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------- Weitergeleitete Nachricht / Forwarded message ------- An: "Contraste Liste" <contraste-list yahoogroups.de> Organisation: Contraste e.V. Von: "Dieter Poschen" <CONTRASTE t-online.de> Datum: Mon, 26 Apr 2004 18:31:09 [PHONE NUMBER REMOVED] Betreff: [contraste-list] Fw: [FR] Landbesetzung in Los Angeles Antwort an: contraste-list yahoogroups.de [ Doppelklick auf diese Zeile zeigt Optionen für Abo-Liste ] CONTRASTE Monatszeitung für Selbstorganisation www.contraste.org ----- Original Message ----- From: "DNR Redaktionsbüro Info-Service" <info-berlin dnr.de> To: "#Soziales/Attac Diskussion" <attacmod-d listen.attac.de> Sent: Monday, April 26, 2004 4:33 PM Subject: Fw: [FR] Landbesetzung in Los Angeles Weitergeleitet durch DNR Redaktionsbüro Info-Service ++ Bitte im Verband etc. weiterleiten ++ Weitere Rubriken bestellen/Abbestellen/Information: www.dnr.de/publikationen/infoservice oder info-berlin dnr.de -- ----- Original Message ----- From: "Paul Buntzel" <paul buntzel.de> Sent: Friday, April 23, 2004 1:26 PM Ein spannender Artikel aus der FR von heute. Eine Landbesetzung von "illegalen" MigrantInnen mitten in Los Angeles... und ein gutes Beispiel solidarischer Ökonomie. Unter dem Begriff "Aneignung" gibt es in Berlin und anderen Städten in Deutschland s.g. "Umsonst-Kampagnen", die erstaunliche Ähnlichkeit mit dem theoretischen Hintergründen von LandbesetzerInnen-Bewegungen haben. Es lohnt sich ein Blick auf: www.berlin-umsonst.tk arranca.nadir.org/aktuell.php3 Und auf die Seite des BUKO27-Kongresses, der sich in diesem Jahr mit genau diesem Thema (allerdings in Zusammenhang mit Sozialabbau) beschäftigt. Viele Grüße, Paul Buntzel ============================== Beete auf der Brache Mitten in Los Angeles haben Mexikaner illegale Gärten angelegt - die Stadt kündigt die Räumung an VON HENRIK LEBUHN Eigentlich hat Pedro Barrera kaum einen Grund zum Lachen. Dennoch kann sich der gebürtige Mexikaner ein Schmunzeln nicht verkneifen, als er auf die reifen Bananenstauden in seinem Garten zeigt. "Die haben wir vor ein paar Jahren aus Mexiko mitgebracht. Illegal natürlich." Barrera steht mitten auf einer riesigen Industriebrache, die sich in den vergangenen Jahren in eine üppige Grünfläche verwandelt hat. Direkt hinter ihm blitzt die Skyline von Los Angeles durch dichte Blätter. Der Kontrast zwischen der grünen Oase und den verspiegelten Wolkenkratzern könnte größer kaum sein. Doch Barrera wird das Lachen bald vergehen. Die 14 Hektar Brachland, die er gemeinsam mit über tausend anderen Migranten mitten im Zentrum der kalifornischen Millionenstadt bewirtschaftet, werden vielleicht schon bald wieder einer Betonwüste gleichen. Demnächst soll hier mit dem Bau von Lagerhallen begonnen werden. Wenn nicht noch ein Wunder passiert. Aber daran arbeitet Barrera im Moment mindestens ebenso eifrig wie an seinem Garten. Vielleicht ist er deswegen so guter Dinge. Zurzeit wird die riesige Fläche in South Central L.A. von 347 Familien bewirtschaftet. Die meisten von ihnen kommen aus den verschiedensten Regionen Lateinamerikas und sind illegal in den Vereinigten Staaten. Sie nennen sich: Campesinos del Centro Sur. Seit die Stadt ihnen mit einer Räumung droht, treffen sie sich regelmäßig in den Seminarräumen der öffentlichen Bibliothek von South Central und diskutieren, wie man sich gegen die Politik der Stadt am besten zur Wehr setzen soll. Barrera ist einer von vier Sprechern, die die Campesinos im Rahmen ihrer Selbstverwaltung für ein Jahr gewählt haben. Pedro Barrera alias el Capitán steht in seinem Garten und zeigt mit ausgestrecktem Arm über das Gelände an der 41. Straße, Ecke Alameda. "Ziemlich genau zwölf Jahre ist es jetzt her, dass wir angefangen haben die Gärten anzulegen. Damals lag hier noch alles voller Schutt", erzählt er. Bis Anfang der 90er Jahre war das Gelände mit Lagerhallen bebaut. Gegen eine Entschädigung von 4,7 Millionen Dollar hatte die Stadt den Besitzer Mitte der 1980er Jahre enteignet und die Hallen dann abgerissen, um auf dem Gelände eine Müllverbrennungsanlage zu bauen. "Aber daraus ist nichts geworden", sagt Barrera. Zu heftig waren die Proteste der Anwohner und zu groß die Befürchtungen der Stadt, man könne im Elendsviertel South Central in ein Wespennest stechen. Unruhen in South Central Der vor allem von Schwarzen und Lateinamerikanern bewohnte Stadtteil am südlichen Rand des Financial Districts gilt als notorisch aufständisch. 1965 waren in South Central die Watts-Riots ausgebrochen. Die Verhaftung eines betrunkenen Autofahrers hatte damals bürgerkriegsähnliche Zustände ausgelöst. Polizei und National Guard brauchten sechs Tage, um den Aufstand niederzuschlagen. 34 Menschen wurden getötet, fast alle waren Schwarze. 1992, als der Bau der Mülldeponie anstand, kam es erneut zu schweren Unruhen. Ein kalifornisches Gericht hatte am 29. April 1992 mehrere Polizisten freigesprochen, die den Schwarzen Rodney King bei einer Verhaftung zusammengeprügelt hatten, während dieser wehrlos am Boden lag. Das Amateurvideo von dem Polizeiübergriff wurde von allen TV-Kanälen ausgestrahlt. Nach der Urteilsverkündung begannen in South Central die Ausschreitungen, die schnell auf andere Stadtteile übergriffen. In den Auseinandersetzungen kamen 50 Menschen um, 4000 wurden verletzt, der materielle Schaden belief sich auf mehr als eine Milliarde Dollar. 12 000 Personen wurden verhaftet. Vor diesem Hintergrund verzichtete die Stadt lieber auf den Bau der Mülldeponie. Das Grundstück wurde zwischen verschiedenen Behörden hin- und hergeschoben und letztlich sich selbst überlassen. "Und jetzt sind wir hier", sagt el Capitán. Nach und nach sind die Familien auf die Brachfläche gekommen. Sie haben den Bauschutt abgeräumt, Parzellen eingeteilt und angefangen, die Erde zu bestellen. Die Los Angeles Food Bank, die das Gelände zur Zeit verwaltet, duldet die Gruppe inoffiziell. Einen offiziellen Anspruch auf die Nutzung der Fläche haben die Campesinos nicht, was ihnen nun nach zwölf Jahren zum Verhängnis wird. Der ursprüngliche Besitzer, der Unternehmer Ralph Horowitz, hat sich im Zuge der Enteignung eine Rückkaufklausel einräumen lassen und will das Gelände nun wiederhaben. Doch die Campesinos wissen sich zu wehren: Sie demonstrieren, sammeln Unterschriften, betreiben eine eigene Website. Gerade erst hat der Schauspieler James Cromwell Solidaritätsgrüße geschickt. Den ersten Räumungstermin hat die Stadt am 27. Februar dieses Jahres verstreichen lassen. Am 16. März setzte ein Gericht die Räumung in erster Instanz aus, bis der Konflikt geklärt ist. Doch die Situation der Familien bleibt prekär, und ob der Widerspruch durchkommt, ist mehr als fraglich. Die Gärten sind ein faszinierender Mikrokosmos lateinamerikanischer Biodiversität. Jede der 347 Familien scheint die typischen Pflanzen ihrer Heimat anzubauen. Neben Beeten mit traditionellen Heilkräutern aus dem mexikanischen Bundesstaat Veracruz finden sich die verschiedenen Gemüsesorten der Küstenregion El Salvadors. Auf der nächsten Parzelle experimentiert jemand mit der Kreuzung von Apfelsorten. Dass die Campesinos das Brachgelände binnen kurzer Zeit in ein Sammelsurium exotischer Nutzpflanzen verwandelt haben, hat sich auch im Viertel herumgesprochen. Jedes Wochenende kommen hunderte von Nachbarn, um durch die grünen Gärten zu schlendern. Gemüse, Obst und Kräuter werden verkauft, getauscht und verschenkt. Besonders beliebt sind traditionelle Heilpflanzen. Die naturheilkundliche Beratung gibt es umsonst dazu. Samen geschmuggelt Don Gonzales war auf dem Gelände an der 41. Straße von Anfang an dabei. Der schlaksige Mann ist ungefähr 50 Jahre alt. Seit zwölf Jahren bewirtschaftet er hier ein Stück Land. Nachts arbeitet er in einer Druckerei, den Tag verbringt er meist in seinem Garten. Wo die Campesinos denn die Pflanzen her hätten? "Na, die bringen wir von zu Hause mit." Wird man bei der Einreise, selbst wenn sie legal ist, mit all den Samen, Gemüse und Früchten überhaupt in die USA gelassen? Don Gonzales schüttelt den Kopf. "Offiziell ist das natürlich streng verboten. Die Leute schmuggeln die Samen ins Land, um sie dann hier anzupflanzen." Resigniert guckt er zu Boden: "Ya nos vamos - jetzt gehen wir", sagt Don Gonzales noch. Kampflos geben die Campesinos ihr Land allerdings nicht her. Nur ist der politische Widerstand für illegalisierte Migranten eben nicht ganz ohne Gefahr. Und deswegen hängt man das auch nicht an die große Glocke. Pedro Barrera rückt jedenfalls erst auf Nachfrage damit heraus, dass die Campesinos bereits seit mehreren Wochen ein handfestes Bündnis mit den politischen Gruppen aus South Central schmieden. Das ist insofern überraschend, als dieser Stadtteil als Wiege der radikalen Schwarzenbewegung in Los Angeles gilt, deren politischer Anspruch zwar durchaus von Klassenbewusstsein geprägt war, sich gleichwohl aber auf afroamerikanische Identitätspolitik beschränkte. Drei Jahrzehnte nach den Black Panthern, die vor allem politische und soziale Basisarbeit in den schwarzen Elendsvierteln leisteten, macht eine New-Black-Panther-Bewegung ohne soziale Basis von sich Reden, die sich weniger durch politische Praxis in den Stadtvierteln als vor allem durch schwarz-nationalistischen Verbalradikalismus auszeichnet. Mit einer solchen Politik wollen auch viele der alten Black-Panther-Aktivisten nichts zu tun haben. Was das Verhältnis von Schwarzen und Latinos in South Central angeht, kann die Zunahme von Konkurrenz- und Verdrängungskonflikten im Viertel eigentlich kaum verwundern. Geradezu zynisch klingt es, wenn Mike Davis auf den ökonomischen Vorteil der illegalen Lateinamerikaner hinweist, mit dem diese im Wettbewerb gegen die einheimischen Niedriglohnbeschäftigten antreten. Das behauptete ,Privileg der braunen Haut', das die eingewanderten Latino-Arbeiter in der Sweatshop-Ökonomie angeblich besitzen, besteht darin, dass sie sich schlechter gegen Zwang und Überausbeutung wehren können, so der Stadtsoziologe in seiner L.A.-Studie City of Quartz. Die Versammlungen der Campesinos werden freilich seit einigen Wochen regelmäßig von Vertretern schwarzer Stadtteilgruppen besucht. Royalyn Starks ist eine von ihnen. Die Journalistin arbeitet für die afroamerikanische Zeitung Wave. Wenn sich im Seminarraum der öffentlichen Bibliothek von South Central die ersten Latinos einfinden, setzt sich Royalyn Starks nebenan zunächst mit drei alten Polit-Aktivisten zusammen. Gemeinsam stimmen sie ihr Vorgehen ab, um sich dann zu den anderen zu begeben. Für den Ernstfall vorgesorgt Die verschiedenen Interessen der einzelnen Gruppen zeichnen sich deutlich ab: Den schwarzen Stadtteilgruppen ist klar, dass die Lateinamerikaner es mit ihrem Stück Land ernst meinen und mit ihren Protesten viel zu einer Repolitisierung des Stadtviertels beitragen könnten. Die Campesinos dagegen suchen Rückhalt und Unterstützung im Viertel. Und sie suchen Verbündete, die sich nicht bei jeder öffentlichen Aktion vor der Frage nach der Aufenthaltserlaubnis fürchten müssen. Alle gemeinsam haben sie es satt, sich entlang vermeintlich ethnischer Grenzen gegenseitig das Viertel streitig zu machen. So weit zumindest die Theorie. Wenn es in der Mittagssonne in den Gärten an der 41. Straße zu heiß wird, hält Pedro Barrera Siesta unterm großen Strohdach im Gemeinschaftsbereich. Tische und Stühle haben die Campesinos dort aufgestellt, und einen Kühlschrank mit Bier und Limonade gibt es auch. Eine Gruppe älterer Männer sitzt rauchend um einen wackligen Holztisch und spielt Domino. Angesichts der Tatsache, dass der Fortbestand der Gärten zur Zeit am seidenen Faden hängt, wirkt die Ruhe geradezu absurd. Was sie denn vorhaben, wenn die Bulldozer anrollen und das Gelände geräumt wird, wo doch die meisten nicht mal legal im Land sind? "Naja...", druckst el Capitán, und die Männer am Nebentisch gucken herüber. "Wir haben uns mit einer Obdachlosenorganisation getroffen. Und wenn es hart auf hart kommt, dann werden die das Gelände besetzen." Da lacht Barrera wieder verschmitzt. ---- CONTRASTE - Monatszeitung für Selbstorganisation http://www.contraste.org ---- contraste-list anmelden: contraste-list-subscribe yahoogroups.de contraste-list abmelden: contraste-list-unsubscribe yahoogroups.de ---- Yahoo! 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