Re: [ox] GPL und OpenSource
- From: Stefan Merten <smerten oekonux.de>
- Date: Thu, 19 Jul 2001 00:58:58 +0200
Hi Liste!
Last week (12 days ago) wrote:
Benni schrieb:
Jein, Du hast daraus eine Verknappung von Wissen abgeleitet. Es handelt sich
aber nur um eine "Verknappung" der Möglichkeit Wissen wieder zur Ware zu
machen.
Wann ist Wissen künstlich verknappt ? Doch wenn ich an der Nutzung gehindert werde ?
Im ganzen Thread gibt es eine ganz entscheidende Verwechslung von
Wissen und Information oder hier meinetwegen Code.
Die GPL verbietet niemenschem - auch nicht Bill Gates himself - aus
Freier Software zu lernen. Im Gegenteil: Sie ermuntert geradezu dazu
und das zählt immerhin zu den vier Grundrechten, die GPL-Software
gewährt. Das dieserart angeeignete Wissen ist aber nicht mehr
Gegenstand der GPL und kann jederzeit von jedermensch zu jedem Zweck
eingesetzt werden.
So wäre es nach meinem momentanen Dafürhalten zulässig, ein
GPL-Programm zu studieren, es konzeptuell identisch z.B. in einer
anderen Programmiersprache neu zu schreiben und damit wie auch immer
zu verfahren - incl. Geheimhaltung.
Der Code hingegen, den die GPL an sich schützt - und hier wird der
Unterschied zwischen Wissen und Information deutlich -, der Code darf
nicht in jeder Form weiterverwendet werden, sondern unterliegt auch in
Ableitungen der GPL.
Um auf deine obige Frage einzugehen: Nein, die GPL verknappt nicht
Wissen - ganz im Gegenteil. Tatsächlich verknappt die GPL eigentlich
gar nichts, sondern erzwingt eine Veröffentlichung - eine
Nicht-Verknappung also. Die GPL verknappt so gesehen die
VerknapperInnen.
Ein weiterer Aspekt, der in der FSF immer betont wird ist ein
Gerechtigkeitsaspekt: Was du an Rechten hattest, sollst du anderen
unbeschnitten weitergeben. Aus diesem Aspekt wächst sehr naheliegend
das Verbot, modifizierte Versionen unter andere Rechte zu stellen, da
ansonsten dieses Gerechtigkeitsansinnen sehr einfach unterlaufen
werden könnte.
Um Argumente, ob dies dem Ziel, das alles Wissen irgendwan frei sei,
förderlich ist , oder nur eine Weile förderlich sei oder wie auch immer,
ging es mir.
Da die GPL die Copyrightgesetze subversiv unterwandert, ist es
selbstverständlich dass mit der Abschaffung des Copyrights auch die GPL
verschwindet. Es bleibt zu hoffen, dass das (c) dann nicht durch was
schlimmeres ersetzt wird.
Ok.
Ein Aspekt meiner Frage scheint mir zu sein:
Was führt schneller zur Kopierfreiheit, GPL oder OpenSource ?
Was in diesem Thread (modulo Stefan - habe ich noch nicht gelesen)
auch unter den Tisch fällt: Wer Software verknappt, schneidet *auch
sich selbst* langfristig ins eigene Fleisch. Das ist doch eines der
wichtigsten Ergebnisse unserer Diskussion und von Freier Software: Die
Freie Entfaltung jeder Einzelnen die *Voraussetzung* für den
Fortschritt aller ist.
Freie Software macht zunehmend vor, wie M$ mit seiner proprietären
Strategie gegen die Wand fährt. Das Entwicklungsmodell Freier Software
ist heute einfach das der Produktivkraftentwicklung *angemessene*
Entwicklungsmodell. Wer was anderes macht, macht was falsch. So
zumindest die These.
Deine Ausgangsfrage scheint aber davon auszugehen, daß an dieser
Sachlage irgendetwas falsch ist. Daß es für eine Firma doch irgendwie
besser sein könnte, Geheimnisse zu haben. Meine These: Diese Firma
wird sich gegen Freie Software nicht halten können - warum sollte sie
dann Geheimnisse haben?
Wie die Firma allerdings ohne Geheimnisse - d.h. ohne Knappheit die
zur Verwertung nun mal notwendig ist - Geld verdienen kann, das ist
die Frage, der Bernhard Reiter auf dem LinuxTag nachging. Seine These
- wenn ich es richtig verstanden habe - war, daß Geschäftbeziehungen
das wichtigste Kapital seien. Know-How, eingespielte Prozesse etc. Na
ja, kann in engen Grenzen was dran sein.
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de