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Re: [ox] Re: Geschlechterproporz und GPL-Gesellschaft



Hi Thomas!

Ich finde deinen Stil nicht sonderlich erbaulich. JedeR kann einzelne
Sätze aus dem Zusammenhang reißen, gemachte Aussagen noch ein bißchen
in die gewünschte Richtung manipulieren um sie dann dem Gegenüber zu
unterstellen - und sich dann mit Wonne auf den gerade geschaffenen
Strohmann zu stürzen. Mail gibt durch die einfach möglichen Zitate die
technische Möglichkeit so etwas einfach zu vermeiden, aber genutzt
werden muß sie dann halt auch.

Hi Thomas, Benni, Natascha, alle!

2 days ago Thomas Berker wrote:
At 14:49 10.03.02 [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Merten wrote:
BTW: Erfahrungsgemäß ist das Thema sehr heikel.

Hier hätte ich vielleicht ein "oft" hinzufügen sollen. Nach meiner
Erfahrung kommt es immer sehr darauf an, mit wem ich da gerade
diskutiert habe - unabhängig vom (biologischen) Geschlecht übrigens.

Ich bin angenehm
überrascht, daß hier auch dieses Thema recht vernünftig behandelt
werden kann :-) .

BTW würde ich das nach der Erfahrung mit Natascha übrigens revidieren:
Es ist auch hier heikel :-( . Immerhin haben ich und andere hier
sicher schon größeren Stuß von sich gegeben und keineR hat stande pede
ihren Ausstieg angekündigt.

Ich habe dieses Thema noch nicht als heikel erlebt (zumindest nicht
haeufiger als andere aehnlich wichtige Themen), es koennte also auch an dir
liegen.

Oder an meinen Gesprächspartnern, an deinen Gesprächspartnern oder an
dir. Willst du das hier wirklich ausloten? Persönliche Defekte zu
unterstellen hilft einem Erkenntnisprozeß m.E. genauso wenig weiter
wie Strohmänner basteln.

Du legst nahe, dass du schon auf Unvernunft gestossen bist, wenn du
dich des Themas angenommen hast. Hier also ein paar Anmerkungen, um die
Vernuenftigkeit noch einmal zu steigern:

Na schauen wir mal...

Laufen nicht einige FeministInnen immer wieder Sturm gegen die
Ungleichbehandlung der Frau im Islam?

Das war in einem ganz spezifischen Kontext gesagt:

3 days ago Stefan Merten wrote:
6 days ago Natascha Feld wrote:
Die Gleichbehandlung / Gleichstellung von Männern und Frauen in der
Aufklärung basierte vor allem darauf, dass die duale Geschlechtlichhkeit
als solche dort erstmals gesetzlich verankert wurde und klare männliche
und weibliche gesellschaftliche Pflichten postuliert wurden.

Frauen waren nun auch Bürger, aber eben BürgerINNEN und das wurde
erstmals so haarklein differenziert.

Hmm... Ich bin da jetzt wirklich kein Crack in diesen Dingen, aber was
ich z.B. aus religiösen Bereichen so gelernt habe, ist da die
Differenzierung auch sehr tief verankert. Laufen nicht einige
FeministInnen immer wieder Sturm gegen die Ungleichbehandlung der Frau
im Islam? Wäre das nicht ein Widerspruch zu der von dir vertretenen
These? In traditionellen Kulturen war das aber vielleicht nicht so
stark kodifiziert - weil es nicht nötig war, sondern sich anders
durchgesetzt hat.

Und jetzt würde mich noch interessieren, wie deine folgenden Sätze in
diesen Kontext passen:

Es ist verblueffend anzusehen, dass das Beispiel Frauen im Islam immer
wieder und in den meisten Faellen von nicht-islamischen Maennern in die
Diskussion gebracht wird. Z.B. auch jetzt im Zuge des Afghanistan-Krieges.
Nicht-islamische Maenner sprechen oft vom Sexismus islamischer Maenner, was
das wohl bedeutet?

Muß ich das so deuten, daß du mit Natascha darin übereinstimmst, daß
die Differenzierung in vormodernen, d.h. vor allem religiös geprägten
Gesellschaftsformen weniger (schlimm?) war? Immerhin sind es ja (auch)
nicht-islamische Männer, die solches sagen - womit das ja nach deiner
eigenen suggestiven Fragestellung dann schon gar nicht so sein kann -
oder was? Kann's ja wohl nicht sein. Für mich zählt jedenfalls immer
noch mehr der Gehalt einer Aussage als wer es gesagt hat - und ggf. ob
es anderem von derselben Person widerspricht. Ghosh...

Du sagst, dass einige Feministinnen Sturm laufen. Ja, es gibt sowohl in der
feministischen Diskussion/Literatur wie auch ausserhalb eine ausfuehrliche
Auseinandersetzung mit dieser spezifischen Ueberlagerung von
Sexismus-Rassismus.

Merke auf: Beides Konzepte, die sowohl ideengeschichtlich als auch von
ihrer Praxis her fest im Aufklärungsideal verankert sind. Du kannst
Sexismus / Rassismus überhaupt erst denken, wenn du die (aufgeklärte)
Emanzipation mit ihrem abstrakten Gleichheitspostulat denken kannst.

Der islamische Mann, als solcher rassistisch
ausgegrenzt, kann Frauen in seiner Eigenschaft als Mann unterdruecken. Da
wirds in der Tat kompliziert fuer feministische Praxis und Theorie. Ein
aehnliches Beispiel ist der Rassismus von weissen Frauen.

Was ich in diesem Zusammenhang vorschlagen moechte, ist auf dieses Beispiel
zu verzichten oder, wenn es dir wirklich wichtig ist, es in der
Komplexitaet, in der es in feministischer Theorie und Praxis diskutiert
wird, tatsaechlich ernst zu nehmen, aber das waere ein eigener Thread.

Ich habe oben nochmal den sehr spezifischen, von dir gekonnt
ignorierten Zusammenhang genannt. Es sollte ersichtlich sein, daß mir
an einer Vertiefung nicht sonderlich viel liegt, sondern ich lediglich
bemüht war, einen mir offensichtlich erscheinenden Widerspruch zu
klären. Leider erfolglos :-( .

Ansonsten gibts ein paar wichtige Richtigstellungen am Anfang der Mail von
Benni unter dem Subject "[ox] Metastadt, Aufklärung, FS, Patriarchat".

Weswegen ich das mal unten anfüge. Zu den anderen Dingen in Bennis
Mail würde ich lieber eine neue schreiben.

Hier
nur ein zusaetzliche Anmerkungen. Eine Reihe deiner Feststellungen sind
ganz einfach historisch falsch:

Ja, Hexenverbrennungen sind nicht Mittelalter, sondern Neuzeit.

Ja, klingt plausibel. Was ist damit widerlegt? Auch hier nochmal der
genaue Kontext (Mail macht's halt einfach):

3 days ago Stefan Merten wrote:
Ja, ich weiß, daß es im Mittelalter auch schon selbständig
wirtschaftende Frauen gegeben hat. Aber da sind auch Frauen verbrannt
worden. An Einzelaspekten läßt sich wie so oft schwer etwas festmachen
- nur illustrieren.

Sind diese selbständig wirtschaftenden Frauen, von denen ich
geschrieben hatte, eigentlich dann auch schon der Neuzeit zuzurechnen?

Hinter den letzten Satz kann ich nur aleph-0 viele Ausrufungszeichen
setzen... Einzelbeispiele können zur Falsifikation einer These dienen
- aber nie zu deren Beweis. Der Existenzquantor ist eben kein
Allquantor.

Dass das so
schwer aus den Koepfen zu bekommen ist, ist schon erstaunlich. Die
Geschichtsklitterung der Taeter hat phaenomenale Stehkraft.

Mir ist das letztlich egal, ob das ein eher neuzeitliches oder eher
vormodernes Phänomen war. Ich kann mir sogar sehr lebhaft vorstellen,
daß es sich um ein Phänomen handelt, daß genau die alte Kultur
zerstören half und damit zur Durchsetzungsgeschichte der Aufklärung
gehört - klingt plausibel. Und? Schlimm finde ich das allemal und ich
lehne mich wohl nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich vermute, daß
die in diesem Rahmen gefolterten und getöteten Frauen und Männer das
wohl auch kaum geschätzt haben. Und das, obwohl in diesen Zeiten wohl
mit Fug und Recht davon gesprochen werden kann, daß die Seele in den
Himmel kommt - und für dieses (damalige) Menschenrecht war die
Hexenverbrennung innerhalb dieses Denkens zweifellos hilfreich.

Festzuhalten bleibt, daß spätestens im 20. Jahrhundert keine Hexen
mehr verbrannt worden sind - jedenfalls da, wo sich die Moderne
durchgesetzt hat. Es ist also entweder so, daß die Frauen und
(wenigen) Männer hier einen frühen Sieg gegen die Aufklärung nicht nur
davongetragen, sondern auch gegen die (europäische) geistige
Großströmung verteidigt haben. Oder aber es gehört eben zur
Durchsetzungsgeschichte - wie du selbst schon mehrfach betont hast.
Letzteres scheint mir da plausibler, da ich von ersterem wohl gehört
hätte.

Aber was bedeutet das für dich? Für mich nicht viel - weder positiv
noch negativ. Ich verteidige oder bekämpfe die Aufklärung wie
andernmails gesagt nicht übermäßig. Dein Verhältnis scheint mir da
unentspannter.

Nein, alte Griechen haben sich nicht nur auf Dualismen kapriziert.

Das hatte ich auch nicht geschrieben. Auch hier wieder das
Originalzitat:

3 days ago Stefan Merten wrote:
Der Dualismus ist doch aber älter als die Moderne. Haben die alten
Griechen das nicht schon sehr geliebt?

Mir ist bekannt, daß in der griechischen Geistesgeschichte es
haufenweise andere Strömungen gegeben hat. Ich hatte sogar kurz
überlegt, auch das noch irgendwie hinzuBTWen. Aber irgendwo muß ich
die Komplexität auch mal kappen, sonst landet in einer Mail mein
halber Hirninhalt - zumindest das davon, was in einer Mail
aufzuschreiben ist.

Und schliesslich: Dass es auch vor der europaeischen Aufklaerung
Ungleichheiten zwischen Geschlechtern gibt, ist unbestritten.

Na dann sind wir uns ja wenigstens da einig.

Jedoch
aendert sich diese Ungleicheit mit den Zeitlaeuften ebenso wie jeder andere
Bereich auch. Warum auch nicht?

Ja. Wer hat dem widersprochen? Gegen wen oder was fightest du hier
eigentlich?

Die Unterschiede beispielsweise zwischen
dem Geschlechterverhaeltnis des ausgehenden Mittelalters und dem der
fruehen Neuzeit sind mittlerweile gut erforscht.

Netterweise. Anstatt Strohmänner aufzubauen und auf ihnen rumzuprügeln
könntest du deine Weisheit mit uns teilen.

Und, nein: Es war nicht
schon immer so wie es heute ist.

Was ja geradezu eine Plattheit ist. Schön, daß es auch noch ein paar
Gemeinsamkeiten gibt.

Ok. Jetzt zum ersten Teil von Bennis Mail. Ich lasse mal die Sachen
weg, die oben schon thematisiert sind.

3 days ago Benni Baermann wrote:
On Sun, Mar 10, 2002 at 02:49:26PM [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Merten wrote:
Na ja, wo du gerade von der "Achse des Bösen" sprichst. Das ist m.E.
ja das prominenteste Indiz dafür, wie weit die Moderne / Aufklärung
schon (wieder) auf dem Rückzug ist. Das ist ja rational alles nicht
mehr wirklich schlüssig zu erklären, sondern da stehen sich auf beiden
Seiten religiös-fundamentalistische FanatikerInnen gegenüber, denen
rationale Interessenlagen mehr oder weniger sch*egal sind. Im Westen
m.E. sogar vielfach mehr als auf der anderen Seite.

Sehe ich anders. Ihre Interessen sind durchaus rational, nur eben
partikular und zwar sowohl lokal als auch global.

Rational aber nur noch in einem verrückten System - und ich meine hier
nicht nur die Wertvergesellschaftung. Was ist an einem
Atombombeneinsatz rational? Da siehst du doch schon förmlich die
Gespenster, die in den dunklen Höhlen sitzen, gegen die sich
Klein-Bush nur noch mit Atomwaffen wehren zu können glaubt. Die
Realabsurdität holt ja heute beinahe täglich die schlimmsten
Phantasien ein :-( .

Unterstellen wir mal, daß dieser ganze War-against-Terrorism-Quatsch
rational wäre. Selbst dann gäbe es 100-fach geeignetere Mittel das
vorgebliche Ziel zu erreichen, als die tatsächlich eingesetzten. Das
ist vielfach vorgemacht worden (z.B. von den Briten) und käme BTW
x-mal billiger, wäre y-mal erfolgreicher, etc. pp.

Und BTW: Wie ich aus einem Schnipsel der Süddeutschen entnehmen
konnte, hält Bush sich seit dem 11.9. wohl für von Gott gesandt. Ein
Gotteskrieger par exellence also. Was ist daran noch Aufklärung /
Rationalität?

Also irgendwie habe ich so langsam das Gefühl, als würdest du
argumentieren, daß erst die Aufklärung das Patriarchat erfunden hat -
dann macht dieser Gedanke nämlich nur Sinn. Ansonsten könnte die
Aufklärung nämlich auch durchaus vormoderne Formen bekämpfen - ähnlich
wie sie den Feudalismus bekämpft. Das glaube ich offengestanden aber
nicht, sondern ich denke, daß das, was wir heute als Patriarchat
bezeichnen, älter ist als die Aufklärung.

Wenn Du mit "älter als die Aufklärung" meinst, dass das Patriarchat
schon vor dem 17. Jhdt. installiert war, stimmt das sicher.

Ja. Es gibt Theorien, daß eine Urgesellschaft matriarchal organisiert
war. Es gibt auf diesem Planeten auch noch einige, sehr wenige und
kleine kulturelle Gruppen, die sich das bis heute erhalten haben (in
Ostasien vor allem IIRC). Das Patriarchat hat sich nach diesen
Theorien irgendwann flächendeckend durchgesetzt. Ob dafür eine
Begründung geliefert wird, entzieht sich meiner Kenntnis.

Ich hab da
eine etwas andere Sicht:

Aufklärung, Wertsystem, Moderne, Patriarchat, Bürgertum, ... all diese
Dinge lassen sich zurückverfolgen bis zur Zeit der ersten
Stadtgründungen (In Norddeutschland also ins Mittelalter, im vorderen
Orient aber schon um 10.000 v.u.Z.). Hegemonial geworden sind sie aber
erst im 19. Jhdt. in Europa.

Wichtig auch und gerade für unsere Diskussion um Keimformen usw.:
Unterschiedlichste Formen hat es immer schon viele gegeben. Nur manche
davon sind hegemonial geworden, andere sind so endgültig in
Vergessenheit geraten, daß wir heute nicht mal mehr von ihnen wissen.
Was sich historisch durchsetzt ist eine spannende Frage.

Durchaus möglich, dass das Patriarchat dabei eher Vorreiter war und
auch schonmal früher hegemonial geworden ist. Wenn man die
Hexenverfolgung als Indiz für eine hegemoniale Durchsetzung des
Patriarchats nimmt, dann passt das aber zeitlich ganz gut z.B. zum
Wertsystem, dessen Durchsetzung parallel zur stehenden Armee der
Fürsten passierte.

Dazu würde eine genauere Analyse dessen gehören, was Patriarchat
eigentlich bedeutet. Wenn es z.B. im Gegensatz zum Matriarchat
betrachtet wird, dann sind entweder die GeschichtsfälscherInnen sehr
erfolgreich gewesen - was ich für gut möglich halte - oder das
Patriarchat gibt es wirklich schon sehr lange.

Mal konkret: Wenn sich FeministInnen gegen den muslimischen Schleier
aussprechen, ist das dann in Richtung der Aufklärung oder gegen die
Aufklärung gerichtet?

Meine Position ist in dieser Frage die: Ich halte es für aufklärerisch
und eurozentrisch. Letzteres beurteile ich als eindeutig negativ.

Aufklärung und Europa lassen sich nicht wirklich trennen,

Genau.

da hier die
oben genannten Phänomene zuerst hegemonial wurden. In China gab es
btw. auch mehrmals Phasen wo es fast dazu gekommen wäre. Z.B. wurde
dort schon im 11. Jhdt. Papiergeld verwendet (Etwas, was erst im 18.
Jdt in Europa stattfand). Aber da haben sich dann aristokratische
Kräfte durchgesetzt mit teilweise regelrecht bizarren Massnahmen, so
wurde dort z.B. mal die schon recht stattliche Handelsflotte die
gerade mit Überseeerkundungen anfing komplett vernichtet. Und das
Beispiel mit dem römischen Reich hatten wir ja letztens auch schon, wo
es schon sehr viele Ansätze in diese Richtung gab.

Ob da das rausgekommen wäre, was in Europa später die Aufklärung
geworden ist? Da bin ich nicht so sicher. Ich schätze, daß die
spezifische europäische Vorgeschichte da schon auch eine Rolle spielt.

Mich würde halt immer noch brennend interessieren, wo jetzt eigentlich
*konkret* das Problem der Männerdominanz in der Freien Software ist.
Darauf hat bisher keineR geantwortet - nicht mal ansatzweise. Als
Indiz für irgendetwas sind wir uns wohl einig - aber konkret?

Doch Christoph hat doch geschrieben, dass er sich unwohl fühlt in
einseitig dominierten Gruppen und das es deswegen in seinem eigenen
Interesse ist, das zu ändern. Mir geht das auch so.

Das gilt dann, wenn jemensch sich in einem bestehenden
Freien-Software-Projekt beteiligen will. Das gilt aber nicht mehr so
arg für die Benutzung von Freier Software.

BTW halte ich ausgerechnet dieses Argument für tendenziell sexistisch.
Mir ist ein angenehmes Klima jedenfalls wichtiger, als die Frage, ob
Frauen, Männer oder keineR von beiden dominiert.

weiter nachzugehen
ist, und dass hier auch Initiativen gefragt sind. Ich finde "FS für
Frauen"-Kampagnen, -Seminare, -Workshops etc. überhaupt nicht albern, wenn
das ersthaft gemeint ist und wenn es die Bereitschaft signalisiert, auch
darüber zu verhandeln, was an der eingeschliffenen Praxis möglicherweise
geändert werden muss.

Solche Seminare müßten sich dann aber in erster Linie an die Männer
richten, denn die - so ja die These - errichten ja willentlich oder
unwillentlich Hürden für Frauen, die diese nicht bereit sind zu
überwinden. Verdammt, irgendwie steigt mir da schon wieder ein
leichter Sexismusduft in die Nase :-( .

Was insbesondere hält Frauen denn konkret davon ab, sich eigene
Strukturen zu schaffen? Die Eintrittskosten sind für alle gleich hoch
- - genauer: niedrig - und auch Frauen können sich dafür entscheiden, 10
Stunden die Woche in Freie Software zu stecken. Warum kann es denn
keine selbstentfalteten Freien-Software-Projekte mit 98% Frauen geben?
Sind das alles die bösen Männer, die da alles zerstören / übernehmen
und gegen die sich die armen Frauen nicht wehren können? Oh, jetzt
riecht's aber schon bedenklich nach Sexismus :-( .

Nein, es sind nicht die bösen Männer, es sind die patriarchalen
Strukturen unter denen beide Seiten zu leiden haben (was jedoch auf
beiden Seiten nicht immer wahrgenommen werden muss).

Das ist aber nur ein statistisches Argument - wo wir ja keinen Dissens
haben. Das konkrete Problem einer konkreten Frau ist damit aber noch
nicht benannt. Ich würde nicht meinen, daß das so völlig irrelevant
ist - jedenfalls ist es in anderen patriarchal dominierten Sektoren
nicht nur höchst relevant sondern auch benenn- und belegbar.

Genauso wie es
auch nicht die bösen Kapitalisten sind, sondern die Selbstfeindschaft
im Kapitalismus, die wir beseitigen müssen.

Ja. Und ich mag das Patriarchat ja auch nicht und bin BTW auch der
Meinung, daß ich da ganz konkret drunter leide (oh je, jetzt heulen
einige wohl wieder entsetzt auf :-( ...).

Die Perspektive der Unterdrückten, die Du ja immer so vehement
kritisierst, wird vielleicht manchmal dadurch interessant, dass
jemand, der auf der materiell besser gestellten Seite eines
Herrschaftsprinzips steht (Männer, Kapitalisten) sich bei
Bewusstwerdung seiner Selbstfeindschaft verhältnismässig einfach
persönlich davon emanzipieren kann, wärend die andere Seite (Frauen,
Arbeiter) aufgrund ihrer materiellen Unterlegenheit dazu gezwungen ist
_gemeinsame_ Aktionsformen/Organisationen zu wählen, was ja schon der
erste Schritt einer Emanzipation im Selbstentfaltungssinne ist.

Ja. Aber laß uns nochmal konkret hinschauen.

In Internetopia ist es ja z.B. ziemlich leicht, das Geschlecht oder
auch die Hautfarbe nicht an die große Glocke zu hängen. Entsprechende
Ausgrenzungsmechanismen werden dadurch zumindest nicht begünstigt.
Außerdem haben wir es nicht (nur) mit bösen Männern zu tun, so daß das
(biologische) Frausein als Ausgrenzugsmechanismus zumindest geschwächt
ist.

Wenn die Befähigung der Leute als größter Teil des Eintrittspreises
für Freie Software gesehen wird, dann sollte doch der Eintrittspreis
für Frauen mit der gleichen Ausbildung im wesentlichen derselbe sein
wie für Männer - oder? Wenn weiter richtig ist, daß Freie Software im
Kern ein Ausfluß von Selbstentfaltung ist, wenn Frauen laut dieser
Studie relativ zu ihrer Befähigung unterproportional in Freier
Software vertreten sind, dann deutet das alles doch daraufhin, daß wir
entweder was übersehen, oder es die heute real-existierenden Frauen
nicht als Selbstentfaltung begreifen, sich (meßbar) in Freier Software
einzubringen.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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