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[ox] Einleitungsartikel Perspektivwechsel



helmut free.de
UlrichLeicht t-online.de

Listige aller Orten und andere Interessierte
Infos und Grüße aus Dortmund. Die Artikel 2. und 3. wurden Euch schon 
zugemailt, bzw. kann mensch bei den angegebenen Webadressen einsehen und/oder 
herunterladen. Es folgt der Rest, den wir in die Debatte der bundesweiten
gewerkschaftslinken Vernetzung zur Diskussion einbringen

Uli

*********************************** Der Text ******************************

Dortmunder Vorschläge zur Anregung der Wiederaufnahme der Debatte um 
gewerkschaftliche Perspektiven.
(Da wir vermutlich nicht an der Frankfurter Konferenz teilnehmen können, 
reichen wir dies schriftlich ein)

Neben dem hier folgenden Einleitungsartikel zur Notwendigkeit der Debatte
und zur Erläuterung und Stützung unseres Anliegens und von uns favorisierter 
Orientierungen haben wir drei Beiträge anzubieten, einen neuen eigenen und 
zwei von anderen AutorInnen:

1. Helmut Weiss/Ulrich Leicht 
Tradierte Konzepte überwinden
Open Theory für die gewerkschaftliche Zukunft - (Light) Version 1.2
Sieben Thesen. Mehrere Hochzeiten - und ein Todesfall?

2. Mag Wompel (maintainerin www.labournet de.) "Fetisch Arbeit und die 
Gewerkschaftslinke" (zu finden unter: 
http://www.labournet.de/diskussion/arbeit/bfa-ak.html)
Ein hervorragender Artikel, der schon länger auch im Netz steht, aber 
in der Debatte, unserem Eindruck nach, leider nicht genug Beachtung findet. 
Er setzt sich anläßlich des "2. Bündnisses für Arbeit ..." in ähnlicher Weise 
auch kritisch mit dem Arbeitsfetischismus - wie der dritte noch ältere Text - 
und anderen Defiziten der Gewerkschaftslinken auseinander. 

3. Robert Kurz, "Die deutsche Version der sozialen Paralyse: ein 'Bündnis für 
Arbeit'" (Das dritte Kapitel des Textes "Letzte Gefechte", der vollständig 
unter http://www.giga.or.at/others/krisis/r-kurz_die-letzten-gefechte_krisis18_
1996.html zu finden ist)
Dieser Text setzt sich nicht nur konkret mit dem ersten "Bündnis für 
Arbeit", sondern auch grundsätzlich mit der Entwicklung der Gewerkschaften 
in diesem Lande, ihrem Dilemma und möglichen Auswegen auseinander, und 
verleiht dabei dem aus unserer Sicht für die Debatte um Perspektiven 
notwendigen wert- und arbeitskritischen Aspekt besonderes Gewicht.


---------------------------- Einleitungsartikel ---------------------------

Quo vadis Gewerkschaftslinke?
Für einen Perspektivwechsel der um Perspektiven ringenden Gewerkschaftslinken

Das Ringen der Gewerkschaftslinken um eine Perspektive ist nach anfänglichen 
Bemühungen, Artikeln, Plattformen und Plattform-Weiterentwicklungen (wie die 
ohnehin im spannenden Punkt 15. abgebrochenen und dann nie weiter geführten, 
erstmals ansatzweise in neue Richtungen weisenden Thesen Bachmann/Riexinger) 
zum Stillstand gekommen.
Auch wenn die Programm-Gestaltung des jetzigen Kongresses in Frankfurt die 
Wiederaufnahme der Debatte nicht vorsieht, ist es für eine Gewerkschaftslinke, 
die diesen Namen auch verdient, existenziell, der Wiederbelebung der 
klammheimlich eingeschlafenen Debatte um einen Perspektivwechsel, also den 
notwendigen strategischen Teil der Klärung gewerkschaftlicher Politik, noch 
einmal auf die Sprünge zu helfen. 
Natürlich ist es nicht falsch sich konkreten Themen zu widmen - Renten, 
Tarifpolitik, Mitbestimmung. Ohne Frage sind wir dort mit neuen Angriffen auf 
soziale Errungenschaften konfrontiert, die aber auch nicht nur Ergebnisse des 
konkret verabredeten Bündnisses Nr.2, sondern Folge schon immer auch solch 
weniger offiziell bzw. unter anderen etiketten betriebener Bündnispolitik 
bundesdeutscher Gewerkschaften schlechthin geschuldet sind. 
Zumindest werden sich von alleine aus dem Tummeln auf den von kapitalistischen 
Marktfetischisten, Politik, Staat vorgegebnen konkreten Politikfeldern keine 
neuen Perspektiven ergeben, es besteht eher die Gefahr bzw. bewahrheitet sich 
schon, daß ohne die grundätzliche, strategische und für uns heißt das auch
systemsprengende Orientierung diesen eben auch selbige fehlt oder abhanden 
kommt.
Was jetzt stattfindet ist ja alles andere als neu. Jetzt werden nur vorwiegend 
altbekannte Konzeptionen (versuchtes Revival von Keynes versus Neoliberalismus, 
"rheinisch-kapitalistisches Sozialpartnetschaftsmodell" gegen "angelsächsisch 
radikal-marktwirtschaftlichen Shareholder-Kapitalismus") gemeinsam von Kräften 
angegangen, die bis vor einiger Zeit nicht an einem Tisch, in gemeinsamen 
Arbeitsausschüssen usw. saßen. Für deutsche Verhältnisse und linke Streitkultur 
ist dies ja nicht wenig aber reicht das aus? Bleibt es nicht letztlich schön 
deutsch bieder, anbiedernd und althausbacken? 
Wer beispielsweise seit zwei Jahren mit dem Konzept eines "Bündnis für Arbeit 
..." als neuer Etappe des Sozialparterschaftsmodells à la BRD in Form des 
Korporatismus für den Fetisch Standort und Wettbewerb als 
Krisenbewältigungsmodell konfrontiert ist und sich als Linke nicht dazu 
aufraffen kann, 
1. ein grundsätzliches Nein gewerkschaftlichen Engagements dagegen in den 
Mittelpunkt zu rücken und dort 
2. eine neue wegweisende Perspektive jenseits der Slogans "Für eine neue 
Poltik", "Arbeit für alle", "Vollbeschäftigung", "soziale Gerechtigkeit" usw. 
also "Einforderung der Wahlwerbeslogans" zu entwicklen, der wird kein besseres 
Schicksal erfahren, und hat es auch nicht verdient, als die real existierenden 
bundesdeutschen Gewerkschaften - Auslaufmodell. Für uns als leidenschaftliche 
Anhänger einer konkreten ver.di-Politik, die hätte sein können und müssen die 
Möglickeit eines Neuansatzes und Runderneuerns bisheriger klassischer 
Gewerkschaftspolitik, stellen wir fest, dies gilt leider auch für die reale 
"ver.di"-Gewerkschaft (ob als "5er" oder noch schlimmer "4[PHONE NUMBER REMOVED]"- Variante) - 
gestorben bevor richtig geboren, ein megagroßer Papiertiger ohne Krallen, mit 
alten Inhalten und keinesfalls neuen und umwälzenden, weil Matrix-Strukturen, 
wie unsere geschätzte IG-Medien-Kollegin Sybille Stamm meint.

Da wir alle miteinander suchende und fragende sind, finden wir es richtig, daß 
nicht auf "Deubel komm raus" versucht werden soll, diesen Findungsprozeß durch 
Verabschiedung von Plattformen zu behindern oder auf falsche Kompromisse und 
Konsense einzufrieren. Das wäre nur die Kehrseite des jetzt eingetretenen 
Aussetzens der Debatte. Denn es steht ja außer Frage, daß sich in dieser 
Vernetzung, und das muß so sein, real sehr unterschiedliche Kräfte der Linken
versammeln. Da der Punkt 15 in den Thesen "Linke Strömumg in den 
Gewerkschaften" vielleicht auch nicht zufällig noch aussteht, haben wir uns ja 
diesen notwendigen Klärungen auch über Vergangenes noch nicht gestellt. 
Uns ist noch im Ohr die Intervention von Wolfgang Schaumberg (GoG Bochum) 1999 
in Stuttgart "Was ist eigentlich links an dem, was wir hier veranstalten?". 

Denn wie Wolfgang haben natürlich etliche der Teilnhmer an diesen Runden als 
Gewerkschaftsmitglieder schon sehr konkrete, auch konfrontative und dennoch 
auch erfolgreiche gewerkschaftsoppositionelle Politik - z. B. mit 
oppsitionellen Listen zu Betriebsratswahlen (1972/1975 - einige von uns haben
entsprechende Erfahrungen und an Bemühungen um Sammlung dieser Kräfte zu einer 
Vernetzung der Gewerkschaftsopposition vor mehr als 25 Jahren, die mißlang und 
KPD/ML-parteigelengt zu einer verfehlten Neuauflage der RGO in engeren 
Zusammenhängen pervertierte, teilgenommen).
Der Großteil der anderen Teilnehmer der jetzigen Vernetzung, stand diesen 
Ansätzen, sofern er sich damals links einordnete, nicht nur kritisch sondern 
in altlinker Manier "feindlich" und mit dem Vorwurf "Spaltungsmanöver" 
gegenüber. Während mancher Wortführer der Gewerkschaftslinken heute damals 
vielleicht Befürworter der Unvereinbarkeitsbeschlüsse war, befinden sich unsere 
anwesenden Gewerkschaftsoppositionellen aus dem Chemiebereich noch heute 
weitgehend im "Exil" und wurden und mußten nicht wie die Freunde von Opel 
Bochum oder Hoesch-Spundwand, deren Kämpfe und Engagement wir zurecht als 
ermutigende Beispiele heute hochhalten, wieder in die IG Metall 
aufgenommen werden.

Oder welche Schlüsse sind zu ziehen aus den Erfahrungen des Versuchs der 
Betriebs- und Gewerkschaftslinken um "express", eine antikapitalistische 
Perspektie aus "sozialistischer Betriebs- und Gewerkschaftspolitik" zu 
gewinnen?

Den am meisten angesehenen und sozusagen salonfähigen Part - auch in 
akademisch-wissenschaftlicher und gewerkschaftlicher Landschaft verankert 
und zumindest geduldet - spielt das Spektrum um das Forum Gewerkschaften von 
Sozialismus. Diese Nähe oder auch Teilhabe zu offizieller Gewerkschafts-und 
anderer Politik und akzeptierter Präsens in verschiedensten gesellschaftlichen 
Bereichen kann eine Bereicherung sein, sie kann aber auch, wenn - wie es uns 
momentan der Fall zu sein scheint - als dominierendes Moment zu einer 
Blockade des Findens der dringend neuen Perspektiven sozialkritischen 
Engagements von Gewerkschaftern werden.

Deshalb plädieren wir für eine Wiederaufnahme und Fortführung auch der 
Perspektiven-Debatte, als eine offene, heißt: laßt verschiedene Ansätze sich 
präsentieren, zurren wir keine falschen zu engen Konsense per Plattform oder 
Aufrufen fest. Vielleicht könnte (wenn noch vorgesehen) das zu Ende 
geschriebene Thesenpapier (Bachmann/Riexinger) der Basistext für eine "open 
theory" gewerkschaftlicher Perspektiven sein, den wir in offener Debatte 
weiterentwickeln können: Das muß nicht vorwiegend auf bundesweiten Treffen 
sondern kann permanent im Netz stattfinden. Wenn die maintainer von 
labournet.de (Mag und Dave) es schaffen, sogar dort. Ansosnten holen wir uns 
Hilfe und Unterstützung bei den "free-software-Protagonisten" aus dem 
"Oekonux-Bereich", wo sie schon immer offene Debatten um eine andere 
Gesellschaft in der Tradition der Entwicklung von "wert- und marktfreier 
Software" wie Linux führen. Wer sich erkundigen  will, wie mensch so etwas 
macht, schaue auf die webseite: http//www.opentheory.org.
 
Unser eigener Ansatz, auch Hintergrund unserer Thesen, ist kurzgefaßt
folgender: 

Auch für Gewerkschaften und erst recht Gewerkschaftslinke gilt bzw. wird heute 
möglicherweise mehr denn je aktuell, da die Aufgabenteilung zwischen 
politischern Parteiformationen der Arbeiterklasse und treade-unions endgültig 
obsolet geworden ist und auch bleiben sollte, was Marx in den bekannten 
Passagen am Ende seiner Schrift "Lohn, Preis und Profit" zu der Aufgabe von 
Gewerkschaften gesagt hat:

"... daß die ganze Entwicklung der modernen Industrie die Waagschale immer 
mehr zugunsten des Kapitalisten und gegen den Arbeiter neigen muß und daß es 
folglich die allgemeine Tendenz der kapitalistischen Produktion ist, den 
durchschnittlichen Lohnstandard nicht zu heben, sondern zu senken oder den 
Wert der Arbeit mehr oder weniger bis zu seiner Minimalgrenze zu drücken. 
Da nun die Tendenz der Dinge in diesem System solcher Natur ist, besagt das 
etwa, daß die Arbeiterklasse auf ihren Widerstand gegen die Gewalttaten des 
Kapitals verzichten und ihre Versuche aufgeben soll, die gelegentlichen 
Chancen zur vorübergehenden Besserung ihrer Lage auf die bestmögliche Weise 
auszunutzen? Täte sie das, sie würde degradiert werden zu einer 
unterschiedslosen Masse ruinierter armer Teufel, denen keine Erlösung mehr 
hilft. Ich glaube nachgewiesen zu haben, daß ihre Kämpfe um den Lohnstandard 
von dem ganzen Lohnsystem unzertrennliche Begleiterscheinungen sind, daß in 
99 Fällen von 100 ihre Anstrengungen, den Arbeitslohn zu heben, bloß 
Anstrengungen zur Behauptung des gegebnen Werts der Arbeit sind und daß die 
Notwendigkeit, mit dem Kapitalisten um ihren Preis zu markten, der Bedingung 
inhärent ist, sich selbst als Ware feilbieten zu müssen. Würden sie in ihren 
tagtäglichen Zusammenstößen mit dem Kapital feige nachgeben, sie würden sich 
selbst unweigerlich der Fähigkeit berauben, irgendeine umfassendere Bewegung 
ins Werk zu setzen.
	Gleichzeitig, und ganz unabhängig von der allgemeinen Fron, die das 
Lohnsystem einschließt, sollte die Arbeiterklasse die endgültige Wirksamkeit 
dieser tagtäglichen Kämpfe nicht überschätzen. Sie sollte nicht vergessen, 
daß sie gegen Wirkungen kämpft, nicht aber gegen die Ursachen dieser Wirkungen; 
daß sie zwar die Abwärtsbewegung verlangsamt, nicht aber ihre Richtung ändert; 
daß sie Palliativmittel anwendet, die das Übel nicht kurieren. Sie sollte 
daher nicht ausschließlich in diesem unvermeidlichen Kleinkrieg aufgehen, 
der aus den nie enden wollenden Gewalttaten des Kapitals oder aus den 
Marktschwankungen unaufhörlich hervorgeht. Sie sollte begreifen, daß das 
gegenwärtige System bei all dem Elend, das es über sie verhängt, zugleich 
schwanger geht mit den materiellen Bedingungen und den gesellschaftlichen
Formen, die für eine ökonomische Umgestaltung der Gesellschaft notwendig sind. 
Statt des konservativen Mottos: "Ein gerechter Tagelohn für ein gerechtes 
Tagewerk!", sollte sie auf ihr Banner die revolutionäre Losung schreiben: 
"Nieder mit dem Lohnsystem!"
(...)3. Gewerkschaften tun gute Dienste als Sammelpunkte des Widerstands gegen 
die Gewalttaten des Kapitals. Sie verfehlen ihren Zweck zum Teil, sobald sie 
von ihrer Macht einen unsachgemäßen Gebrauch machen. Sie verfehlen ihren Zweck 
gänzlich, sobald sie sich darauf beschränken, einen Kleinkrieg gegen die
Wirkungen des bestehenden Systems zu führen, statt gleichzeitig zu versuchen, 
es zu ändern, statt ihre organisierten Kräfte zu gebrauchen als einen Hebel 
zur schließlichen Befreiung der Arbeiterklasse, d.h. zur endgültigen 
Abschaffung des Lohnsystems." 

Auch im Kampf der Gewerkschaften heute um soziale Emanzipation muss es 
gelingen, die Dialektik von Reform und Revolution, konkreter gefasst 
"täglicher Kleinkrieg gegen die Wirkungen des bestehenden Systems " und 
"endgültigen Abschaffung des Lohnsystem", zwischen systemimmanenten und 
systemübergreifenden und -sprengenden Orientierungen und Kämpfen zu 
bewerkstelligen. Wobei ersteres ohne eine Perspektive letzterer Art nicht 
zu machen und auch nicht durchzuhalten ist. 

* Wiederholte Neuauflagen auch in Varianten einer alten systemimmanent 
beschränkten Politik machen noch keine neue Politik und schon gar keine 
Perspektive aus. 
* Die Krisenwirklichkeit und innere Widersprüchlickeit des warenproduzierenden 
kapitalistischen Systems darf nicht ausgeblendet werden. Denn diese 
Krisenwirklichkeit hat auch den klassischen Reformismus und seine Konzepte in 
selbige gebracht. 
* So flotte Spüche wie "Geld ist genug da - wir müssen es nur richtig 
verteilen" akzeptierten nicht nur die kapitalistische Fetischwelt von Geld und 
abstraktem Reichtum, sondern verbauen auch den Weg zu einer Analyse und Kritik 
der realen politischen Ökonomie heute, die offenbar von strukturellen Krisen 
auch der Kapitalakkumaltion (mehrfacher Entkopplung von realer und fiktiver 
Schein-Akkumulation), Wertschöpfung, Arbeit usw. mit allen verheerenden Folgen.
oder die Globalisierung nur ein Mythos und keine reale Entwicklung in mit 
weitreichenden Konsequenzen für nationale Politikansätze und -möglichkeiten 
Sie sind zu hinterfragen und taugen nicht zur Formulierung von alternativen 
Ansätzen und Fiannazierungsmöglichkeiten einer besseren anderen Politik.
* Und überhaupt. Wie wir ein immer wieder in den Mittelpunkt gestellteses 
Umverteilungsprojekt angehen, geschweige denn realisieren wollen, ohne in das 
Räderwerk der kapitalistischen Verwertunsgmaschinerie und ihren Zwängen 
eingreifen zu müssen, also das System sprengen und eine gewaltige soziale 
Bewegung in Gang setzen zu wollen, bleibt ein Rätsel? Machen wir uns nicht 
lächerlich, wenn wir so tun, als ob wir die Schwerkraftgesetze der 
kapitalistischen Marktwirtschaft mit Vorschlägen vornehmlich politischer 
Eingriffe ernsthaft außer Kraft setzen könnten, so z.b. dem 
Shareholder-Value-Kapitalismus, als einer Erscheinugsform nachfordistischer 
Krisenentwicklung und Globalisierung mit der Einführung der Tobin-Tax?

* In jeder Frage des Teewassers - Steuer, Rente, Lohn und Gehalt, Arbeit, 
Mitbestimung/Selbstbestimmung - stoßen wir an die Grenzen kapitalsitischer 
Verhältnisse. Daß wir sie einfach sprengen könnten und alle mitmachen - 
geschenkt. Aber wir könnten versuchen sprengende Reformschritte ausfindig zu
machen, "altlinke" Politik-Muster und Schablonen mal hinter uns zu lassen und 
über neue Gesellschaftskritik und Aufhebungsmöglichkeiten und-bewegungen 
nachzudenken.
Für Gewerkschaften hieße das: 
* dem gesamtgesellschaftliche Terrain der Auseinandersetzung mehr Gewicht zu 
geben, nicht das Bündnis und vornehmlich immer wieder auch das Gespräch mit 
den Vertretern der Marktwirtschaft und der offiziellen Politik, sondern mit 
den anderen in sozialen Auseiandersetzungen stehenden Gruppen und Bewegungen 
ohne Absicht der Bevormundung zu suchen. Natürlich auch die wesentlich 
Abwehrkämpfe im Betrieb und anderen Arbeitsplätzen um Lohn/Gehalt gegen 
Prekarisierung und für Reduzierung der Arbeit und für bessere 
Arbeitsbedingungen und Qualifizierung zu führen. Aber nicht in der Art, der 
Angelpunkt ist der Kampf um mehr Geld und notwendig radikalere Kampfformen. 
Nein zunächst brauchen wir sicher eine Radikalisierung der Inhalte und neue 
Formen der Kämpfe: wie radikale Arbeitszeitverkürzung, 
"gesamtgesellschaftlicher Tarifkampf", der das billige Wohnen, die Existenz 
der immer größeren Zahl der working poor, der looser und Herausgefallenen, 
eben auch die Reproduktionsebene, und dabei auch die Ansätze nichtwarenförmiger 
Projekte und Vernetzungen einbezieht. Boykotte und andere Formen der 
Verweigerung, Computerattacken und ähnliche Aktionen, die heute mehr Räder 
still legen als das traditionelle Mittel des Streiks, das deshalb nicht 
aufgegeben werden soll, sondern möglichst um den politischen Streik erweitert 
werden müßte.
* Oder wenn wir nicht thematisieren, daß die Ökologie kein inzwischen 
schon erfolgreich integriertes Anhängsel der Ökonomie sondern schlechthin die 
Ökonomie der Zukunft sein muß und wird, mit tiefgreifenden Folgerungen für 
Arbeitsplätze, Arbeitswelt und Lebensweise, und in unsere Perspektiven 
einbeziehen, dann sind und bleiben wir perspektlos und werden letztlich auch 
nicht über Varianten des Kampfes jener "Männer" hinauskommen, die im letzten 
Jahr in Sorge um ihre Arbeitsplätze Furore machten:   
- die Daimler-Männer, die empört waren und sind über die Infragestellung der 
Lieferung ihrer Leopard II an die Türkei; 
- die "Mannesmänner", die mit dem Ruf auf den Lippen "Wir sind das Kapital"
nicht weit davon entfernt waren, wegen drohender feindlicher Übernahme "'gen    
 Engelland zu ziehen" und 
- die "Holzmänner", die es mehr als "einen 6er im Lotto" fanden, demnächst bei 
erheblich verschlechterten Lohn- und Arbeitsbedingungen, den 
Billiglohnanbietern auf den Baustellen endlich Paroli bieten zu können.  

Welche Antwort finden wir auf die Frage
"What's left? Eine Linke, die die Benennung des Kapitals als Kapital und des 
Profits als Profit schon für den Gipfel ihrer Kritik hält, weil sie die 
Bedingungen und Produkte der gesellschaftlichen Arbeit selbst nur noch in 
Kapitalform denken kann. Eine Linke, die (von Ausnahmen abgesehen) die "Suche" 
nach oder "Diskussion über grundlegende Alternativen [Plural!] zur 
kapitalistischen Marktwirtschaft" nur noch beschwört, um ihr "linkes" 
Gewissen zu beruhigen. Denn wenn sie die Beschwörung ernst meinte, würde sie 
die Suche selbst aufnehmen, ihre eigene Geschichte reflektieren und mit dem 
brechen, was bisher ihre einzige Beschäftigung war - dem vergeblichen Versuch, 
mit der illusionär gewordenen Perspektive eines Kapitalismus der vergoldeten 
Ketten die Lohnabhängigen zum Kampf gegen das Kapital zu mobilisieren. So aber 
wird sie bleiben, was sie ist: "linke" Randerscheinung einer Arbeiterbewegung, 
die "sich zur Arbeitsbewegung verharmlost hat". 
(W.Imhoff in: "Die Sackgasse der Betriebs- und Gewerkschaftslinken", auch zu 
finden unter: http://www.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/sackgasse.html)

Helmut Weiss, Ulrich Leicht, Anne Eberle (Sprecher und Mitglieder des 
Geschäftsführenden Vorstandes der IG Medien Dortmund)






 










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