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Robin Hood in Brüssel Florian Müller ist Lobbyist - und kämpft höchst erfolgreich gegen die europäische Patentpolitik von Kommissar Charlie McCreevy Von Nina von Hardenberg Es gibt sicher nicht viele Menschen, die von sich sagen können, dass sie schon mal einen europäischen Gesetzesvorschlag zu Fall gebracht haben. Florian Müller ist einer von ihnen. Der einflussreiche Patent-Gegner führte im vergangenen Sommer eine wilde Kampagne gegen eine europäische Softwarepatentrichtlinie an. Sie endete damit, dass das Europäische Parlament in einem bis dahin einmaligen Akt der Auflehnung gegen den Vorschlag stimmte. Für den EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy dürfte es also eine schlechte Nachricht sein, dass der preisgekrönte Campaigner sich wieder öfter in Brüssel aufhält. Der EU-Kommissar wagt ein Jahr nach dem Rückschlag mit der Softwarepatentrichtlinie derzeit einen neuen Anlauf für einen europaweit einheitlichen Schutz für geistiges Eigentum. Müller hat Widerstand angekündigt. Das Parlament, das an diesem Donnerstag eine Resolution zur Zukunft der europäischen Patentpolitik verabschiedet, weiß er wieder auf seiner Seite. In Brüssel werde "ganz offen der nächste Krieg um Softwarepatente ausbrechen", prophezeit Müller in seinem Internet-Blog. Es ist ein altes Streitthema, das da in Brüssel wieder hochkocht. Die Kommission bemüht sich seit Jahren, die fragmentierte europäische Patent-Gesetzgebung zu vereinheitlichen. Doch dies scheiterte bislang an einem absurden Sprachenstreit der Mitglieder. Sowie an der Lobbyarbeit von Patentgegnern wie Müller, die fürchten, eine Neuregelung des Patentwesens könnte zu einer heimlichen Ausweitung der Vergabepraxis führen. Patente, vor allem Softwarepatente, sind in der Welt des Florian Müller aber die Wurzel allen Übels. Denn sie schaffen großen Unternehmen Monopolstellungen und hängen den kleinen Entwicklern kostspielige Klagen an den Hals. Früh gestartet Was aber treibt den freischaffenden Computerspiel-Entwickler auf die politische Bühne? "Ich stelle mich gerne großen Herausforderungen", sagt er. Tatsächlich läßt sich der Mann, der in Brüssel parkettsicher in Anzug und Schlips auftritt, nicht auf das Klischee des weltfernen Computer-Hackers reduzieren. Schon als 16-Jähriger entdeckte Müller seine Liebe zum Schreiben und veröffentlichte sein erstes Fachbuch zu Computern. Zur Zeit seines Abiturs hatte der Buchverlag Markt & Technik zehn Werke von ihm veröffentlicht. Auch die Lobbyschlacht in Brüssel hat der Robbin Hood der kleinen Softwareschmieden bereits aufgeschrieben. Sein starkes Mitteilungsbedürfnis dürfte Müller im europäischen Institutionen-Dschungel geholfen haben. Denn der Mann ist nicht nur ein Kommunikationstalent. Er ist Kommunikation pur. Müller redet wahrscheinlich doppelt so schnell und doppelt so viel wie seine Mitmenschen, und im Anschluss an das Gespräch liefert er in Sekundenschnelle die Zusammenfassung des Gesagten sowie eine Liste von vertiefenden Informationsquellen per E-Mail. Zutexten könnte man das nennen. Er ist ein Profi, findet hingegen Maria Berger von den Europäischen Sozialdemokraten (SPE). Die Europaabgeordnete muss es wissen. In Brüssel wird sie von Lobbyisten quasi überrannt. An Müller schätzt sie dessen guten Kontakte, sein Wissen und dass er auch manchmal bereit ist, von seinem Standpunkt abzurücken. Das Europäische Parlament ist der wichtigste Ansprechpartner Müllers im Kampf gegen die Patentpolitik der Kommission. Diese wirbt dafür, dass die EU einem internationalen Abkommen zur Lösung von Patentstreitigkeiten (Epla) beitritt. Müller fürchtet aber, dass das Epla offener für die Patentierung von Software sein könnte als nationale Gerichte. Wenn die Europaabgeordneten am Donnerstag "signifikante Nachbesserungen" an den Plänen des Kommissars fordern, kann man darin auch Müllers Handschrift lesen. Wie aber hat Florian Müller es geschafft, in so kurzer Zeit Abgeordnete für diese komplexe Materie zu gewinnen? Gut möglich, dass die Begabung zur Informationsschwemme das Geheimnis seines Erfolges ist. Er ist ständig online und versorgt jeden mit Nachrichten und der entsprechenden Kommentierung. "Herr Müller hat uns in Brüssel viel Arbeit abgenommen", lobt ein Sprecher des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft. Doch nicht alle sind mit Müllers Ad-hoc-Aktionismus glücklich. Der Mann habe keinen organisierten Verband hinter sich, es sei nicht klar, für wen er eigentlich kämpfe, sagt ein Mitarbeiter der Europäischen Kommission. Auch Müller ist sich seiner Rolle nicht ganz sicher. Er sei ein bisschen Aktionist, der für seine eigenen Überzeugungen eintritt, und ein bisschen Lobbyist, der die Anliegen der Softwarefirmen vermittelt, die ihn finanzieren, sagt er. Sicher ist jedenfalls: Er ist ein Kommunikationskünstler. Quelle: Süddeutsche Zeitung Nr.235, Donnerstag, den 12. Oktober 2006 , Seite 24 Fenster schließen _______________________ Web-Site: http://www.oekonux.de/ Organization: http://www.oekonux.de/projekt/ Contact: projekt oekonux.de
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