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[ox] Re: SAP und Swpat



Dann kam ein Mensch von SAP. Der verfiel zunächst in Gejammere, dass
man unbedingt mehr patentieren müsse in Deutschland und
"untermauerte" das mit hübschen Statistiken die allesamt nah an der
Grenze zur Fälschung operierten.

Naja. Ich muss sagen, dass ich den Vortrag des SAP-Patentjuristen -
vielleicht entgegen der Absicht des Vortragenden - mit Abstand den
interessantesten fand. Was dort klar wurde, war, dass SAP in den ersten 25
Jahren seiner Existenz keinen Gedanken an Patente verschwendet hat, seinen
Kunden sogar den Programmcode offengelegt hat (stimmt das?), und trotzdem
offensichtlich ganz gut gelebt und hohe Investitionen in FuE getaetigt hat.

Eine Patentabteilung gibt es dort erst seit 1997, die Firma haelt 4 (vier)
Patente, und das aus rein defensiven Gruenden: Um sich auf dem US-Markt
gegen die Patente von Konkurrenten abzusichern.

Diese Patente wurden wiederum zunaechst nur in den USA angemeldet, da man
sich von US-Patenten aufgrund der dortigen Urteilspraxis

(1) Durchsetzbarkeit; und
(2) Rechtsbestaendigkeit

verspricht.  Zumindest zwischen den Zeilen klang an, dass Dr. Hagedorn
oder seine Mitentscheider sich beim EPA da nicht so sicher sind und
dortige Swpat-Anmeldungen noch immer eher fuer ein Experiment halten,
in das man erst in zweiter Linie investiert.  Allerdings schlug wieder die
uebliche Logik durch:  "Als Weltkonzern sehen wir es nicht gerne, wenn wir
fuer jedes Patentsystem eine getrennte Strategie fahren muessen".  Woraus
die natuerliche Schlussfolgerung dann immer lautet:  Wir muessen es so
machen wie die USA.   Herr Hagedorn steht heute dort, wo Arno Koerber vor
10 Jahren stand, und die Denkweise kann man unter

	http://swpat.ffii.org/vreji/papri/boch97-koerber/

nachlesen.

Die Patentliteratur (also die Beschreibungen angemeldeter Patente)
wird nach Aussage des SAP-Menschen nur studiert, um sich gegen das
Risiko von Patentverletzungen abzusichern. Auch das ist eine
interessante Information, denn in der Argumentation der
Patentbefuerworter werden die Patentanmeldungen als ein reicher Quell
des Wissens dargestellt, die den Patentinhabern als Gegenleistung fuer
die Gewaehrung des Patents abgetrotzt werde. In der Realitaet ist es
offensichtlich genau umgekehrt: sie sind eine tickende Zeitbombe, die
jederzeit in Form von Verletzungsklagen hochgehen kann.

Herr Hagedorn erzaehlte auch besorgt, dass es in den USA zahlreiche
Patenterpresserfirmen gibt, die Patente aufkaufen und nur darauf warten,
gegen jemanden prozessieren zu koennen.  Das zu zahlende Loesegeld
belaeuft sich dann haeufig fuer ein Portfolio von 10 Patenten auf 2 Mio
USD.  Ob SAP schon mal erpresst wurde, war nicht zu erfahren.  Auch nicht,
ob sie Lizenzen zahlen/kassieren.  Das sind immer Betriebsgeheinmisse,
liess Hagedorn auf Frage hin wissen.  Was natuerlich stimmt.

Deshalb fand ich andererseits die Behauptung von Fritz Teufel
(IBM.DE-Patentchef), im Swpat-Bereich wuerden Patente meistens in offener
Weise zum Lizenzieren angeboten, sehr befremdlich.  Fuer IBM mag das
gelten.  IBM ist auch seit seinen goldenen Monopolzeiten ein staendig
beaeugtes und zu besonderem Wohlverhalten gezwungenes Unternehmen.

Unterm Strich stand: SAP hat nur eine Patentabteilung, weil es sich
gegen andere Patente verteidigen muss. Nicht deshalb, weil es sonst
nicht in SW-Entwicklung investieren wuerde. SAP hat schon zuvor seine
Entwicklungen veroeffentlicht, ohne dass es durch Patente dazu
ermutigt werden musste, sondern aus anderen Gruenden (was ich
vergessen habe nachzufragen, war, ob SAP seinen Code noch
veroeffentlicht; einige Firmen unterlassen das ja gerade um
Patentklagen zu entgehen). Damit untergrub der SAP-Vortrag zwei der
wesentlichen Begruendungszusammenhaenge der Patentbewegung, und das
fand ich sehr wertvoll.

Anhand einiger interessanter spieltheoretischer Rechnereien mit
unendlichen Summen (natürlich nur auf harmlosem BWLerniveau mit
echten Zahlen - der austragende Prof hat sich aber tatsächlich dann
doch noch mit einer Nachfrage blamiert, die offensichtlich zeigte,
dass er keinen blassen Schimmer davon hat, was eine unendliche Reihe
ist)

Ja, das war sehr suess! :)

Das habe ich nicht mitbekommen.
Wer stellte diese Frage?
Die Studie von Bessen und Maskin operiert mit unendlichen Reihen.
Soll das alles auf Bessens Mist gewachsen sein?  Oder war das einfach nur
ein Missverstaendnis?

-phm



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