jeder aus der eigenen Erfahrung.

Dieses Nervige, Aufreibende, Anstrengende wird einem dann oft als eben
notwendiges Übel auf dem Weg zur allgemeinen Emanzipation verkauft.
Die alte kommunistische Parteidisziplin und die neue
Öko-Verzichtsethik funktionieren in diesem Sinne nach dem selben
Muster.

Konkurrenz
==========

Auch Konkurrenz hat zwei Seiten. Zum einen hat sie einen destruktiven
Aspekt, wenn sie darauf zielt den Gegner der Konkurrenz zu vernichten.
Zum anderen hat sie aber auch einen konstruktiven Aspekt, wenn es um
spielerische Konkurrenz oder gleichberechtigten, anerkennenden
Wettstreit geht. Diese Form von Konkurrenz kann sehr inspirierend und
anregend sein. Diese beiden an sich widersprüchlichen Aspekte lassen
sich jedoch nicht einfach voneinander trennen und eine Vermischung
führt oft in die Irre.

Das Sprichwort Konkurrenz belebt das Geschäft fasst diesen Widerspruch
scheinbar zusammen und zeigt ganz gut wie die liberale Logik daraus
eine Begründung des Kapitalismus zimmert. Nach dieser Logik ermöglicht
die Konkurrenz jeder gegen jeden erst die gesamtgesellschaftliche
Kooperation - weil der Mensch eben böse sei. Dies führt oft zu dem
Kurzschluss, Konkurrenz und Kapitalismus seien sehr eng verbunden und
wenn man den Kapitalismus bekämpfen wolle, müsse man die Konkurrenz
bekämpfen.

Was ich hingegen versuche zu zeigen ist nun, dass nicht Konkurrenz an
sich das Problem ist, sondern die falsche Vermischung dieser beiden
Aspekte von Konkurrenz. Oder um es auf den Punkt zu bringen: Ich
möchte nicht in einer Gesellschaft leben, die ganz auf Konkurrenz
verzichtet, sondern in einer, die die anregenden, spielerischen und
inspirierenden Aspekte von Konkurrenz sehr wohl übernimmt oder sogar
erst ermöglicht.

Gegensatz?
==========

In vielen Debatten, gerade in linken Kreisen, werden Kooperation und
Konkurrenz oft als Gegensatz verstanden: Man sagt wir lebten in einer
von Konkurrenz geprägten Gesellschaft und man wolle in einer von
Kooperation geprägten leben (z.B. auch in einem anderen vorbereitenden
Text [http://www.opentheory.org/herrschaftsfrei/text.phtml] zu einem
anderen Workshop auf der Oekonux-Konferenz. Das klingt ganz gut,
reproduziert aber eigentlich nur das liberale Ideologem von der das
Geschäft belebenden Konkurrenz als negatives Abziehbild. Diese
Redeweise betreibt genau die selbe Vermischung der unterschiedlichen
Aspekte von Konkurrenz, die die Rede von der Geschäftsbelebung so
zynisch aber auch so glaubwürdig machen. Diese weitverbreitete
Argumentation hat außerdem den Nachteil, dass sie den vielfältigen
Erfahrungen im Alltag mit Kooperationen oft widerspricht, da diese
eben nicht per se gut, emanzipatorisch und glückbringend sind.

Genau wie die liberale erscheint auch die linke Vermischung auf den
ersten Blick wahrer als sie ist. Und genau wie diese nicht völlig
falsch ist, ist auch an jener was dran. Selbst noch die
zerstörerischste kapitalistische Konkurrenz enthält etwas
Konstruktives. Wäre es nicht so, wäre der Kapitalismus längst
vergessen. Und ebenso widerspricht gemeinsames Handeln immer
zerstörerischer, auf Vernichtung zielender Konkurrenz. Dennoch ist das
eben nur ein Teil der Wahrheit, da der konstruktive Aspekt von
Konkurrenz ebenso verleugnet wird, wie die Ambivalenz der Kooperation.

Gegenseitige Abhängigkeit
=========================

Deswegen scheint es mir richtiger, die Praxis von Kooperation und
Konkurrenz als sich gegenseitig bedingende Widersprüche zu verstehen
und nicht als simple, sich ausschließende Gegensätze.

In welchem Sinne bedingen sich Kooperation und Konkurrenz? Das sind
schlicht zwei Fragen in einer: In welchem Sinne benötigt Konkurrenz
immer Kooperation und in welchem Sinne benötigt Kooperation immer
Konkurrenz?

Konkurrenz benötigt Kooperation, weil ohne einen festgelegten Rahmen
nicht konkurriert werden kann. Alleine weil sonst schon gar nicht klar
wäre, worum man eigentlich konkurriert. Dieser Rahmen ist ein Zeichen
von Kooperation, weil er nur wirksam wird, wenn sich genügend viele
Leute daran halten und sich positiv darauf beziehen. Keine Regel kann
dauerhaft gegen die Beteiligten funktionieren.

Dies gilt nicht im Extremfall der vernichtenden Konkurrenz. Zwar
könnte man bei zwei Leuten, die um ihr Leben kämpfen in einem logisch
sicherlich richtigen Sinne davon sprechen, dass sie ja auch in eben
dieser Frage kooperieren, dass sie um ihr Leben kämpfen. Nur bringe
ich soviel Zynismus dann doch nicht auf. Es macht wenig Sinn, das
Verhältnis von Kooperation und Konkurrenz nur am Extrembeispiel zu
untersuchen. In den Extremen bleiben sie Gegensätze in der üblichen
Praxis sind sie es oft nicht.

Kooperation benötigt umgekehrt Konkurrenz, weil zumindest eine freie,
gleichberechtigte Kooperation immer darauf basiert, die
Selbstbehauptungsfähigkeit des Anderen anzuerkennen. Dies wurde
besonders gut dargestellt in der Theorie der Freien Kooperation von
Christoph Spehr, die er in seinem Text Gleicher als Andere
[http://www.rosaluxemburgstiftung.de/Einzel/Preis/rlspreis.pdf]
dargelegt hat. In seiner Darstellung ist eine Kooperation eben gerade
dann frei, wenn die gleiche Verhandlungsmacht der beteiligten Akteure
dadurch sichergestellt wird, dass sie jederzeit ihren Anteil an der
Kooperation einschränken können und ihnen die materiellen
Möglichkeiten gegeben werden, diese zu verlassen: sprich innerhalb der
Kooperation Konkurrenz zuzulassen, ermöglicht es, dass Kooperation
frei wird.

Eine mehr grundsätzliche Sicht des selben Sachverhalts erhält man,
wenn man von Hegels Anerkennungsparadoxon ausgeht, das darin besteht,
dass es einen Widerspruch zwischen dem Wunsch nach Anerkennung durch
den Anderen und dem Wunsch nach Selbstbehauptung gegenüber dem Anderen
gibt. In der Spannung zwischen diesen beiden Wünschen zeigt sich
gerade die Möglichkeit von Befreiung. (Aus psychoanalytischer und
feministischer Sicht wird dieses Thema sehr inspirierend - auch für
Leute, die mit Psychoanalyse an sich nicht viel am Hut haben -
behandelt in "Die Fesseln der Liebe" von Jessica Benjamin.) Die
Diskussion um Selbstentfaltung deren unmittelbare Bedingung die
Selbstentfaltung aller ist (und umgekehrt), wie wir sie bei Oekonux
seit geraumer Zeit führen, verstehe ich genau im Sinne dieser
Spannung.

Zusammenfassend: Vernichtende Konkurrenz ist zwar das Gegenteil von
Kooperation im allgemeinen Sinne gemeinsamen Handelns, aber
konstruktive Konkurrenz und Freie Kooperation bedingen sich
gegenseitig. Kurze Zwischenbemerkung: Der geschulte Logiker (und auf
einer Oekonux-Konferenz wird es sicherlich einen ganzen Haufen davon
geben) wird vielleicht einwenden: Wenn A B impliziert und B A
impliziert, dann sind sie äquivalent. Da Kooperation und Konkurrenz
jedoch offensichtlich nicht äquivalent sind, muss die Annahme, dass
sie sich gegenseitig bedingen, falsch sein. Das stimmt zwar, lässt
aber den dynamischen Charakter sozialer Prozesse außer acht. Sowohl
zeitlich als auch (sozial-)räumlich können ja die Bereiche in denen
kooperiert oder konkurriert wird, wechseln, womit auch der Widerspruch
verschwindet.

Schön, könnte ich sagen, jetzt habe ich das Problem in seine
Bestandteile zergliedert, benenne ich also doch einfach die jeweils
unterschiedlichen Aspekte von Kooperation und Konkurrenz
unterschiedlich und schon ist immer klar, wovon ich spreche. Leider
ist es nicht ganz so einfach. Beiden Vermischungen liegt ja die
Annahme zu Grunde, dass die beiden Aspekte etwas miteinander zu tun
haben. Bei den Linken trifft man oft die Ansicht, schon durch simples
gemeinsames Handeln würde sich eine emanzipatorische Dynamik in Gang
setzen und bei den Liberalen umgekehrt die Ansicht, dass das freie
Spiel der Kräfte der destruktiven Konkurrenz schon selbst die
konstruktiven Aspekte enthält (die Rede ist dann meist von der
unsichtbaren Hand des Marktes).

Beide Vermischungen sind also nicht nur simple sprachliche
Missverständnisse, sondern ihnen liegen inhaltliche Differenzen zu
Grunde. Diese sind eine Widerspiegelung des alten Streits zwischen
einer Politik der Freiheit und einer der Gleichheit. So wie diese
beiden nur scheinbar ein Widerspruch sind, so sind auch Kooperation
und Konkurrenz nur scheinbar ein Widerspruch. Wenn es also gelingt auf
dem Feld von Kooperation und Konkurrenz Fortschritte zu machen, dann
kann das möglicherweise das nötige Bindeglied liefern zwischen der
psychologischen Ebene auf der die Spannung zwischen Anerkennung und
Selbstbehauptung zu Selbstentfaltung führen kann und der politischen
Ebene auf der Gleichheit und Freiheit kein Widerspruch mehr sein
müssen.

Alles Hirnwixerei?
==================

Nun, bis hier hat das noch wenig mit unserem Leben zu tun. Zunächst
mal hab ich nur Begriffe hin- und herverschoben. Idealismus im
schlechten Sinne. Dabei soll es nicht bleiben, deswegen braucht es
konkrete Illustrationen um zu zeigen, dass reale Phänomene hinter der
begrifflichen Fassade stehen. Dabei will ich mir zunächst die
vorherrschenden Prozesse im hier und heute angucken und wie in ihnen
das Verhältnis von Kooperation und Konkurrenz funktioniert und
schließlich die meiner Meinung nach existierenden Unterschiede im
Umgang mit Kooperation und Konkurrenz in der Freien Software Szene
beleuchten.

Hier und heute
==============

Gesellschaft besteht hier und heute aus einer Vielfalt von miteinander
verschachtelten Kooperationen und Konkurrenzen. Natürlich beruht die
kapitalistische Ökonomie zu einem großen Teil auf Konkurrenz, das ist
ihr ideologischer Kern. Doch wird der kooperative Anteil am
Kapitalismus oft vergessen. Ich beschränke mich mal auf ökonomische
Kooperationen und Konkurrenzen, nicht weil ich denken würde, andere
wären weniger wichtig, sondern mehr als Beispiel damit das nicht alles
ausufert.

Es gibt meiner Ansicht nach mehrere Arten von Wechselbeziehungen
zwischen Kooperation und Konkurrenz. Ich versuche das mal
aufzudröseln:

1.   Kooperation als übergreifende Rahmenbedingung für Konkurrenz:
     Darunter fallen jedes (gemeinsame) Handeln, das zur Erhaltung
     eines Marktes, der Infrastruktur, des Geldsystems führt.

2.   Kooperation als Teil von Konkurrenz: Jeder Tauschakt ist ein Akt
     der Kooperation, aber eben als Teil einer Konkurrenzbeziehung.
     Jeder will ja eigentlich nur für sich möglichst viel dabei
     rausholen.

3.   Konkurrenz zwischen Kooperationen: Unternehmen konkurrieren um
     Marktanteile. Die Unternehmen sind jedoch ja oft selbst wieder
     Kooperationen.

4.   Konkurrenz innerhalb von Kooperationen: Innerhalb von Unternehmen
     kommt es jedoch wieder oft zu Konkurrenzen um Ressourcen,
     Positionen, usw.

Diese vier Formen der Wechselbeziehung kann man vereinfachend mit vier
Ebenen vergleichen: Mit der Marktebene, der Tauschebene, der
Unternehmensebene und schließlich der persönlichen Ebene des
monadischen Tauschsubjekts. Auf Markt- und Unternehmensebene
dominieren dabei die Kooperationsanteile, während auf der Tauschebene
und der persönlichen Ebene die Konkurrenzanteile dominieren.

              Markt         Tausch        Unternehmen   Tauschsubjekt
............. ............. ............. ............. .............
Verhältnis    Kooperation   Konkurrenz    Kooperation   Konkurrenz

Da ja aber Konkurrenz und Kooperation nicht unabhängig voneinander
existieren können, werden die entsprechenden Beziehungen in die
Nachbarebenen "ausgelagert". Die Beziehungen zwischen den Ebenen sind
also solche zwischen Kooperations- und Konkurrenzverhältnissen. So
stehen sich dann also Konkurrenz und Kooperation immer feindlich
gegenüber und dadurch wird eine destruktive Dynamik in Gang gesetzt.
In diesem Sinn haben also sowohl die liberalen Verfechter des freien
Marktes als auch die linken Kritiker recht: Kooperation und Konkurrenz
schließen sich hier und heute tendenziell aus, weil die Dynamik von
Markt und Tausch daraufhin arbeitet sie zu trennen. Diese Dynamik
erzeugt die Trennungen zwischen Menschen gerade dadurch, dass sie
Kooperationen und Konkurrenzen in ihre jeweiligen Grenzen verweist.
Ja, diese Grenzen werden durch diese Dynamik erst erzeugt. Menschen
werden von Menschen getrennt, weil zwischen ihnen Grenzen existieren,
die durch ihre eigenen Kooperationen und Konkurrenzen immer wieder neu
aufrechterhalten werden. Bei den vier schematischen Ebenen bleibt es
dabei nicht. Das Schema dient mehr der Verdeutlichung des Prinzips. So
erzeugt diese Dynamik der Abspaltung von Kooperation und Konkurrenz
immer wieder neue Trennungen auf vielen Ebenen bis schließlich die
Menschen sogar von sich selbst getrennt werden.

Zusammenfassend: Ähnlich wie auf der interpsychischen Ebene eine
Auflösung der Spannung zwischen Anerkennung und Selbstbehauptung zu
Herrschaft führt, so führt auf der Ebene der Gruppe eine Auflösung der
Spannung zwischen Konkurrenz und Kooperation durch Abspaltung ebenso
zu Herrschaft.

Freie Software
==============

Wenn Freie Software eine Keimform einer neuen Gesellschaft sein soll
(siehe Wem gehört das Wissen?
[http://www.opentheory.org/freies_wissen/text.phtml] von Stefan
Meretz) und diese neue Gesellschaft sich eben gerade durch ein anderes
Verhältnis von Kooperation und Konkurrenz auszeichnen soll, dann
müsste sich in der Praxis Freier Software ja schon etwas davon zeigen.
Ich meine, dass dem so ist, ohne das deswegen Freie Software nicht
auch 100% "hier und heute" wäre.

Die vier Ebenen finden sich so auch bei Freier Software, nur sind
ihnen andere Phänomene zugeordnet.

Es sind die Ebenen der Lizenzen, die Ebene des gemeinsamen Codes, die
Ebene des Projekts und schließlich die Ebene der Selbstentfaltung.
Auch hier gilt wieder, diese Ebenen dienen eher dem Beispiel, als dass
sie Anspruch auf Vollständigkeit erheben würden.

Wenn wir uns diese vier Ebenen näher ansehen, stellen wir fest, dass
in ihnen Kooperation und Konkurrenz in einem anderen Verhältnis stehen
als im prototypischen "hier und heute".

              Lizenz        Code          Projekt       Selbstentfaltung
............. ............. ............. ............. .............
Kooperation   gemeinsamer   für alle      Freie         Anerkennung
              Rahmen                      Kooperation
Konkurrenz    Abgrenzung    für mich      gehen können  Selbstbehauptung
              gegen prop.
              Software

Zu den Ebenen im Einzelnen
==========================

1.   Auf der Ebene der Lizenz gibt es das kooperative Moment eines
     gemeinsamen Rahmens aber - zumindest bei Copyleft-Lizenzen - das
     konkurrierende Element der Abgrenzung gegenüber proprietärer
     Software.

2.   Auf der Ebene des Codes gibt es das kooperierende Element, dass
     jeder Code für jeden zur Verfügung steht, aber auch das Element
     von Konkurrenz, dass ich mir auch jeden Code aneignen kann.

3.   Ein Projekt funktioniert einerseits als Freie Kooperation, diese
     wird aber gerade dadurch konstituiert, dass man sie jederzeit
     verlassen kann.

4.   Auf der Ebene der individuellen Selbstentfaltung schließlich
     funktioniert diese nur, wenn einerseits die Anerkennung der
     Selbstentfaltung der Anderen, andererseits aber auch die eigene
     Selbstbehauptung dazu in einem angemessenen Verhältnis steht.

In allen vier Ebenen kommen also sowohl Kooperation als auch
Konkurrenz vor und wie es ihnen entspricht, bedingen sie sich
gegenseitig. Unsere beiden Freunde bleiben also jeweils vor Ort in
einem Spannungsverhältnis und können so eine positive Dynamik
entfalten, die individuelle Selbstentfaltung ermöglicht und Menschen
mit Menschen in Kontakt bringt ohne sie auf einen abstrakten Wert zu
reduzieren und ohne künstliche Grenzen zwischen ihnen zu schaffen.

Wenn man also von der Keimform Freie Software für eine bessere
Gesellschaft lernen will, ist es entscheidend darauf zu achten wie in
anderen Bereichen Kooperation und Konkurrenz zueinander stehen und
dann zu versuchen das produktive Spannungsverhältnis zwischen diesen
beiden Polen zu stärken und nie der Versuchung nachzugeben, jeweils
das eine dem anderen vorzuziehen.

Ausblick
========

In den Diskussionen zum Thema sind noch viele weitere Punkte
angesprochen worden, die ich hier nicht alle ausführen kann. Auf zwei
Diskussionsstränge möchte ich aber noch einmal hinweisen, weil sie
mich besonders interessieren und ich an diesen Punkten besonders gerne
weiterdiskutieren möchte:

Gender

     Wie verhält sich der allgegenwärtige Geschlechterdualismus zum
     hier verhandelten Dualismus von Kooperation und Konkurrenz? Ist
     Kooperation weiblich und Konkurrenz männlich? Sind beide männlich
     und somit die ganze hier geführte Debatte sexistisch? Oder
     irgendwas dazwischen?

Solidarität und Autarkie

     Ist Solidarität das Gegenteil von Konkurrenz und Autarkie das
     Gegenteil von Kooperation? Wenn ja, was bedeutet das? Wenn nein,
     wie sind diese Begriffe dann einzuordnen?


________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



[English translation]
Thread: oxdeT05867 Message: 26/32 L1 [In index]
Message 06483 [Homepage] [Navigation]