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Message 00612 [Homepage] [Navigation]
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[chox] WSIS:... heftiger Streit über Grundsatzpositionen und das Prozedere



WSIS: "Regierungen, hört uns zu oder lasst uns alleine..."
 [29.09.2003 15:57 ]

Die NGOs beurteilen den Stand der Vorbereitungen zum UN-Weltgipfel für 
Informationsgesellschaft skeptisch; die wenigen Erfolge der 
Zivilgesellschaftsgruppen, etwa die Aufnahme von freier Software in die 
Erklärung, stehen möglicherweise wieder auf dem Spiel. Mindestens ein 
weiteres Vorbereitungstreffen für den Weltgipfel der 
Informationsgesellschaft[1] muss es geben, verkündete Verhandlungsleiter 
Adama Samassekou. Nach zwei Wochen Verhandlungsmarathon brach am Freitagabend 
ein heftiger Streit über Grundsatzpositionen und das Prozedere unter den 
Regierungsdelegationen aus. Nur mit Mühe gelang es Samassekou, die dritte 
Vorbereitungskonferenz einigermaßen geordnet zu beenden. Jetzt müssen die 
Gipfelteilnehmer zwischen dem 10. und 14. November nachsitzen[2]. 


Eigentlich wollten die Delegationen bei der 3. Vorbereitungskonferenz die 
beiden Hauptdokumente für den Gipfel, die Grundsatzerklärung und den 
Aktionsplan, dieses Mal abschließen. Doch schon am Freitagmorgen war klar, 
dass man bei einer Reihe von Fragen vom abschließenden Konsens noch deutlich 
entfernt ist. Vor allem bei der Finanzierung, dem Recht auf 
Informationsfreiheit im weitesten Sinn und beim Spezialthema 
Netzverwaltung[3] ist man von einem Konsens noch weit entfernt. Als 
Samassekou den aktuellen Entwurf der Grundsatzerklärung zur Basis für die neu 
eingeplanten Zusatzsitzungen verabschieden lassen wolle, kam es zum Eklat. 


Das Dokument enthalte nicht die in den Arbeitsgruppen erzielten Ergebnisse, 
beklagte sich der Vertreter der syrischen Regierungsdelegation. Ein 
kenianisches Delegationsmitglied kritisierte, dass sein Vorschlag, die ITU 
mit einem Entwurf für das Netzmanagement zu beauftragen, unterschlagen worden 
sei. Transparenz und Informationszugangsfreiheit werde wohl nicht einmal auf 
dem Gipfel selbst realisiert. Selbst Kanadas Delegationsleiterin monierte, 
dass über die Grundlage für weitere Verhandlungen erst abgestimmt werden 
könne, wenn diese auch allen Delegierten vorliege. Das WSIS-Sekretariat kam 
kaum nach mit zusätzlichen Annexen und Addenda. 


Ob die geplanten Zusatzsitzungen am Ende das gewünschte Ergebnis bringen, 
bleibt spannend. Vor allem afrikanische Vertreter warnten am Freitag davor, 
dass zusätzliche Sitzungen ihre eigenen finanziellen Möglichkeiten 
übersteigen. Vor allem Samassekous Idee, zwei weitere Treffen zu 
veranstalten, stieß auf Widerstand. "Damit wird ein finanzieller Filter für 
die Teilnahme schaffen", warnte ein Vertreter. Insgesamt steht man vor einem 
Finanzierungsproblem. Die ITU, die bislang Räume und Manpower zur Verfügung 
gestellt hatte, habe ihre Mittel erschöpft, sagte Samassekou.


 Auch für die zivilgesellschaftlichen Gruppen stellen die Extrarunden eine 
beträchtliche finanzielle Belastung dar. Zum November-Treffen wird zum 
Beispiel die den Grünen nahestehende Heinrich-Böll-Stiftung voraussichtlich 
nur noch einen anstelle von vier Vertretern nach Genf schicken, sagte Ralf 
Bendrath, Webmaster der Böll-Gipfelseite[4]. Doch damit stehen die wenigen 
Erfolge in inhaltlicher Sicht, etwa die Aufnahme von freier Software in die 
Erklärung, wieder auf dem Spiel. Leicht können sie dann wieder in den 
Schubladen verschwinden.


 Die NGOs (Nicht-Regierungsorganisationen) schwankten in ihrer 
Abschlussbewertung der Runde 3 beträchtlich. Die Abschlusspressemitteilung 
wurde mehrfach verändert. Am Ende -- wohl unter dem Eindruck der 
abschließenden chaotischen Plenarsitzung -- schlug man einen kritischen Ton 
an. Man werde dem Prozess nicht um jeden Preis Legitimität verleihen und 
bereite auf jeden Fall eine eigenen Deklaration vor. Von 31 Essentials der 
Zivilgesellschaften, so rechnet Bendrath vor, wurden lediglich 3 
berücksichtigt, 14 wurden zunächst zurückgestellt und 13 komplett abgewiesen. 
Trotz der erklärten Fortschritte bei der Zusammenarbeit zwischen europäischen 
Regierungsvertretern und den europäischen NGOs, titelte der 
Böll-Abschlussbericht[5] der Heinrich-Böll-Stiftung daher frei nach John 
Perry Barlow: "Regierungen, hört uns zu oder lasst uns alleine im 
Informationszeitalter!"


 Zum Weltgipfel für die Informationsgesellschaft siehe auch: 

Kollaps beim Endspurt[6] -- Der Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (WSIS) 
auf der Intensivstation
 
Stillstand bei Verhandlungen[7]
 
Ringen um die Netzverwaltung[8]
 
Kritik an Vorbereitungskonferenz zum WSIS[9]
 
Endspurt auf dem Weg zum Weltgipfel der Informationsgesellschaft[10]
 
IT -- für alle und nachhaltig? in c't Ausgabe 15/2003[11] auf S. 51
 
"Magna Charta" der Wissensgesellschaft steht zur Diskussion[12]
 
Ein steiniger Weg zum Weltgipfel der Informationsgesellschaft[13]
 
Die "Civil Society" und die Weltinformationsgesellschaft[14]
 
Von den Visionen zur Realität[15] -- Zivilgesellschaft auf der Treppenleiter 
zum Weltgipfel der Informationsgesellschaft
 
Ideen für eine Weltinformationsgesellschaft[16]
 
Wer soll über Internet-Zukunft entscheiden?[17]
 
Magna Charta der Wissensgesellschaft[18]
 
(Monika Ermert) / (jk[19]/c't)

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  [2] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/15738/1.html
  [3] http://www.heise.de/newsticker/data/anw-25.09.03-008/
  [4] http://www.worldsummit2003.de/
  [5] http://www.worldsummit2003.de/en/web/475.htm
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  [10] http://www.heise.de/newsticker/data/anw-15.09.03-000/
  [11] http://www.ctmagazin.de
  [12] http://www.heise.de/newsticker/data/wst-22.05.03-002/
  [13] http://www.heise.de/ct/aktuell/data/jk-02.03.03-002/
  [14] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-23.02.03-002/
  [15] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/14255/1.html
  [16] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-18.02.03-002/
  [17] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-18.02.03-000/
  [18] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-13.02.03-010/
  [19] jk ct.heise.de 


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