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Re: [ox] Reziprozitaet



Hi Stefan, Robert und alle!

nur ein kleiner Einwurf zu Eurer Diskussion

Ob es sich um eine knappe Ressource handelt (in der Literatur
werden oft Trinkwasserprobleme, eßbare Tiere und Pflanzen
usw. behandelt), oder um Freie Software (die beliebig oft kopiert
werden kann), spielt keine vorrangige Rolle.

Ack.

Beide Fälle sind in Bezug auf die Nachhaltigkeit vergleichbar:
Wenn das Wasser erschöpft ist, kann man es nicht mehr
bewirtschaften. Wenn alle nur freien Code kopieren und benutzen,
niemand neuen Code beisteuert, findet keine Weiterentwicklung
statt, und dann werden die Entwickler sich irgendwann mißbraucht
vorkommen und aufgeben.

Nak.

Zumindest in unserer Debatte ist der Punkt ja, daß die
EntwicklerInnen überhaupt keinen Grund haben, sich mißbraucht
vorzukommen. Sie selbstentfalten sich ja ohnehin - was mit
NutzerInnen zwar vielleicht mehr Spaß macht, aber auch ohne schon
nicht von Pappe ist.

Das ist wohl nicht der Punkt. Ich verstehe Robert so, dass auch beim
Software-*entwickeln* eine Ressource knapp ist: Zeit.  In dem
Zusammenhang fand ich übrigens den Beitrag von Bezroukov sehr
spannend, der zu dieser Frage (meine geliebte) Parallele zum
Wissenschaftssektor hervorragend expliziert hat, wo genau dieselbe
Motivlage, also Selbstbestimmtheit, Spaß etc. mit der Beschränktheit
der Ressource Zeit kollidiert und zu entsprechenden Strukturierungen
führt, die hier gern mit dem Wort 'Meritokratie' angedeutet werden.
Leider habe ich den Verweis auf Bezroukovs Paper im Archiv auf die
Schnelle nicht gefunden.

Es geht also bei allen von Euch diskutierten Regulationsmodellen - und
das sollte man am Anfang festhalten - als Target um eine
gesellschaftliche Regulation der Ressource 'Zeit'.  Da kann ich dann
mit vielen von Stefans Argumenten nicht mehr viel anfangen.  Zeit kann
man nicht tauschen, Zeiten gibt es viele (individuelle, mehr oder
weniger gesellschaftliche, langzeitlich, kurzzeitig, Eigenzeiten,
... ) usw.  

Es geht IMHO nicht um die Regulation eines wie auch immer gearteten
Tausches (auch nicht von Zeit), sondern um "kooperative Zusammenarbeit
kreativer Produzenten", d.h. eine Regulationsform, die in der Lage
ist, Kohärenz zwischen den verschiedenen Zeitregimes (auch) jenseits
der engen Rahmen des Marktes (der eine solche Kohärenz vermittelt!)
herzustellen.  Wobei über die Genese und Dynamik dieser Zeitregimes
noch einmal gesondert nachzudenken wäre.

In Dresden macht die RLS übrigens am 20.4. ein ganztägiges Kolloquium
zum Zeitbegriff in Natur und Gesellschaft.  Nur nebenbei als
Information für die, die es interessiert und die nicht zum ox-Treffen
in Hildesheim sind.

-- 
Mit freundlichen Gruessen, Hans-Gert Graebe
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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