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Thread: choxT00534 Message: 1/2 L0 | [In date index] | [In thread index] | |
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Der Mitherausgeber von DIE ZEIT schreibt in der neuesten Ausgabe http://www.zeit.de/2003/50/Kapitalismus Nachfolgend Auszüge. Es wird immer deutlicher: Weniger persönlicher Reichtum als vielmehr die Konzentration von finanzieller Verfügungsmacht und massenpsychologischer Einflussmacht in relativ wenigen Händen entwickelt sich zu einer ernsten Gefahr für eine offene Gesellschaft. Die hohe Geschwindigkeit der Übermittlung von Verfügungen, Daten und Nachrichten sowie deren massenhafte Verbreitung können binnen sehr kurzer Zeit enorme Dominoeffekte auslösen. Wo Spekulation und Leichtfertigkeit Unternehmen oder Banken in Gefahr gebracht haben, wo deshalb die Versuchung zum Verbergen und Vertuschen, zur Täuschung und zum Betrug sich ausbreitet, dort stehen wir am Rande des Verfalls. Wo Kapitalismus und Moral sich gegenseitig ausschließen, dort stecken wir bereits tief im Sumpf. Der rücksichtslose Gebrauch der Macht einiger Manager großer Verbände, Konzerne, Geldinstitute und Medienkomplexe kann zu einer ernsten Gefahr für den Bestand der offenen Gesellschaft werden - jedenfalls dann, wenn die gewählten Politiker in Parlament und Regierung die Gefährdungen nicht erkennen, ihnen nicht entgegentreten oder wenn sie sich sogar mit dem Missbrauch verbünden. Silvio Berlusconi gibt ein provozierendes Beispiel. Wenn sich das Prinzip des Überlebens allein der Rücksichtslosesten und der Stärksten, wenn sich dieser Sozialdarwinismus weiter ausbreiten sollte, dann können der innere Zusammenhang und die Solidarität unserer Gesellschaft zerbröseln. Die außerhalb des marktwirtschaftlichen Prozesses unabdingbar notwendige Sozialpolitik ist schon überfordert. Hellsichtig hat Marion Dönhoff deshalb vor Jahr und Tag verlangt, „den Kapitalismus zu zivilisieren". Sie hat mit vollem moralischen Recht verlangt, die Manager sollten nie vergessen, dass auch sie als Bürger dem Gemeinwesen verpflichtet sind, das heißt: der Gesamtgesellschaft und dem Staat. Gegen die unmoralischen Auswüchse ist der unter Gerhard Crommes Vorsitz erarbeitete „Deutsche Corporate Governance Kodex" ein erster Lichtblick. Der Kodex enthält Empfehlungen für verantwortliche Unternehmungsführung; er ist zwar nicht rechtlich verbindlich, wohl aber ist eine börsennotierte Gesellschaft gesetzlich verpflichtet, zu erklären, ob und wieweit sie den Kodex anwendet. Es wird jedenfalls noch eine lange Zeit vergehen, bis sich Ralf Dahrendorfs vor Jahren geäußerte Hoffnung verwirklicht, ein „moralischer Kapitalismus" werde „vielleicht der nächste Schritt in unserer Entwicklung". Tatsächlich hat in Deutschland immer eine Art „moralischer Kapitalismus" existiert. Dieser erstaunlich anmutende Begriff trifft zum Beispiel auf jene Kapitalisten zu, welche die Erträge ihres Kapitals unwiderruflich ganz oder teilweise dem öffentlichen Wohl zugewendet haben. Dazu gehören die Inhaber mancher der großen privaten Firmen, deren Erträge gemeinnützigen Stiftungen zufließen, so Bosch, Krupp, Mohn/Bertelsmann, Körber, Bucerius/ZEIT, Hertie - und daneben Tausende weitgehend unbekannter privater, aber gemeinnütziger Stiftungen. Lasst uns solche Stifter, die in vorbildlicher Weise dem Gemeinwohl dienen, öffentlich ehren, damit sie weithin zu Vorbildern werden! _______________________ http://www.oekonux.de/
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