Re: Re(2): [ox] WOS2 -- automatisch?
- From: Thomas Uwe Gruettmueller <sloyment gmx.net>
- Date: Sun, 21 Oct 2001 21:38:25 +0200
Hi, Franz!
On Saturday, 20. October 2001 10:28, Franz J. Nahrada wrote:
liste oekonux.de /Thomas /schreibt:
o Freie Software mit Copyleft erzwingt ausserdem, daß
veröffentlichte veränderte Versionen wiederum frei sein
müssen. Exemplare der *besten* Version können somit von
jedem hergestellt werden und unterliegen den Bedingungen des
Marktes. In der materiellen Produktion sind daher
Preisverfall, Qualitätssteigerung und Rationalisierung zu
erwarten, was z.B. zu mehr Freizeit bei gleichbleibendem
oder sich erhöhendem materiellen Wohlstand führen könnte.
Irgendwie müßte hier auffallen, daß die Marktwirtschaft
per se kein Mittel für Wohlstand ist: "preisverfall" und
"rationalisierung" ist gleichbedeutend mit der Ruinierung
von Existenzen und mit der Verschärfung der Konkurrenz....
Sehe ich auch so. In der jetzigen Wirtschaftsform führt weniger
Arbeit zu mehr Arbeitslosen, damit zu mehr Konkurrenz am
Arbeitsmarkt, damit zu weniger Freizeit und weniger
Mitspracherecht für die Arbeitenden usw.
D.h. die zusätzliche Freizeit sammelt sich bei denen, die sie
nicht nutzen können, weil sie vom Wohlstand ausgeschlossen
werden, bzw. umgekehrt.
Hier lägen Möglichkeiten für eine Politik der sozialen
Marktwirtschaft: Entschärfung des Gegensatzes von Wohlstand und
Freizeit durch Bürgergeld, Umschulungsmöglichkeiten usw.
die Folgerung ist daher rein ideologisch. Auch empirisch
ist sie widerlegt: Trotz Steigen des BNP sinkt der materielle
Wohlstand.
OK, was dann? Der Umkehrschluß, nämlich daß der materielle
Wohlstand durch Monopole, hohe Preise und Handerbeit steigen
würde, scheint ja noch unsinniger zu sein.
war nur ne kleine Anmerkung.
Irgendjemand hat einmal die Wertkritik in dem Satz zusammen-
gefaßt, daß Arbeit, die doch das Mittel der Aneignung des
Reichtums sein sollte, offensichtlich nicht reich macht. Das
"offensichtliche" einmal erklärt, kann es dann durch
"notwendig" ersetzt werden.
Die Übertragung von FS auf andere Bereiche wird m.E. (anderswo
in extenso ausgeführt) mit einer bewußten
Entkopplungsperspektive von Lohnarbeit und Wertproduktion
(dagegen ist Tausch harmlos) verbunden werden müssen oder sie
wird nicht gelingen.
Eine solche Entkoppelungsperspektive, da gebe ich Dir recht,
ist auch (und nur) als Strategie innerhalb der bestehenden
Wirtschaft denkbar. Aber die Strategie heißt dennoch
Entkopplung von Wirtschaft und Leben/Reproduktion/Kultur. Mit
diesem Gegenpol kann die Wirtschaft Geschäfte machen, sie muß
ihn aber (übrigens bei Strafe des Verfalls des Gesamtsystems)
als eigenständigen respektieren. Das funktioniert derzeit so
einigermaßen bei der OS-Community, aber auch hier nur prekär
und provisorisch. Wie solche Gegenpole anderso aussehen
könnten, darüber müßten wir uns unterhalten.
Mist. Ich kann dir nicht folgen :o(
Wirtschaft und Freizeit sind IMHO momentan dahingehend
gekoppelt, daß die Freizeit als Markt für "Freizeitangebote"
mißbraucht wird, d.h. für Artikel und Dienstleistungen, die die
Freizeit zumüllen, z.B. Barbie-Puppen, Computerspiele,
Fernsehen, Pauschalurlaub... Dies zu entkoppeln, wäre IMHO
sinnvoll.
Eine völlige Entkopplung halte ich jedoch nicht für sinnvoll,
denn auch selbstentfalterische Tätigkeiten benötigen industriell
hergestellte Artikel, z.B. Tuschkasten, CD-Rohlinge, Gitarre,
Computer... Diese Dinge selbst herzustellen, hätte zwar auch
selbstentfalterisches Potenzial, sie aber selbst herstellen zu
müssen, wäre bereits eine unnötige Beschränkung der
Selbstentfaltung.
Zuletzt fällt auf, daß Wirtschaft und Freizeit momentan an
anderer Stelle gerade nicht gekoppelt sind: Dinge, die außerhalb
der Lohnarbeit geschehen, haben normalerweise keinen Einfluß auf
die Wirtschaft. Gerade dies ist bei solcher freien Software, die
im Internet entsteht, anders. Hierbei werden Teile der
Wirtschaft gleichsam von einer neuen Wirtschaftsform übernommen,
die nicht mehr durch Tausch, sondern durch Bedürfnisse gesteuert
wird.
Es wäre also klasse, wenn du die Sache mit der Entkopplung
nochmal genauer erklären könntest.
Tschüß,
Thomas
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