Message 02942 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT02937 Message: 5/6 L1 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] Verteilungsproblem, Geld



Stefen_Meretz schrieb:

:<< Das "eigentlich" schon gesellschaftlich (obgleich privat)
  produzierte Gut wird mir vorenthalten, was mich zwingt, ein Äquivalent
  (Geld) herzuschaffen, was mich zwingt, mich zu verdingen gegen ein
  solches Äquivalent, in dem ich z.B. Güter schaffe, die anderen
  vorenthalten werden (daraus zu folgern, es handle sich um ein
  Verteilungsproblem, ist aber naiv, dem allerdings die klassische
  Arbeiterbewegung egal welcher Schattierung stabil folgte).

Nach meinem Verständniss bisher (und ich bitte dies gegebenenfalls zu
korrigieren) ist es gerade ein "Verteilungsproblem".
Mir erscheint Geld der Spiegel gesellschaftlich sanktionierter
Eigentumsrechte zu sein.

( Eigentumsrecht : die Möglichkeit zur gesellschaftlich sanktionierten
  künstlichen_Verknappung nach Wahl des Eigentümers )

Der Zwang, das Äquivalent herzuschaffen und zu tauschen, ist doch
gerade durch diese Eigentumsrechte gegeben. Ich könnte mir doch ansonsten
einfach das nehmen, was mir fehlt. Es liegt zumeist nicht in der 
_persönlichen_
Macht des Besitzenden, es mir zu verwehren.>>

.

--ToKa

In Deiner Argumentation gehst Du davon aus, daß Geld eine Sache (nur eben 
allgemeines Äquivalent/Spiegel) wie jede andere ist an der man/frau 
Eigentumsrechte hat. Geld ist aber nur dann Sache, wenn es sich um eine 
Geldsortenschuld handelt, also nicht der Wert gemeint ist, sondern das 
verkörperte Ding (z.B. Sammelmünzen, also das 10-er Kiki-Stück der Republik 
Ichweißnichtwo von Anno-irgendwann). 
Geld ist "rechtswissenschaftlich" korrekt und damit gut metaphysisch: "die 
unbeschränkte Schuld dem Gläubiger die Verfügungsmöglichkeit über den durch 
den Nennbetrag der Schuld ausgedrückten unkörperlichen Vermögenswert zu 
beschaffen." Richtig ist, daß in unserer Vergesellschaftungsform alle Sachen 
irgendwelchen natürlichen oder juristischen Personen zugeordnet sind. Dies 
gilt selbst für sogenannte "herrenlose" Sachen, für die es dann 
Aneignungsrechte gibt (oft nur für bestimmte Personenkreise). Die Sache in 
diesem Sinne zeichnet sich aber gerade dadurch aus, daß sie konkret bestimmt 
und/oder zahlen- bzw. mengenmäßig hinreichend bestimmbar ist. Echte Sachen 
sind damit rechtstechnisch konkret und endlich (knapp). Geld oder besser Wert 
(siehe oben), ist von vornherein "unbeschränkt", wird also als nicht knapp 
postuliert. Wie Stefan es so schön ausdrückt, kann ich mich nämlich selbst 
verdingen (also meine Arbeitskraft, mich selbst, zur Sache machen) und mir - 
jetzt wieder als Rechtsperson -  Verfügungsgewalt über unkörperlichen Wert 
verschaffen. Meiner Wertbeschaffung sind hier lediglich biologische Grenzen 
gesetzt. ("Irgendwie schade", aber die Gentechnologie arbeitet dran) Noch 
interessanter wird es, wenn ich diesen Wert (Geld) nicht irgendjemand für 
irgendeine Sache gebe, sondern ihn als Kapital (Wert) dafür einsetze unter 
Verwendung von mir dann rechtlich zugeordneten Sachen (Sachkapital) und sich 
verdinglichenden Menschen (neudeutsch: Humankapital, vulgo verding(lich)te 
Arbeitskraft) Waren in die Welt setze, und, wenn alles gut geht, realisiert 
sich deren Wert auf dem Markt, wird also wieder Wert (Geld). Was mach ich mit 
dem Geld? Ich fange wieder von vorne an, und mache aus Wert über das Vehikel 
Sachen (Waren) wieder Mehrwert (also mehr Geld). Diese Prozedur ist 
gesellschaftlich so vorgesehen, also gesellschaftlich, obwohl ich dem hehren 
Privatunternehmertum fröne; - auch der sich verdingende Arbeitnehmer ist 
übrigens in diesem Sinne Privatunternehmer. Das heilige Eigentum aber, ist 
hier nur noch systemlogisch notwendiges Funktionselement. Als Rechtsinstitut 
hat es sicherzustellen, daß, in der heiklen Phase der leider notwendigen, 
wenn auch nur vorübergehenden (Zeitdauer unterschiedlich lang, je nach Gut), 
Transformation von Wert in konkrete Gestalt der Zugriff Dritter, notfalls mit 
staatlicher Gewalt, verhindert wird. 

<<Der Zwang wird also bedingt durch das nichtverhandelbarsein einer bestimmten
Verteilung (von Eigentumsrechten). Freie_Kooperation (nach Spehr) würde genau
diese hinterfragen.>>

Was aber, wie bei allen Vertragstheoretikern seit Rousseau (ihn selbst mal 
ausgenommen, weil er zumindest noch versucht hat, die Rechtsform theoretisch 
zu begründen), wieder nur eine Diskussion des Inhalts (dafür/dagegen; so 
nicht!, nie wieder xyz!; wir fordern das Recht auf xyz usw. usf.) ist und das 
Apriori der RechtsForm völlig außer Acht läßt. Die Rechtsform wird 
ontologisiert, was dann hieße: Es liegt in der Natur des Menschen, daß es ein 
abstraktes Sollen (der Inhalt kann diskutierbar sein) gibt und die Menschen 
nur vermittels dieses abstrakten Sollens miteinander in Beziehung treten. 
Hier folgen dann die Gewährleister- und Vermittlungsinstitutionen wie Staat 
und Justiz auf dem Fuße - oder gehen voran, je nachdem wie man/frau das sehen 
will. Zu fragen ist dann auch nach dem sogenannten "Willen" des Individuums, 
der in den Verhandlungen  unter Geltung des - wiederum vom Inhalt her 
verhandelbaren - abstrakten  Sollens wirksam wird. Der ist notwendig bereits 
durch innerliches Insverhältnissetzen zum jeweiligen Sollen "kontaminiert". 
Freies Verhandeln hört sich toll an, wer aber von der abstrakten Rechtsform 
nicht lassen will, der hat schon immer  seinen Willen beim Rousseauschen 
"Allgemeinwillen" oder beim Hegelschen "Geist" abgegeben. Die andere Denkform 
wäre die einer "konkreten Universalität" - hierüber hat Stefan schon 
verschiedentlich hier geschrieben.
Liebe Grüße, Petra  
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


[English translation]
Thread: oxdeT02937 Message: 5/6 L1 [In index]
Message 02942 [Homepage] [Navigation]