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[ox] RE: [ox] Re: Übergang in die GPL-Gesellschaft



Franz J. Nahrada wrote:

Std.), Ausgestaltung und Entlohnung immer unterhalten kann. Alles andere
erfordert eine Abschaffung des kapitalistischen Systems, was sich aber
kaum
auf dem Verordnungsweg wird erreichen lassen.

ich versteh nicht recht..."Arbeit für alle" soll eine realistische
Forderung sein?

Aber ja. Es kommt auf die Verteilung an. Gerade angesichts der gestiegenen
Produktivität sollte das doch möglich sein. Micha Brumlik etwa schlägt was
in die Richtung 20 Stunden vor plus einige Stunden einer Art
gesellschaftlicher Arbeit.

und "produktive Aneignung der Welt" soll auf dem Verordnungsweg erreichbar
sein?

Ich sagte ja gerade: KAUM auf dem Verordnungsweg laesst sich der
Kapitalismus abschaffen. Einfach nochmal nachlesen.

PS: um aus dem negativen Geschäft (der kritischen Anmerkerei)
rauszukommen:

Ich empfinde Kritik nicht per se als negativ sondern als notwendig um sich
bestimmte Dinge klarzumachen. Es ist natuerlich bedauerlich, wenn Dir zu
meiner Kritik nicht mehr einfaellt.

"Die Globalisierung des Marktsektors und die schwindende Rolle des Staats
bedeuten, daß die Menschen zunehmend gezwungen sein werden, ihre Zukunft

Dass die Rolle des Staates kleiner wird ist zwar eine populaere, deswegen
aber noch nicht notwendigerweise richtige Behauptung. Mir scheint es eher
so, dass zwar die Rolle des Staates in einer Reihe von Bereichen abgebaut
wird (Soziales, Krankenvorsorge usw.) in anderen aber ausgebaut wird. Wobei
es in Europa momentan einen Dualismus gibt von Nationalstaat und der Ebene
der EU. Was tut der Staat: er verordnet etwa Zwangsarbeit (USA = Knast, BRD
= Arbeitsdienst für Sozialhilfeempfänger). Er subventioniert die Gewinne von
Großkonzernen (EADS - Jäger90, Holzmann, Thyssen & Co - Transrapid usw.), er
sichert den Zugang zu Rohstoffen ab (Weißbuch der Bundeswehr Anfang der
90er), er diszipliniert Helotenvölker (YU 1999) usw.

In der Variante Schröderscher oder Blairscher Dritter Weg reaktiviert er
auch die Interventionen im Bereich Wirtschaft wieder und versteht sich als
'aktivierender' Staat. Also als Staat, der in Begrenztem Umfang eingreift um
etwa die Leute in Arbeit oder in Qualifikation zu zwingen, möglichst auf
ihre eigenen Kosten.

Warum all das automatisch verschwinden soll, sehe ich überhaupt nicht,
stützt es doch das Funktionieren eines sich verändernden Kapitalismus
deutlich ab. Ebenso falsch ist es zu glauben Angesichts der populären
'Globalisierung' würden Unternehmen wie Daimler oder IBM ihre
nationalstaatliche Fundierung aufgeben.

Wenn wir schon bei Visionen oder negativen Visionen sind. Mich erinnern die
Zwangsdienste in USA und EU zunehmend an spätantikes Kolonnenwesen und in
der Tat haben die USA in einigen Regionen 'chain-gangs' wieder eingeführt.
BTW auch ein Weg um den vielen nicht mehr benötigten Arbeitskräften Herr zu
werden.

in selbstorganisierten Gemeinschaften zu sichern. Der erfolgreiche
Übergang in die Nach-Marktwirtschaft hängt weitgehend von der Fähigkeit
der verunsicherten Wähler ab, durch Koalitionen und soziale Bewegungen
Produktivitätsgewinne so effektiv und intensiv wie möglich vom Marktsektor
in den informellen Sektor zu transferieren, um gemeinschaftliche

Ulrich Beck nennt das unverfrohren die "Brasilianisierung" der Gesellschaft
und preist es als Modell an. Ob das die meisten Leute auch so sehen? Und ob
das Leben in einer Favela oder dem aufgepeppten mitteleuropaeischen
Aequivalent wirklich so produktiv ist? Ich wage es zu bezweifeln.

Fähigkeiten und lokale Infrastrukturen zu stärken. Nur durch den Aufbau
von starken, selbsterhaltungsfähigkeiten lokalen Gemeinschaften werden die
Menschen in jedem Land den Kräften der technologischen Ausgrenzung und
Marktglobalisierung standhalten, die den Erwerb und das Überleben von so
großen Teilen der menschlichen Familie bedrohen."

Klingt irgendwie nach Kommunitarismus. Und finde ich in der Pauschalisierung
falsch. Es mag ja eine nette Forderung sein, dass die Menschen sich nett
selbstorganisieren sollen in kleinen lokalen Einheiten. Die Realitaet sieht
aber anders aus. Einfluss haben Laeden wie etwa der ADAC mit 13 Mio.
Mitgliedern, klaren Interessen, einer schlagkraeftigen Organisation, wo die
Leute ganz konkrete Vorteile fuer sich sehen (Versicherungsschutz,
Rechtshilfe, Serviceleistungen, Lobbyarbeit fuer mehr Strassen etc.). Es sei
jetzt mal dahingestellt, dass der ADAC nun sagen wir mal nicht gerade die
Speerspitze der ökologischen Erneuerung ist.

Die Gefahr mit Appellen an kleinräumliche Organisation ist, daß sie mir
zusehr nach einem moralisierenden Anspruch klingen, den viele nicht erfüllen
können oder wollen.

Und ob Produktion (zumal hochspezialisierte) etwa in Zukunft in solchen
Kleinraeumen erfolgen kann, wage ich auch zu bezweifeln. Aber evt. bin ich
hier ja voellig falsch mit einer Debatte um Zukunft von
Informationstechnologie im Kapitalismus (und wenn moeglich danach), weil die
Kurzschen (et al) Annahmen vom 'Ende der Arbeit' sozusagen die Grundlage
bilden.

Markus


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