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Message 01076 [Homepage] [Navigation]
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[chox] Fwd: Zum Scheitern des gloablen OHA-Systems



Hi!

Hier mal wieder eine Meldung zum Scheitern des gloablen OHA-Systems.

Unten noch ein paar Kommentare von mir.

------- Forwarded Message

Date:  Mon, 23 Aug 2004 19:02:55 -0000
From:  "imilist" <imi imi-online.de>
Subject:  =?iso-8859-1?q?[IMI-List]__[0192]_IMI-Kongress_-_und:_Sicherheitskr=E4fte_f=FCr_Irak_vom_Arbeitsamt?=
To:  IMI-List yahoogroups.de
Message-Id:  <cgdf10+s27g eGroups.com>

[...]

3.  Analyse zum Teilabzug der US-amerikanischen Truppen aus
Deutschland

IMI-Analyse 2[PHONE NUMBER REMOVED]
Ökonomie und Strategie globaler Kriegsführung
Trotz des Teilabzugs, Deutschland bleibt weiterhin Sprungbrett und
Drehscheibe amerikanischer Interventionskriege
http://imi-online.de/2004.php3?id=1023
http://imi-online.de/download/IMI-Analyse-2004-20JWUS-Basen.pdf
22.8.2004, Jürgen Wagner

[...]

Das US-Militär als "Systemadministrator"

Der gegenwärtig einflussreichste Vordenker US-amerikanischer
Militärplanung ist der Pentagon-Berater und Professor am Naval War
College, Thomas P. Barnett. Er vertritt, analog zur amerikanischen
Sicherheitsstrategie, die Auffassung, die größte Bedrohung für
die Vereinigten Staaten gehe von einer so genannten Bedrohungstriade,
bestehend aus der Zunahme des Terrorismus, der Verbreitung von
Massenvernichtungsmitteln und dem Scheitern staatlicher Systeme aus.
Diese Gefahren würden überall dort auftreten, wo sich Länder
westlichen Ordnungsvorstellungen widersetzen. Deshalb sei es die
Aufgabe des US-Militärs, der "Nichtintegrierten Lücke", den
Staaten, die sich nicht in das Schema neoliberaler Globalisierung
einpassen (lassen), zu verdeutlichen, dass die USA nicht gewillt sind,
dies zu tolerieren: "Verliert ein Land gegen die Globalisierung oder
weist es viele Globalisierungsfortschritte zurück, besteht eine
ungleich höhere Chance, dass die Vereinigten Staaten irgendwann
Truppen entsenden werden. [...] Umgekehrt gilt: Funktioniert ein Land
halbwegs im Rahmen der Globalisierung, dann sehen wir in der Regel
keine Veranlassung, unsere Truppen zu schicken, um für Ordnung zu
sorgen, oder eine Bedrohung zu beseitigen."[6]
Sein Vorgesetzter Arthur Cebrowski, der von Verteidigungsminister
Rumsfeld als Chef des Office of Force Transformation mit der
Umstrukturierung des amerikanischen Militärs beauftragt wurde, wird
hierzu noch deutlicher und zeigt, dass diese Bedrohungsanalyse direkt
in die amerikanische Militärplanung einfließt: "Es gibt viele
Nationen, die innerhalb der Globalisierung funktionieren. Das sind die
Staaten, die die Regeln akzeptieren", so Cebrowski. "Wer die
Globalisierung bekämpft, wer die Regeln zurückweist [...] wird
möglicherweise das Interesse des amerikanischen
Verteidigungsministeriums auf sich ziehen." Für ihn müsse das
US-Militär folgerichtig künftig als "Systemadministrator" der
Globalisierung fungieren.[7] Die Aufgabe der USA sei es, so Barnett
und Cebrowski in einem gemeinsamen Artikel, als "militärischer
Leviathan" den Regeln der Globalisierung, von ihnen auf die
neoliberale Grundformel "Demokratie und freie Märkte" reduziert,
Geltung zu verschaffen.[8] Konsequenterweise sind amerikanische
Soldaten für Cebrowski "Erzwinger" (enforcer), die "die Normen
internationalen Verhaltens durchsetzen."[9]
Dass sich bei genauerer Betrachtung der Großteil der Welt innerhalb
von Barnetts "Lücke" wieder findet, zeigt buchstäblich die
Beschränktheit dieses Weltbildes. Dennoch ist Formel von der
Nichtintegrierten Lücke inzwischen integraler Bestandteil
sämtlicher amerikanischer Strategiedokumente. So gibt bspws. die
Nationale Militärstrategie vom Juni 2004 an: "Es gibt einen
Krisenbogen der Instabilität, der sich von der westlichen
Hemisphäre durch Afrika und den Mittleren Osten bis nach Asien
erstreckt. Dort gibt es Regionen die Brutstätten für die
Gefährdung unserer Interessen sind."[10] Dabei geht es eben nicht nur
um die Kontrolle wichtiger Ressourcen, obwohl diese eine wichtige
Triebfeder amerikanischer Militärpolitik darstellt. Wer ernsthaft den
Anspruch auf die Führung der Welt erheben will, muss für die
Stabilität der dieser Hegemonie zugrunde liegenden Ordnung - das
neoliberale Wirtschaftssystem - sorgen. In gleichem Maße, wie die von
diesem System permanent produzierte Konflikte und Krisen immer weiter
zunehmen, erhöht sich auch die Notwendigkeit, immer schneller und
häufiger militärisch auf Konflikte in den Grauzonen der
Globalisierung zu reagieren.

[...]

Deutschland als Komplize neoliberaler Kriegsambitionen

Insgesamt muss man diesen Plänen bescheinigen, dass sie - immanent
gedacht - durchaus Sinn machen. Sie sind die logische Schlussfolgerung
aus den Bedrohungsanalysen von Barnett und Cebrowski. Da beide in der
Weigerung, den Spielregeln neoliberaler Globalisierung zu gehorchen,
die Ursachen für das Scheitern von Staaten und das Anwachsen des
Terrorismus erblicken, wird die militärische Verbreitung und
Absicherung dieses Systems zu einem sicherheitspolitischen Imperativ:
"Solange wir nicht mit der systematischen, auf Dauer angelegten
Ausfuhr von Sicherheit in die Lücke beginnen, so lange wird die
Lücke in Form von Terrorismus und anderen Erschütterungen
zunehmend in den Kern exportieren."[20] Mit dieser Bedrohungsanalyse,
nebst den sicherheits- und militärpolitischen Schlussfolgerungen,
werden aber Ursache und Wirkung auf perfide Art und Weise verdreht. So
kommen bspws. neue Weltbankstudien zu dem Ergebnis, dass
Neoliberalismus Ursache und nicht Lösung vieler Probleme ist. Denn
die mit ihm einhergehende Verarmung weiter Teile der Weltbevölkerung
stellt laut Weltbank die wichtigste Ursache von Konflikten in der
Dritten Welt dar.[21] Diese Konflikte verursachen das Scheitern von
Staaten und schaffen damit Rückzugs- und Rekrutierungsgebiete
für Terroristen.
Armutsbekämpfung statt Interventionismus sollte also die
sicherheitspolitische Schlussfolgerung lauten.
Wer allerdings aber auf die Ausbeutung der Dritten Welt nicht
verzichten will, der ist tatsächlich gezwungen, die hierdurch
verursachten Konflikte mit immer mehr militärischen Kräften auf
möglichst niedrigem Niveau zu halten. Diese Entscheidung ist
gemeint, wenn man vom US-Militär als "Systemadministrator" spricht.
[...]

Endnoten

[...]
[6] Thomas Barnett, Die neue Weltkarte des Pentagon, in: Blätter
für deutsche und internationale Politik, 5/2003, S. 554-564.
[7] Arthur Cebrowski, Speech to the Heritage Foundation, 13.5.2003,
http://www.defensedaily.com/reports/cebrowski.pdf , S. 2; Cebrowski
gab an, die Umstrukturierung des US-Militärs basiere "primär
auf der Arbeit meines Assistenten für strategische Zukunft, Dr. Tom
Barnett." Ebd., S. 1.
[8] Arthur Cebrowski/Thomas Barnett, The American Way of War,  in:
Department of Defense: Trends in Transformation, 13.1.2003, S. 2.
[9] Mark Mazetti, Pax Americana: Dispatched to distant outposts, in:
U.S. News & World Report,0 6.10.2003.
[10] National Military Strategy of the United States of America 2004,
Joint Chiefs of Staff, June 2004; siehe bspws. auch den Quadrennial
Defense Review vom September 2001, S. 30, eines der wichtigsten
Planungsdokumente des US-Militärs. Dort ist die Rede von "einem
breiten Instabilitätsbogen, der sich vom Mittleren Osten nach
Nordostasien erstreckt. Das Gebiet enthält einen brisanten Mix aus
aufsteigenden und niedergehenden Regionalmächten. Die Regierungen
einiger dieser Staaten sind anfällig für Umstürze durch
radikale oder extremistische interne politische Kräfte oder
Bewegungen. Viele von diesen Staaten unterhalten große
Streitkräfte und besitzen die Fähigkeit an Massenvernichtungsmittel zu
gelangen."
[...]
[20] Barnett aaO.
[21] World Bank, Breaking the Conflict Trap: Civil War and Development
Policy, Oxford 2003. Vgl. hierzu ausführlich Claudia Haydt u.a.,
Globalisierung und Krieg, Hamburg 2003, S. 7-25.
[...]

------- End of Forwarded Message

Die "nicht-integrierte Lücke" würde ich als gegenüber dem OHA-System
entfremdeten Bereich betrachten. Dort funktioniert es nicht mehr und
deswegen wird mit stetig steigendem Gewalteinsatz versucht, das
irgendwie zu kaschieren. Da die Ursachen nicht beseitigt werden ist
dies der einzige "Weg".

Hier würde ich mit Jürgen Wagner übrigens nicht übereinstimmen: Auf
Grund des Scheiterns des kapitalistischen Weltsystems insgesamt können
die Ursachen auch immanent nicht beseitigt werden. Das hat nicht so
sehr mit der Aufrechterhaltung von Ausbeutung zu tun.

Wenn ich mir das emanzipatorisch ansehe, dann hat sich das OHA-System
von den *Menschen* das System natürlich schon lange entfremdet. Ob es
in der "nicht-integrierten Lücke" jemals gegenüber den Menschen nicht
entfremdet war, darf wohl ebenfalls bezweifelt werden. Das OHA-System
hat sich also - spätestens heute - zum Fetisch entwickelt, der nun
nicht mehr den Menschen dient, sondern lediglich dem abstrakten Zweck
seiner Selbsterhaltung. Dies sind wohl historisch die Zeiten, in denen
die schlimmsten Grausamkeiten passieren :-( .


						Mit Freien Grüßen

						Stefan


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