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[ox] zur Zukunft der Einzelinteressen



Hallo Ralf & all!

Dein mail vom 17.Mai möchte ich zum Anlaß nehmen, noch
einmal in Frage zu stellen,
was hier gerade (mit einiger Zustimmung!) auf EWIG
festgeschrieben werden sollte ;-)

-- nämlich der Gegensatz zwischen Einzelinteresse
   und Allgemeininteresse.

[ref: 2[PHONE NUMBER REMOVED]; RalfKrae aol.com;
"Re: [ox] Re: Kooperation"; 9.157d59fa.28352ed3 aol.com]



  »Daraus, dass es unter bürgerlichen Verhältnissen
  Interessengegensätze und Herrschaft gibt, folgt nicht der
  Umkehrschluss, dass es bei Abschaffung der bürgerlichen
  Verhältnisse es keine Interessengegensätze zwischen Menschen
  und Gruppen mehr gäbe, weil sich dann ein tatsächliches
  Allgemeininteresse entwickeln würde, das alle
  Einzelinteressen einschließt.«

Das Allgemeininteresse, wenn man davon sprechen möchte,
existiert immer, wenn es Einzelinteressen gibt (sonst wären
nämlich diese keine Einzelinteressen), und schließt immer
alle Einzelinteressen ein. Die Frage nach dem Gegensatz
zwischen dem Allgemeininteresse und dem Einzelinteresse ist
also nicht so sehr die, ob das Allgemeininteresse das
Einzelinteresse einschließt. Das tut es nämlich schon
deshalb, weil es entweder die Gesamtheit (so etwa wie eine
Vektorsumme) oder ein Abstraktum aller dazugehörigen
Einzelinteressen ist.

Der Gegensatz kann also nur verschwinden, wenn auch
umgekehrt *das Einzelinteresse das Gesamtinteresse
einschließt*. Und hier ist mit "Interesse" nicht mehr eine
Resultante aus objektiven Umständen gemeint, sondern das
real vom Subjekt begriffene Interesse, also das Interesse,
wie es durch das Bewußtsein des Einzelnen erscheint. Diese
Art der Versöhnung des Einzelinteresses mit dem
Allgemeininteresse ist aber in meinen Augen sowohl ein
_unabdingbares Ding_ als auch eine "logische Folge" der
gegewärtigen Entwicklung (welche nämlich gerade durch die
kommerzielle Verabsolutierung des Einzelinteresses die Leute
über kurz oder lang zwingt, das Gesamtinteresse zur Kenntnis
zu nehmen und als Bestandteil ihres Einzelinteresses zu
begreifen).

  »Menschen werden auch dann noch in vielfältiger Weise unter
  unterschiedlichen Bedingungen leben und unterschiedliche
  Lebensgeschichten haben und daraus unterschiedliche
  Interessen artikulieren und diese durchzusetzen versuchen,
  in Auseinandersetzung mit anderen. Es kommt darauf an, dies
  nicht wegzubehaupten, sondern davon auszugehen und das in
  möglichst rationalen und demokratischen Formen auszutragen.«

Das klingt leider ein wenig nach einer Art von Relativismus,
welche genausogut das "Menschenrecht auf Ignoranz"
postulieren und einklagen könnte, nämlich auf Ignoranz
gegenüber den Interessen anderer, oder einfach gegenüber dem
Allgemeininteresse. -- Ansonsten bräuchte ich ja keinen
Mechanismus, der die Auswirkungen dieser (bis heute
materiell bedingten) Ignoranz zu "zähmen" bestimmt ist.
Clever ist, daß dieser Mechanismus hier als "möglichst
rationale und demokratische Form" umschrieben wird, obwohl
er ja offenbar nur dazu dient einen irrationalen Gegensatz
zu _verwalten_.

Im übrigen "kommt es" auch "darauf an", in die Zukunft nicht
irgendwas 'hinzubehaupten', nur weil uns das aus heutiger
Sicht plausibel erscheint. Auch das Gegenargument gegen das
kritisierte "Wegbehaupten" will argumentativ fundiert sein.
Es geht schließlich um unsere zukünftige Entwicklung!

Mit allerlei Grüßen,
Casimir.


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Organisation: projekt oekonux.de


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