die Solidaritaet (war: Re: [ox] Die Entdeckung des Nordwestens)
- From: Thomas Berker <thomas.berker gmx.de>
- Date: Tue, 01 Oct 2002 12:00:47 +0200
Die Solidaritaet,
sie sollte nicht vergessen werden, wenn es vorwaerts gehen soll, in der
Diskussion zwischen Benni und Jobst gibts aber - scheint mir - ein
Missverstaendnis:
At 22:23 30.09.02 [PHONE NUMBER REMOVED], Jobst wrote:
>> Mehr Solidarität? Auf jeden Fall, ein klares Ja. Mag sein, dass
>> irgendwann auch zuviel Solidarität zu Problemen führen könnte, doch
>> davon sind wir noch ganz weit weg.
(benni:)
> Ich sag nur "uneingeschränkte Solidarität" oder gar "Nationale
> Solidarität" und und und, ich denke es gibt genausoviele Beispiele von
> falscher Solidarität wie von falscher Konkurrenz. Aber da haben wir
> dann vielleicht schlicht eine andere Auffassung.
(jobst:)
Jeder Begriff kann mißbraucht werden, das ist doch nichts neues.
Jobst, ich glaube nicht, dass du weitverbreitete Missbraeuche von Begriffen
so einfach wegwischen kannst, wie du es hier tust. Spaeter argumentierst du
dann sogar 'ad personam':
Irgendwie tust du mir
leid, dass du anscheinend immer nur Forderungen nach Solidarität
kennengelernt hast und nie Solidarität selbst.
Das habe ich schonmal gehoert in der Version: "wenn du Gott nur einmal
gesehen haettest (so wie ich), dann wuesstest du, dass er existiert und wie
wundervoll es ist ihn zu sehen". Das ist in seiner internen Logik
unschlagbar aber leider nicht ueberzeugend. Statt mitleidig zu sein,
schlage ich vor zur Kenntnis zu nehmen, dass andere Anderes anders meinen
koennten.
Bennis 'wohlverstandener Selbstenfaltungsegoismus'
> der die Selbstentfaltung des anderen zur
> Vorraussetzung der eigenen Selbstentfaltung macht.
ist naemlich gar nicht so weit entfernt von einer einstmals
weitverbreiteten Definition von Solidaritaet, die leider in der Tat
heutzutage haeufig missbraucht wird.
Der Unterschied zwischen Mildtaetigkeit und Solidaritaet ist ihr zufolge,
dass bei letzterem Hilfe geleistet wird aus einem wohlverstandenen
Eigeninteresse heraus - nenn es meinetwegen Egoismus. Geld fuer die Armen
der Welt zu sammeln kann beides sein. Im Fall praktischer Solidaritaet wird
aber angenommen, dass die Armen der Welt irgendein Interesse mit dem
Spendenden objektiv gemeinsam haben, z.B. die Gegnerschaft gegen das
Kapital. Insofern sind sie im Idealfall gleichberechtigte KampfgenossInnen
und nicht etwa passive EmpfaengerInnen. Nichts gegen Mildtaetigkeit, aber
Solidaritaet ist was Anderes. Insofern leitet sich falsche Solidaritaet -
wie Benni schreibt - tatsaechlich aus falschen 'wirs' ab ('wir Deutschen
sitzen im gleichen Boot') und echte Solidaritaet ist nicht nur als das
Gegenteil von Konkurrenz unmittelbar erfahrbar. Anders als Benni wuerde ich
aber auch ungern den Begriff Solidaritaet gleich ganz in die Tonne treten.
Weiss gar nicht so recht warum. Vielleicht weil sie sich - praktisch
erfahren - tatsaechlich so geil anfuehlt, die Solidaritaet.
thomas be
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