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Re: [ox] Re: Vorstellungsrunde



....puh...man kommt ja kaum hinterher...:-)

Gut.

Today Oliver Hillmann wrote:
On Sat, 24 Jul 1999, Pit Schultz wrote:
in etwa. der begriff "open" wurde soviel ich weiss von eric raymond,
ins spiel gebracht, seines zeichens waffenfreak und neolibertarian
(sowas wie ein rechter anarchist). "open:good closed:bad" ist ein 
Waffenfreak und Neolibertarian sowie 'rechter Anarchist' klingt ja
schröcklich,

Ich habe auch schon gehört, daß er den Libertarians zuzurechnen ist.
Diese Leute bezeichnen sich zwar selbst als AnarchistInnen, aber sie
verfolgen eigentlich nur das urliberale Modell des Nachtwächterstaats,
der alles dem Markt überläßt, bis er sich konsequenterweise auflöst.


...."bis er sich konsequenterweise auflöst". Klingt erst mal nicht
unverlockend, oder? Könnte doch sein. Wißt ihr, wir ackern uns ab,
denken und gübeln und reden und machen und tun und dabei löst sich der
olle Markt sowieso irgendwann auf. Ts! Schön blöd. Würde mich wirklich
interessieren, wie dieses "sich-auflösen" aussehen soll. Schmilzt die
Deutsche Bank weg? ....Nee, mal Ernst: Gibt es eine nähere Erklärung
dieser Idee, oder ist das nur Blablabla ???

  
Stefan Merten schrieb:

-----BEGIN PGP SIGNED MESSAGE-----

Hi Sabine!

2 days ago Sabine Nuss wrote:
Lydia (auch Abonnentin hier in der Mailingliste) und ich haben uns ein
bißchen auf dieses Thema konzentriert und vor rund einem Jahr einen
Vortrag in Vilnius gehalten. Wen es interessiert:

http://userpage.fu-berlin.de/~nussini/linux.hmtl

Englischer Titel und deutscher Text - das ist ja trickreich ;-) .

Na, übersetz den Titel mal (wortwörtlich), klingt dann ungefähr so: 

"Geistige Eigentumsrechte gegen Geistige Eigentumslinke" ????? Tstst...
:-)

Zum einen scheinen mir die Theoretiker(Innen?) der Property-Rights
immer schon von atomisierten, ihrer sozialen Einbettung entfremdeten
Menschen auszugehen - mithin also von der bürgerlichen Geld- bzw.
Arbeitsmonade liberaler Provinienz. Dies halte ich aber für eine ganz
und gar unhistorische Herangehensweise.

Nach allem was ich weiß, hat in hohem Maße erst die ursprüngliche
Akkumulation und deren Bedarf nach solchen, ihren sozialen Bezügen
entäußerten Geld- / Arbeitsmonaden diese tatsächlich auch in großer
Zahl produziert. Was macht es in einer durch Subsistenz und eben nicht
durch Geld geprägten Gesellschaft auch für einen Sinn, sich als solche
Monade zu verstehen?


Puh..............Stoooooooooooppp! Das geht ja alles etwas schnell.
Also, diese Sichtweise zum Eigentum, die wir in dem Aufsatz beschrieben
haben, welche die sogenannte "herrschende" ist, vertreten durch den
Wirtschaftshistoriker Douglass North, Nobelpreisträger (1993) für
Wirtschaftswissenschaften, die basiert natürlich ("natürlich" deshalb,
weil es kaum zur Kenntnis genommen wird) sehr explizit auf dem
neoklassischen Modell. Insofern stimmt es, daß die Individuen nur noch
Träger von rationalen Entscheidungen sind und die aggregierte
Entscheidungswut in mathematischen Formeln und Koordinatensystemen ihren
Niederschlag findet. Nein, historisch ist das nicht.    

Nun kann mensch von den ChefideologInnen - ähm TheoretikerInnen des
Kapitalismus natürlich nicht verlangen, daß sie sich um historische
Wahrheit scheren.

Doch das kann man schon und sie tun es ja auch. Wie gesagt, North hat
mit seiner "Neuen Sicht der Wirtschaftsgeschichte" einen historischen
Ansatz in die Neoklassik eingeführt, der Vorwurf an die, wie sagtest Du
"ChefideologInnen", sie seien ahistorisch, ist damit hinfällig. Es sei
denn man betrachtet die Art und Weise der neoklassischen
Geschichtsschreibung ganz genau... also, um kurz ein Beispiel zu geben:
Die Geschichte der Einhegungen in England um das 16. und 17. Jahrhundert
und noch ein wenig drum herum, dieses Kapitel nannte Marx die
"sogenannte ursprüngliche Akkumulation", seiner Ansicht nach war dieser
Teil der Geschichte nicht gerade von einem netten Umgang der Menschen
miteinander gekennzeichnet.... Bei North nun erfährt dieses
Geschichtskapitel eine andere Interpretation, "Die Entwicklung der
Institutionen in der frühen Neuzeit in Westeuropa ist eine Erfolgsstory
mit dem Titel 'Der Aufstieg des Abendlandes' (1992:114)" ------- ok. 

Der andere Punkt den ich ansprechen möchte ist die Anreizstruktur. Die
liberalen IdeologInnen verstehen unter Anreiz wohl in der Tat nur
einen monetären. Das hat ja Risha auch während der Diskussion ein paar
mal anklingen lassen.

Aber nein. Auch da gibt es Entwicklungen, die Neoklassiker sind nicht
nur technokratische und funktionalistische Bösewichte, die nur Zahlen
aggregieren können. Es ist ihnen durchaus klar, daß sie mit ihren
Modellen die Wirklichkeit nicht abbilden können und sie betonen
durchaus, daß sie sich im Prozeß der Forschung befinden. Es ist wichtig,
deren eigenen Theorien nicht über einen Kamm zu scheren. Der
Anreizstruktur liegt ja das Modell des nutzenmaximierenden Individuums
zugrunde. Also der Mensch strebt danach, "mehr Güter weniger Gütern"
vorzuziehen. Dieser "Trieb" ist der Anreiz seines Tuns. Ein Individuum,
was nun meinetwegen anonym Blut spenden geht, paßt da natürlich nicht
rein...nun wurde das Modell aber erweitert, so daß auch "Altruismus"
eine Erklärung bei den Neoklassikern findet. Wie das geht? Die
Entscheidungen, die ein Individuum trifft, ist abhängig von der
Ideologie, die in dem entsprechenden Land gerade vorherrscht. Wenn
Altruismus ein anerkannter Wert in einer Gesellschaft ist und das
Verhalten Ruhm und Ehre einbringt (Linux lingering in the back...), so
ist das altruistische Verhalten in dieser Gesellschaft eben
nutzenmaximierend. Das heißt, der Faktor "Ideologie" wurde in das Modell
integriert und damit kannst Du jetzt posthum alles als rational
erklären, was der Mensch tut - je nach Ideologie. Das Problem daran, daß
man alles erklären kann, ist leider, daß es nichts mehr erklärt. :-)
 
Um vielleicht einen kleinen Bogen zu GNU/Linux zu schlagen: Ich denke,
daß GNU/Linux es geschafft hat, eine erhebliche Zahl von Individuuen,
deren Anreiz eben nicht primär monetär ist, zu einem großen
gemeinsamen zusammenzuführen.

Der monetäre Anreiz war nicht primär, weil er primär längst gedeckt war.
Wäre er das nicht gewesen, hätte er eine sekundäre Rolle gar nicht
spielen können, wäre Linux also nicht entstanden. Linux ist nicht
umsonst eben nur da entstanden, wo primäre Erwerbsquellen existierten.
An dieser Stelle: Schluß mit der Romantik. Die Debatte läuft wohl auf
die Frage hinaus, ob es was Richtiges im Falschen gibt und das denke ich
nicht und dann weiter die Frage, kann sich wenigsten was Richtiges im
Falschen entwickeln und von dort aus beginnen autonom zu wirken? Hm. Da
bin unentschlossen.   

Ah, und dann habe ich noch eine Frage: Kann mir mal jemensch
erläutern, was Transaktionskosten sind? 

Hm. Also, Transaktionskosten sind kein Geld, sondern "Aufwand". Ganz im
neoklassischen Sinne, in dem es kein Geld (monetär, klimper...) gibt,
sondern nur "Kapital".

Die Definitionen von Transaktionskosten sind unterschiedlich, wirklich,
jeder sagt Dir das was anderes. Grob aber:

Transaktionskosten sind die Kosten, die aufgewendet werden müssen, um
Markttransaktionen vorzunehmen. Es sind sozusagen Kosten, die beim
Tausch von Gütern- und Dienstleistungen entstehen, wobei die Kosten des
Tauschs insgesamt zunehmend höher werden, je spezialisierter und
arbeitsteiliger ein Markt ist. Nach der Neuen Institutionen Ökonomik
(NIÖ) sind Transaktionskosten ein Teil der Produktionskosten. 

Demnach setzen sich die Gesamtkosten der Produktion nicht nur zusammen
aus den Aufwendungen für Boden, Arbeit und Kapital, die zur
Transformation der physischen Eigenschaften eines Gutes (Größe, Gewicht,
Farbe, Standort, che-mische Zusammensetzung usw.) benötigt werden,
sondern auch aus jenen Aufwendungen, die zur Transaktion benötigt
werden, d.h. zu Abgrenzung, Schutz und Durchsetzung der Eigentumsrechte
an Gütern. 

Es gibt Messungs- und die Erfüllungkosten.

Die Messungskosten sind quasi der Preis für die Informationen, die das
Wirtschaftssubjekt über das zu tauschen beabsichtigte Gut haben muß, um
seine Größe, seine Qualität, seine Beschaffenheit, kurz: seine positiven
Attribute richtig einschätzen zu können. (Weil um etwas sein eigen
nennen zu können, muß es abgrenzbar sein und um etwas abgrenzen zu
können, muß es quantifizierbar, also meßbar sein....) Die
Transaktionskosten sind umso höher, je schwieriger es ist, ein Gut zu
messen. Normierungen wie die DIN-Norm oder die Etablierung von
Gütesiegeln sorgen daher für niedrige Transaktionskosten.
Erfüllungskosten sind die Kosten für die Durchsetzung und Erfüllung der
mit der Eigentumssicherung verbundenen Verträge.

Wozu war das jetzt noch wichtig? :-)

Und nochwas: Kann mir jemand erklären, was es mit dem "free Beer" auf
sich hat?

Grüße
Sabine




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