Re: [ox] Verschwendung / Zerstörung - Kritik und Utopie
- From: "Franz J. Nahrada" <f.nahrada magnet.at>
- Date: Wed, 18 Apr 2001 20:53:52 +0200
liste oekonux.de (HorstHo) writes:
Jeder darf diese Liste sehr gerne verlängern:
wärs nicht wirklich angebracht, ein Opentheory Projekt draus zu machen?
Es geht ja nicht nur um die Aufzählung sondern um die Spezifikation,
*warum* diese Tätigkeiten der spezifischen Vergesellschaftungsform
entspringen, was daher irrational an ihnen ist.
Ich gestatte jedenfalls ganz blauäugig fortzusetzen:
- Marketing und Werbung (%?)
- professionelle Sinnpflege (%?) von Religion bis Medien
- Suchtmittelproduktion
- Informationsbeschaffungswesen von empirischer Sozialforschung
bis zu Geheimdiensten
- Informationsverschleierungs- und Desinformationswesen,
Patentwesen
- Überproduktion
Aber wie gesagt, es wäre schön das im einzelnen zu diskutieren.....
es wird ja immer Proteste geben bei (fast) jedem dieser Punkte.
Es wäre in gewisser Weise auch die Einlösung des Programmes der
"Krisis", sich den verschiedenen Bereichen der gesellschaftlichen
Realität feinkörniger anzunähern und nicht im Allgemeinen der
Wertkritik zu verbleiben.
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Ich hab noch eine Idee gehabt, die ich eigentlich erst auf der Konferenz
enthüllen wollte. Es handelt sich um ein ziemlich gigantisches Opentheory
Projekt, aber ich möchte diese Idee mal in Umlauf bringen und man kann
nicht früh genug damit beginnen. Es ist ja relativ einfach, das "negative
Geschäft" durchzuführen, doch irgendwann gehts nicht weiter ohne
das "positive Geschäft". Das heißt Verschwendung und Irrationalität
können irgendwann ohne eine Folie der historischen Möglichkeiten
nicht mehr wirklich bestimmt werden...eine Zeitlang kann man
einzelne Irrationalitäten hervorheben, aber irgendwann merkt
man daß letztlich das Irrationale sehr "rational" ist weil zum Bestehenden
dazugehört. Dann zwingt das Festhalten an der Intention die Irrationalität
aufzuweisen sehr wohl zu utopischen Bemerkungen, auch das "Kapital"
ist voll von diesen...."Stellen wir uns zur Abwechslung einen Verein
freier Menschen vor etc ppp"
Ein weiterer Grund war die heftige Präsenz von Utopisten in unserer Mailing
List und indirekt auch die Wortmeldung von Sabine dazu.
Also was haltet ihr von folgender Idee eines weiteren Open Theory
Projektes.
Auf BAsis einer halbwegs rationellen Gliederung der halbwegs plausiblen
universellen gesellschaftlichen Probleme (nicht aufschreien, 80% der
heute verhandelten gesellschaftlichen Probleme gehören jedenfalls nicht
dazu, weil sie mit kapitalistischen Formbestimmungen zu tun haben und
entweder keine Probleme oder in sich unlösbar sind) sollten die
verschiedenen
utopischen Entwürfe miteinander in Wettbewerb treten. (Bennis geniale
Formulierungen zum Wettbewerb im Ohr!)
Also anstatt "Utopien vom Schreibtisch" gut ausverhandelte und
durchdiskutierte
Syntopien, zusammengesetzt aus den besten vorhandenen Teillösungen, die
in irgendeinem Bereich Spitze sein mögen.
Also auch das Aufzeigen dessen, was NÖTIG wäre, aber nicht getan wird -
könnte
die obige "Datenbank der Verschwendung" wunderbar komplettieren.
Irgendwann wird irgendsowas entstehen. Es wäre das angemessene Tool für
die GPL Gesellschaft, die keine utopische, sondern eine syntopische sein
wird.
Vielleicht kann in bescheidenem Maßstab damit angefangen werden; Schwächen,
Stärken, Konditionalitäten und Kompatibilitäten von utopischen Lösungen zu
diskutieren heißt ihnen den utopischen Charakter zu nehmen.
Viele Dinge haben relative Berechtigung, zum Beispiel halte ich die Debatte
für und wider Tausch für einen komplett irrationalen Streit um des Kaisers
Bart. Wenn bewiesen wird, daß etwas anderes auch funktionieren kann - und
das wäre der Sinn so einer syntopischen Datenbank - dann ist ein Raum der
Möglichkeiten eröffnet, in dem wir die relative Bedingtheit jeder
einzelnen
Lösung gesellschaftlicher Probleme erkennen. Zum Beispiel ist in Wien in
den neunziger Jahren ein ernsthafter Versuch gemacht worden, das
indianische
Potlatsch wiederzubeleben, einen großen festlichen Akt, indem das
Überflüssige,
aber Gebrauchsfähige zusammengetragen wird, das jeder Teilnehmer der
Gesellschaft
geben will. Also es wurde einfach alles in einen Kreis hineingetan und
langsam
und beständig zirkuliert. Langsam wurde der gebrauchsfähige Reichtum
verdaut,
ohne daß ein einzelner Tauschakt hätte vollzogen werden müssen! Am Schluß
blieb eine Menge Zeug über, das keiner haben wollte. Die Indianer haben es
verbrannt, heute kommts wohl eher zur Caritas.
Also viele Utopien sind schon längst Realität gewesen, die sehr bewährte
und
funktionale Lösungen bereithält. Die Ethnologie kennt ein unglaubliches
Archiv
von "Utopien". Auch das wäre ein Bestandteil einer syntopischen Datenbank.
franz nah
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