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[ox] Proprietarismus und Sozialismus



Die GI-Verbandsspitze hat kuerzlich fuer Softwarepatente plaediert.

Grund dafuer war
(1) Einflussnahme von IBM
(2) eine populaere proprietaristische Utopie, die aehnlich wie ihr
    Gegenpol, die sozialistische Utopie ihre Anhaenger besessen 
    und wirklichkeitsblind macht.

Gerade verfiel ich dazu auf swpat ffii.org ins Theoretisieren:

---------------------
Als Anregung koennte auch das Logileg-Konzept (Drittes Paradigma zwischen
Patentrecht und Urheberrecht)

	http://swpat.ffii.org/stidi/basti/

dienen.  Es ist geeignet, Anhaengern der proprietaristischen Ideologie die
Augen zu oeffnen.

Vielleicht hilft auch folgendes Schema der Eigentumsrechte:

		| Konzept	  |  Implementation
-----------------------------------------------
physisch	| Patent   	  |  Privateigentum    
logisch		| Gemeineigentum  |  Urheberrecht      

M.E. ist der Gemeineigentumsbereich bisher von Schutzrechten unbesetzt,
und das Patentwesen draengt deshalb dorthin vor, obwohl es dorthin nicht
passt.

M.E. ist fuer den Gemeineigentumsbereich eigentlich eine entschlossene
gemeinschaftliche/staatliche Foerderung notwendig.  Eigentumsrechte
funktionieren dort entweder gar nicht oder sind mit hoechster Behutsamkeit
einzurichten, wie beim Logileg-Entwurf vorgeschlagen.

Ich verstehe sehr wohl die Klagen all derer, die das Ende eines Mozart im
Armengrab ungerecht finden und in der Utopie des Proprietarismus das Heil
suchen.  Ich gehe aber nur noch weiter:  das Eigentumsprinzip foerdert
nicht die wirklich grossen Leistungen, wie man etwa auch am Zustand der
Kultur heute, 200 Jahre nach Mozart, sieht.  

Haben die geistigen Eigentumsrechte etwa eine bluehende Musikkultur
bewirkt?  Nein:  ueber Schund und Drogen laeuft der Umsatz, wie ein Blick
in die Tontraeger-Industrie ebenso wie in den Blaetterwald oder das
Privatfernsehen oder auch die Softwareindustrie zeigt.

Haben die geistigen Eigentumsrechte das Herrschaftsgleichgewicht von der
schoeden Materie (Ecke rechts oben) zum genialen Geist (Ecke links unten)
verschoben?  Keinswegs.  Im Gegenteil:  Utopien fuehren direkt in die
Hoelle.  Das gilt fuer die proprietaristische Utopie ebenso wie fuer die
sozialistische Utopie.

Aber die Ecke links unten im Schema ist eher die des naturrechtlichen
Gemeineigentums, die rechts oben die des naturrechtlichen Privateigentums.
Die anderen beiden Ecken sind die Grauzone, in der diverse Schutzrechte je
nach wirtschaftspolitischer Opportunitaet eingerichtet werden koennen.
Links unten ein Logileg-System einzurichten, ist als Gedankenexperiment
und vielleicht als Entwoehnungsmittel fuer chronische Proprietaristen
geeignet.

Politische Systeme wie z.B. die Demokratie sind wiederum nach ihrer
Faehigkeit zu messen, die naturrechtliche Balance zu wahren, d.h. dem
Eigentum und den Menschenrechten ebenso zu ihrer Geltung zu verhelfen wie
der gemeinschaftlichen geistigen Sphaere und der Kultur.  Letzteres ist
besonders schwer zu leisten, wie etwa die Quotenmanie des
oeffentlich-rechtlichen Rundfunks zeigt.  Es ist nicht einfach, eine
Mehrheit der Bevoelkerung davon zu ueberzeugen, dass fuer eine geistige
Allmende Pflichtbeitraege erbracht werden muessen.  Die
Oeffentlich-Rechtlichen haben Angst davor, als elitaer zu gelten.  
Staatsdiener schmieren dem Souveraen aber lieber Honig um den Bart und
machen ihm weis, Adam Smiths unsichtbare Hand werde schon alles regeln.
Die regelt aber nur den Bereich rechts oben.  Was Smith durchaus wusste.

-phm






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http://www.oekonux.de/



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