Re: [ox] Unglaubliches Plagiat entdeckt
- From: "Ursula Holtgrewe" <holtgrewe addcom.de>
- Date: Wed, 16 May 2001 10:57:13 +0200
On 15 May 2001, at 22:48, Casimir Purzelbaum wrote:
Will sagen, es gibt sicher Leute, die sich von freier Software & Co.
auch gewaltsam bedroht fühlen.*) Denn genauso wie den Bauern das Land
wird möglicherweise auch ihnen die Grundlage, auf der der sie sich ihr
Auskommen erwirtschaftet haben, entzogen, nämlich die Vermarktbarkeit
von Software. Man sagt ihnen, die Software würde jetzt einer anderen
Form der Produktion unterworfen, sowie damals das Land (statt Ackerbau
etc. Schafweiden), und seinen Lebensunterhalt müsse man sich jetzt mit
anderen Tätigkeiten verdienen (heute: mit Dienstleistungen für die
Software, die vorher noch selber der Goldesel war; damals: mit
[industrieller] Weiterverarbeitung der Wolle, die nun auf dem Boden
wuchs, von dem sich die Bauern vormals "direkt" ernährt hatten).
Zur Reproduktion brauchten die Bauern am nötigsten Land, das hat man
ihnen entzogen, die Lohnarbeiter brauchen vor allem Geld, und das soll
jetzt wegfallen.
Koennte man es nicht auch andersrum sehen? Du setzt ja schon
voraus, dass die Bauern fuer den Markt produzieren, und dazu
mussten sie ja historisch (mehr oder minder gewaltsam) auch
erstmal kommen bzw. getrieben werden. (Es ist allerdings ein
Argument, das bspw. die Kulturindustrie gern im Namen der
armen, durch Napster etc. beklauten KuenstlerInnen fuer das
Urheberrecht starkmacht. Aber nur ideologisch ist das auch nicht.
Wie sich die Urheberrechtsinteressen von Menschen, die von ihren
Werken leben und nicht gerade fuerstlich bezahlte Stars sind, zur
GPL-gesellschaft verhalten, ist so eine Frage - man kann ja, analog
dem freie-Software-Dienstleistungs-Geschaeftsmodell freien
JournalistInnen schwerlich empfehlen, fuer den Broterwerb doch
einfach PR zu machen, das tun sie vielfach eh.)
Aber: wie wenn Freie Software eher so etwas wie
Subsistenzproduktion waere (= Produktion fuer den eigenen
Bedarf, wie der eigene Gemuesegarten), mit eben dem grossen
Vorteil von Informationsguetern, dass man das selbstgezogene
Gemuese verwenden *und* verschenken kann. Und dem Nachteil,
dass man die materielle Subsistenz damit nicht recht bestreiten
kann, sondern das irgendwie anders tun muss.
Dieser Gedankengang macht also so lange Sinn, wie man von
einer Koexistenz von kapitalistischer Geldwirtschaft und anderen
Praxisfeldern ausgeht.Hilft weniger, wenn man die Gesellschaft
insgesamt umbauen will. (MeineThese: Vielfach geht es um
Grenzziehungen zwischen Markt und Nicht-Markt, Pflege,
Nachhaltigkeit und Ausbau von Feldern selbstbestimmter
Produktion, ich wuerde da also eine eher graduelle Position
einnehmen.)
Schoenen Gruss
Ursula
Dr. Ursula Holtgrewe (ACHTUNG, neue Telefonnummer, Fax und e-mail-Adresse!)
FB 1, Fach Soziologie
Gerhard-Mercator-Universitaet Duisburg
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