Re: Knappheit von Zeit (was: Re: [ox] Reziprozitaet)
- From: Benni Baermann <benni obda.de>
- Date: Thu, 14 Mar 2002 11:54:59 +0100
Hallo!
On Wed, Mar 13, 2002 at 11:23:08PM [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Merten wrote:
Hi Hans-Gert und alle außer Benni, dem ich vermutlich wieder nicht
negativ genug bin!
Tst. Ich antworte einfach trotzdem, ätsch.
Ich verstehe Robert so, dass auch beim
Software-*entwickeln* eine Ressource knapp ist: Zeit.
Nun fand ich die Diskussion hier [Benni: Solltest du doch bis hierher
gelesen haben, solltest du spätestens jetzt aussteigen, da du sonst am
Ende wieder kotzen mußt - aber wenn eine bekleckerte Liste negativ
genug ist, dann muß es wohl sein.] bahnbrechend in den Erkenntnissen,
die zumindest ich über den Begriff der Knappheit gelernt habe.
Ich versuch's mal: Zeit ist begrenzt - ganz ohne Zweifel. Ob sie knapp
ist, ist aber eine andere Frage. Knapp ist sie dann, wenn sie den
Bedürfnissen nicht genügt. Das kann passieren, wenn entweder die Zeit
künstlich verknappt wird, oder wenn die Bedürfnisse zu groß sind.
Letzteres spüre ich z.B. bei mir: Ich würde gerne noch viel mehr Dinge
machen, als ich schon tue - aber für alles habe ich einfach nicht
genug Zeit und die beste Effektivierung stößt an ihre Grenzen. Dies
ist aber nichtsdestotrotz etwas, was ich in der Hand habe. Ich könnte
mich auch entscheiden, weniger zu wollen und dann würde mir die Zeit
genügen. Hier sorge ich also selbst für Knappheit von Zeit - das ist
quasi Ausfluß meiner Selbstentfaltung und somit wohl kaum zu
kritisieren.
Die angeführte künstliche - oder besser vielleicht: äußerliche -
Verknappung von Zeit kenne ich natürlich auch. Schließlich kriege ich
meine Kohle (leider) auch nur für eine entsprechende Gegenleistung.
Hier handelt es sich in gewisser Weise um entfremdete Verknappung, da
ich nur eingeschränkt darüber bestimmen kann, was ich tun muß, um mein
"Geldbedürfnis" zu befriedigen.
So gesehen würde ich die Frage stellen, ob unter
Selbstentfaltungsbedingungen, die wir uns in der Frei-Zeit ansatzweise
schaffen können, es überhaupt noch Sinn macht, von knapper Zeit als
Problem zu sprechen. Immerhin steht es ja allen frei, sich da auch
anders zu verhalten.
Im grossen und ganzen bin ich auch wenn es Dich überraschen wird,
eigentlich ganz Deiner Meinung, das ganze kann man ja auch lesen als
elaborierte Auswalzung meines Lieblingsspruchs "Zeit hat man nicht,
Zeit nimmt man sich", oder auch von aber dennoch:
Das errinnert mich ein bisschen an die Ideologie vom "positiven
Denken". Man muss sich nur mit den Dingen die einen eben noch gestört
haben arrangieren und schon passt alles.
Individuell mag das ja alles noch hinhauen. So lange ich kein
Bedürfnis habe nach ´nem neuen supercoolen Grafiktreiber macht es auch
nix, dass ich keine Zeit habe, ihn zu programmieren und wenn ich das
Bedürfnis entwickele, dann muss ich das eben angehen und
gegebenenfalls andere Dinge dafür hinten anstellten. Dennoch ist
Selbstentfaltung ja eben gerade mehr als nur das köcheln in meinen
eigenen Bedürfnissen. Dadurch wird es etwas komplizierter: Die
Bedürfnisse der anderen sind ja wichtig für mich, also kann es doch
dazu kommen, dass tatsächlich Zeit knapp wird, wenn zwar
gesamtgesellschaftlich das Bedürfnis vorhanden ist, es aber niemand
individuell hat oder es zumindestens nicht über eine gewisse Schwelle
kommt.
Das negiert Deine Überlegungen nicht (heute mal ganz positiv!) aber
ergänzt sie, da sich zu dem anfangs genannten Spruch noch ein zweiter
gesellen muss, nämlich "Es gibt kein Bedürfnis, ausser jemand hat es."
Damit das funktionieren kann ist vor allem eines wichtig:
Kommunikation auf gesellschaftlicher Ebene. Das errinnert mich jetzt
wieder an die Sache mit den "blinden Flossen" und grad kommt es mir so
vor, als habe Petra doch recht, weil genau diese Kommunikation dann
nicht zustande kommt.
Grüße, Benni
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de