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Bushs All-Macht-Doktrin
Von Markus Becker
US-Präsident George W. Bush hat die aggressive Außenpolitik seiner Regierung
auf den Orbit ausgedehnt. In seinem neuen Grundsatzpapier stehen
amerikanische Interessen über allem - und könnten auch durch militärische
Erstschläge gesichert werden.
Es war ein weltpolitisches Erdbeben, das George W. Bush im September 2002 mit
der Vorstellung seiner "Nationalen Sicherheitsstrategie" auslöste: Die USA
würden ihren Interessen künftig Geltung verschaffen, indem sie ihre Werte in
alle Welt verbreiteten - und sich notfalls auch mit Präventivkriegen vor
Bedrohungen schützen. Die als "Bush-Doktrin" berüchtigte Strategie führte
unter anderem in den Irak-Krieg.
"Lightweight ExoAtmospheric Projectile" (Leap) der Firma Boeing: Waffen für
den Weltraum
Großbildansicht
AFRL
"Lightweight ExoAtmospheric Projectile" (Leap) der Firma Boeing: Waffen für
den Weltraum
Jetzt hat die US-Regierung eine ähnliche, wenn auch etwas vorsichtiger
formulierte Strategie für den Weltraum entworfen: Die neue " National Space
Policy", die vor einigen Tagen unauffällig auf der Website von Bushs Office
of Science and Technology Policy veröffentlicht wurde.
Das Dokument fasst im Grunde offiziell in Worte, was seit längerem US-Politik
ist. Das amerikanische Militär hat bereits Milliarden von Dollar für die
Entwicklung von Waffen ausgegeben, die im Weltraum stationiert werden
sollen - darunter Technologie für Attacken auf irdische Ziele und feindliche
Satelliten.
Die neue Sicherheitsdoktrin fürs All enthält gehörige politische Sprengkraft,
wie schon erste Reaktionen von Kritikern in den USA zeigen: Das neue Dokument
habe einen "sehr unilateralen Ton", sagte Theresa Hitchens, Leiterin des
Center for Defense Information in Washington. Es öffne die Tür zu
einer "Kriegsstrategie für den Weltraum".
Weltraum-Verbot für Gegner der USA
Das dürfte noch untertrieben sein, denn in dem Dokument wird kaum verhüllt,
dass es sich hier bereits um eine militärische Strategie handelt: "Die
Handlungsfreiheit im Weltraum ist für die Vereinigten Staaten genauso wichtig
wie die Macht in der Luft und zur See", heißt es in der "National Space
Policy". Man werde "andere davon abbringen oder abschrecken", die Ausübung
der amerikanischen Rechte im Weltraum zu stören oder auch nur Technologien zu
diesem Zweck zu entwickeln. Man werde "auf Eingriffe antworten" und "falls
nötig die Benutzung von Weltraumtechnologie unterbindne, die US-Interessen
feindlich ist".
Mit anderen Worten: Sollte eine andere Nation auch nur den Versuch
unternehmen, mit den USA im Weltraum zu konkurrieren, bekommt sie es mit der
US-Regierung zu tun. Das könnte durchaus eine verklausulierte Drohung mit
Präventivschlägen sein - nicht nur aufgrund der Tatsache, dass Bush und seine
Mitstreiter in der Vergangenheit durchaus weit gefasst haben, wer oder was
den US-Interessen zuwiderläuft.
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190 Beiträge, Neuester: Heute, 17.18 Uhr von Wolpyy
Bush erteilt in der neuen Weltraum-Strategie auch jenen eine Absage, die noch
eine Resthoffnung gehegt haben, die USA könnten sich wenigstens im Weltraum
internationalem Recht unterwerfen: Die Vereinigten Staaten, so heißt es in
dem Papier, werden sich allen Verträgen entgegenstellen, die "den Zugang zum
Weltraum oder seine Benutzung durch die USA begrenzen".
Verräterisch ist, dass das Dokument an dieser Stelle ausdrücklich Abkommen zur
Rüstungskontrolle nennt: Das Recht der Vereinigten Staaten, im Weltraum zur
Wahrung der "nationalen Interessen" aktiv zu werden, dürfe durch solche
Verträge in keinem Fall eingeschränkt werden. Zudem erteilt Bush in dem
Dokument Verteidigungsminister Donald Rumsfeld den Auftrag, Militär- und
Spionagetechnologie für den Weltraum nicht nur zu entwickeln, sondern auch
einzusetzen.
Eine weitere Passage weckt Erinnerungen an das größenwahnsinnige SDI-Programm
von Ronald Reagan, das auch als "Krieg der Sterne" in die Geschichte
eingegangen ist: Das Pentagon wird damit beauftragt, "mehrschichtige
integrierte Raketen-Verteidigungssysteme" für den Orbit bereitzustellen. Wie
das funktionieren soll, dürfte derzeit selbst den Experten des
US-Verteidigungsministeriums schleierhaft sein. Denn bisher gilt selbst die
am Boden stationierte Raketenabwehr als kaum funktionstüchtig, sollte es
wirklich zu einem Angriff auf die USA mit Interkontinentalraketen kommen.
Futuristische Waffen für den Orbit
Im Widerspruch zu internationalem Recht steht Washington mit seiner neuen
Weltraum-Doktrin nicht. Zwar ratifizierte der US-Kongress 1967 den "Outer
Space Treaty" der Vereinten Nationen, der die internationale Nutzung von
Erdorbit und Himmelskörpern regelt. Doch der Vertrag war ein Produkt einer
Zeit, in der die Angst vor einem Atomkrieg das politische Denken beherrschte.
In Artikel IV verpflichten sich die Nationen lediglich zum Verzicht auf
Massenvernichtungswaffen in der Erdumlaufbahn. Von anderen Systemen, die
ebenfalls verheerende Wirkung haben könnten, ist nicht die Rede.
Die Ängste der aktuellen US-Regierung vor Konkurrenz im Weltraum sind nicht
neu. Ein im Januar 2001 veröffentlichter Bericht einer Kommission, die vom
späteren Verteidigungsminister Rumsfeld geleitet wurde, malte gar ein "Pearl
Harbor im Weltraum" an die Wand: Die "Feinde der USA" könnten sich auf dem
weltweiten Markt Mittel beschaffen, um Satelliten oder deren Bodenstationen
anzugreifen.
Im November 2003 veröffentlichte die US-Luftwaffe ein Zukunftspapier
namens "Transformation Flight Plan", das ein ganzes Arsenal exotischer Waffen
enthält. Seit 2004 ist bereits das " Counter Satellite Communications System"
im Einsatz, das feindliche Kommunikationssatelliten vom Boden aus lahmlegen
kann. Ein weit ehrgeizigerer Plan sieht vor, Wolfram-Stäbe aus dem All ("Rods
from God") auf die Erde regnen zu lassen. Allein durch ihre Aufprallenergie,
so die Hoffnung des Pentagon, könnten die Geschosse tief eingegrabene Bunker
knacken.
Im Frühjahr 2007 soll nach mehreren Verschiebungen ein Satellit im Rahmen
des "Near Field Infrared Experiment", kurz NFire, ins All geschossen werden.
Nach offiziellen Angaben soll der Himmelskörper lediglich feindliche Raketen
während der Abschussphase orten können. Kritiker argwöhnen jedoch, dass das
nicht alles ist. Peter Teets, Direktor des National Reconnaissance Office
(NRO), musste bereits im März 2004 in einer Anhörung vor dem US-Senat
einräumen: "Es ist richtig, dass die Fähigkeiten von Nfire, versehen mit
einem anderen Operationsziel, für ein Weltraum-basiertes Waffensystem genutzt
werden können."
Das Pentagon betont zwar, dass die Bush-Weltraumdoktrin lediglich die 1996
veröffentlichte "National Space Policy" seines Amtsvorgängers Bill Clinton
fortsetze. Doch während die obersten Ziele des Bush-Papiers die Sicherung der
nationalen Sicherheit und die Durchsetzung von weltpolitischen US-Interessen
sind, hat Clinton noch anders formuliert: Er wollte vom All aus "das Wissen
über die Erde, das Sonnensystem und das Universum steigern". Von einem
Weltraum-Verbot für andere Staaten war nicht die Rede.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltraum/0,1518,443228,00.html
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