Re: [ox] Verteilungsproblem, Geld
- From: RAUNHAAR aol.com
- Date: Thu, 12 Jul 2001 16:41:01 EDT
Stefen_Meretz schrieb:
:<< Das "eigentlich" schon gesellschaftlich (obgleich privat)
produzierte Gut wird mir vorenthalten, was mich zwingt, ein Äquivalent
(Geld) herzuschaffen, was mich zwingt, mich zu verdingen gegen ein
solches Äquivalent, in dem ich z.B. Güter schaffe, die anderen
vorenthalten werden (daraus zu folgern, es handle sich um ein
Verteilungsproblem, ist aber naiv, dem allerdings die klassische
Arbeiterbewegung egal welcher Schattierung stabil folgte).
Nach meinem Verständniss bisher (und ich bitte dies gegebenenfalls zu
korrigieren) ist es gerade ein "Verteilungsproblem".
Mir erscheint Geld der Spiegel gesellschaftlich sanktionierter
Eigentumsrechte zu sein.
( Eigentumsrecht : die Möglichkeit zur gesellschaftlich sanktionierten
künstlichen_Verknappung nach Wahl des Eigentümers )
Der Zwang, das Äquivalent herzuschaffen und zu tauschen, ist doch
gerade durch diese Eigentumsrechte gegeben. Ich könnte mir doch ansonsten
einfach das nehmen, was mir fehlt. Es liegt zumeist nicht in der
_persönlichen_
Macht des Besitzenden, es mir zu verwehren.>>
.
--ToKa
In Deiner Argumentation gehst Du davon aus, daß Geld eine Sache (nur eben
allgemeines Äquivalent/Spiegel) wie jede andere ist an der man/frau
Eigentumsrechte hat. Geld ist aber nur dann Sache, wenn es sich um eine
Geldsortenschuld handelt, also nicht der Wert gemeint ist, sondern das
verkörperte Ding (z.B. Sammelmünzen, also das 10-er Kiki-Stück der Republik
Ichweißnichtwo von Anno-irgendwann).
Geld ist "rechtswissenschaftlich" korrekt und damit gut metaphysisch: "die
unbeschränkte Schuld dem Gläubiger die Verfügungsmöglichkeit über den durch
den Nennbetrag der Schuld ausgedrückten unkörperlichen Vermögenswert zu
beschaffen." Richtig ist, daß in unserer Vergesellschaftungsform alle Sachen
irgendwelchen natürlichen oder juristischen Personen zugeordnet sind. Dies
gilt selbst für sogenannte "herrenlose" Sachen, für die es dann
Aneignungsrechte gibt (oft nur für bestimmte Personenkreise). Die Sache in
diesem Sinne zeichnet sich aber gerade dadurch aus, daß sie konkret bestimmt
und/oder zahlen- bzw. mengenmäßig hinreichend bestimmbar ist. Echte Sachen
sind damit rechtstechnisch konkret und endlich (knapp). Geld oder besser Wert
(siehe oben), ist von vornherein "unbeschränkt", wird also als nicht knapp
postuliert. Wie Stefan es so schön ausdrückt, kann ich mich nämlich selbst
verdingen (also meine Arbeitskraft, mich selbst, zur Sache machen) und mir -
jetzt wieder als Rechtsperson - Verfügungsgewalt über unkörperlichen Wert
verschaffen. Meiner Wertbeschaffung sind hier lediglich biologische Grenzen
gesetzt. ("Irgendwie schade", aber die Gentechnologie arbeitet dran) Noch
interessanter wird es, wenn ich diesen Wert (Geld) nicht irgendjemand für
irgendeine Sache gebe, sondern ihn als Kapital (Wert) dafür einsetze unter
Verwendung von mir dann rechtlich zugeordneten Sachen (Sachkapital) und sich
verdinglichenden Menschen (neudeutsch: Humankapital, vulgo verding(lich)te
Arbeitskraft) Waren in die Welt setze, und, wenn alles gut geht, realisiert
sich deren Wert auf dem Markt, wird also wieder Wert (Geld). Was mach ich mit
dem Geld? Ich fange wieder von vorne an, und mache aus Wert über das Vehikel
Sachen (Waren) wieder Mehrwert (also mehr Geld). Diese Prozedur ist
gesellschaftlich so vorgesehen, also gesellschaftlich, obwohl ich dem hehren
Privatunternehmertum fröne; - auch der sich verdingende Arbeitnehmer ist
übrigens in diesem Sinne Privatunternehmer. Das heilige Eigentum aber, ist
hier nur noch systemlogisch notwendiges Funktionselement. Als Rechtsinstitut
hat es sicherzustellen, daß, in der heiklen Phase der leider notwendigen,
wenn auch nur vorübergehenden (Zeitdauer unterschiedlich lang, je nach Gut),
Transformation von Wert in konkrete Gestalt der Zugriff Dritter, notfalls mit
staatlicher Gewalt, verhindert wird.
<<Der Zwang wird also bedingt durch das nichtverhandelbarsein einer bestimmten
Verteilung (von Eigentumsrechten). Freie_Kooperation (nach Spehr) würde genau
diese hinterfragen.>>
Was aber, wie bei allen Vertragstheoretikern seit Rousseau (ihn selbst mal
ausgenommen, weil er zumindest noch versucht hat, die Rechtsform theoretisch
zu begründen), wieder nur eine Diskussion des Inhalts (dafür/dagegen; so
nicht!, nie wieder xyz!; wir fordern das Recht auf xyz usw. usf.) ist und das
Apriori der RechtsForm völlig außer Acht läßt. Die Rechtsform wird
ontologisiert, was dann hieße: Es liegt in der Natur des Menschen, daß es ein
abstraktes Sollen (der Inhalt kann diskutierbar sein) gibt und die Menschen
nur vermittels dieses abstrakten Sollens miteinander in Beziehung treten.
Hier folgen dann die Gewährleister- und Vermittlungsinstitutionen wie Staat
und Justiz auf dem Fuße - oder gehen voran, je nachdem wie man/frau das sehen
will. Zu fragen ist dann auch nach dem sogenannten "Willen" des Individuums,
der in den Verhandlungen unter Geltung des - wiederum vom Inhalt her
verhandelbaren - abstrakten Sollens wirksam wird. Der ist notwendig bereits
durch innerliches Insverhältnissetzen zum jeweiligen Sollen "kontaminiert".
Freies Verhandeln hört sich toll an, wer aber von der abstrakten Rechtsform
nicht lassen will, der hat schon immer seinen Willen beim Rousseauschen
"Allgemeinwillen" oder beim Hegelschen "Geist" abgegeben. Die andere Denkform
wäre die einer "konkreten Universalität" - hierüber hat Stefan schon
verschiedentlich hier geschrieben.
Liebe Grüße, Petra
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