Exemplare, Fernheizung usw.(was: Re: [ox] virtuelle Welten)
- From: Thomas Uwe Gruettmueller <sloyment gmx.net>
- Date: Sat, 16 Sep 2000 21:46:51 +0200
Hallo, alle zusammen!
On Fre, 15 Sep 2000, Paul R. Imbusch wrote:
Wenn der Zweck des Wirtschaftens die Verteilung knapper Gueter
ist, faellt die Verteilung von Software nicht darunter. Anders
bei natuerlichen Ressourcen und menschlicher Lebenszeit. Auch mir
waere es lieber, wenn alle Gueter frei waeren.
"Frei" im Sinne der FSF heißt nicht, daß etwas kostenlos erhältlich ist,
sondern, daß niemand durch Patente oder Urheberrecht daran gehindert wird,
weitere Exemplare für den Eigenbedarf oder zum Verkauf herzustellen. Ferner
darf die Benutzung nicht eingeschränkt sein, mal abgesehen vom
Reprivatisierungsverbot.
Dies versteht hier aber keiner, denn im Deutschen wird ein Text oder ein
Programm als eigenständiges Gebilde betrachtet und nicht als Eigenschaft
eines materiellen Gegenstandes. Das ist im Englischen anders. Wenn in der GPL
von Programmen oder in der GFDL von Dokumenten die Rede ist, ist damit nicht
nur das abstrakte Gebilde gemeint, sondern dieses plus Datenträger, also das
materielle Gesamtgebilde. Natürlich kann man das Original nicht im Laden
kaufen, da muß man schon mit dem Autor verhandeln. Wohl aber Kopien
(Exemplare).
Was bei freier Software kostenlos ist, ist das Nutzungsrecht, ebenso das
Recht, Kopieen zu erstellen (copyright). Die Exemplare kosten natürlich Geld,
und auch die Erstellung des Originals kann Geld kosten (Sponsoring). Eine
Übertragung auf materielle Güter (darunter sind solche Güter zu verstehen,
die nicht nur Medium sind, egal ob für Datenmüll oder sinnvolle Inhalte,
sondern, die einen Nutzen fest einkonstruiert haben, z.B. Brot oder Flaschen
im Gegensatz zu Büchern (vollgedruckten -- keine Rohlinge!) oder
Schallplatten) ist also, daß Freie materielle Güter solche sind, die jeder
nachbauen darf. Deshalb müssen sie noch lange nicht kostenlos sein.
Daß sie aber eines Tages doch kostenlos sein werden, ist eine ganz andere
Geschichte. Das liegt daran, daß bei Freien Gütern im Zusammenhang mit der
weiten Verbreitung von Rechnern, Internet und billigen Medien (CD-R) den
Menschen völlig neue Möglichkeiten des selbstbestimmten Mitwirkens zur
Verfügung stehen. Zeit haben die Leute ja genug, sonst gäbe es nicht 20
verschiedene überregionale deutschsprachige Fernsehkanäle, die 24/7 up sind.
Je mehr Leute ihre GEMA-Schnauze aus dem Fenster schmeissen, um zum Spaß
aktiv irgendetwas Konstruktives zu leisten (ich sage nicht einmal, daß es
nützlich sein muß), um so stärker wird von Tag zu Tag die Chance, daß wir
eines Tages so etwas wie den Kommunismus erreichen.
Der Umgang mit
der Heizung in der DDR hat wohl gezeigt, dass Kostenlos zur
Verschendung fuehrt.
Das war ja ganz anders. (Du kommst wohl aus dem Westen, was?) Also, im Jahre
1984 kam zu uns ein Mann an die Wohnung, den wir dann auch noch dummerweise
hineingelassen haben, der dann mit einer Wasserpumpenzange sämtliche
Handgriffe an den Heizungsventilen zerstörte, mit der Begründung, es würden
demnächst Thermostate gesetzt. Dies geschah aber nicht mehr bis zu unserer
Ausreise im April 1989. Folglich mußten wir die Ventile mit einer Kombizange
auf- und zuregeln. Das heißt, eigentlich nur aufregeln. Um es kühl zu haben,
kann man ja das Fenster aufmachen.
Nun weiß ich nicht, ob der Ventilrowdy vielleicht ein Witzbold war, der nur
in Rostock sein Unwesen getrieben hat. Da ich aber gehört habe, daß im ganzen
Land die Twemperatur mit dem Fenster geregelt worden sein soll, nehme ich an,
daß es ein staatlicher Beschluß war, sämtliche Ventilgriffe zu entfernen. Wer
weiß da mehr drüber?
Andererseits, was mir spontan zu den Heizungen in der DDR einfällt, ist, daß
es sich, zumindest bei den Neubauten, um Fernwärmeheizungen handelte. Das
heißt, ein Wärmekraftwerk versorgt eine ganze Stadt mit Wärme. Dadurch gab es
in den Wohnhäusern gar keine Hausmeister, und nicht, so wie hier, einen pro
Aufgang.
Die Benutzerfreundlichkeit eines solchen Systems ist sehr gut (d.h. man muß
sich um nichts kümmern), die Zuverlässigkeit unterschiedlich. In der Stadt
war sie sehr gut, auf alle Fälle wesentlich besser als eine typische
Ölheizung, lediglich in den Sommermonaten wurde nicht geheizt, aber das war
wohl Absicht und nicht technisches Versagen. Auf dem Land konnte es aber
schon vorkommen, daß der Heizer regelmässig besoffen war und nicht heizen
konnte. Die Umweltverträglichkeit einer Fernheizung (d.h. Streckenverluste)
bei vorhandenen Drehknöpfen kann ich nicht beurteilen.
Für den Kapitalismus sind Fernheizungen nicht zu empfehlen, da dies eine
Versklavung der Menschen an lokale Energiemonopole bedeuten würde.
Andererseits sind ja die Menschen durch die Öl- und Gasöfen energiemässig an
den jeweiligen Vermieter gebunden, bzw. Hausbesitzer an das von ihnen
gewählte System (z.B. Öl) oder, bei Gas, an einen einzelnen Lieferanten.
Vielleicht wäre ja ein Fernheizungssystem denkbar, in das mehrere Anbieter
einspeisen, so daß es zu echter Konkurrenz kommt, wie jetzt beim Strom oder
bei den Ferngesprächen.
Ich denke, daß wenn eines Tages sich im Volk die Einstellung zum Thema
Arbeitslosigkeit geändert hat, die Fernheizung (dann aber mit Thermostaten)
noch mal wiederentdeckt wird.
Und wie verteilen wir unangenehme Arbeiten,
z.B. Toiletten reinigen? Zwischen den Extremen freies Gut und Tauschen
Wenn sich jemand eine Freie Toilette gekauft hat, kann er damit machen, was
er will, d.h. er kann sie entweder hegen und pflegen oder bis zum Rand
vollkacken. Allenfalls wenn die Toillette copylefted ist, darf er sie nicht
vollgekackt als Gesamtwerk patentieren oder sonstwie schützen lassen, da er
ansonsten sein Benutzungsrecht an dieser Toilette auf ewig verwirkt.
Eine andere Frage ist, wie es mit fremden Toiletten, z.B. öffentlichen,
aussieht. Dies hat nichts mit Freien Produkten zu tun. Solange es noch
Supermarktkassen gibt (Übergangsphase), wird es auch jemand für Geld machen,
und danach mal weitersehen. Man könnte aber die Verschmutzung minimieren,
indem man den Freundlichkeits-Befehl aufhebt. Wenn jemand absichtlich
vorbeikackt oder im Supermarkt den Fisch ins Süßwarenregal legt, dann muß es
möglich sein, daß ihn die betroffene Verkäuferin oder Reinemacherfrau dafür
vor versammeltem Publikum zusammenscheißt.
Wenn wir die Realitaet, Materie bewegen wollen sehe ich keine andere
Moeglichkeit als Stueck fuer Stueck die Schwierigkeiten aufzuloesen.
Auf dem Weg zur Realitaet waere auch ein Produkt-Ideenpool,
in den jeder seine Idee einbringt,
Ein Produkt-Ideenpool wäre genial. Dadurch wären Ideen vor Patentierung
geschützt. Leider kann man auf der Patente-Grundlage kein Copyleft
konstruieren, da Patente Geld kosten, so daß die Ideen in proprietäre
Produkte fliessen können. Es müßten parallel dazu auch Bestrebungen
unternommen werden, Freie Implementationen der Ideen zu schaffen.
gemeinsam auf soziale und
oekologische Wirkungen abgeklopft, verworfen oder weiterentwickelt
wird. Z.B. ein Traubenlese-Robi
Menschenartige Roboter, wie man sie aus Comics kennt, wären genial.
Am Ende die Konstruktionsunterlagen unter GPL.
...wenn es nicht nur bei Ideen bleibt.
Tschüß,
Thomas
}:o{#
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