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Hi Alois-Markus und Chatters! Ich verlagere diesen Thread mal in chat oekonux.de Vielleicht kannst du dich da ja anmelden, weil ich die Debatte schon interessant finde. Weil's schon wieder so ewig her ist zitiere ich mal komplett. Last month (37 days ago) Alois Kellerich wrote:
On Tue, 29 Jul 2003 01:07:44 [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Merten <smerten oekonux.de>Ich stimme deinen Bemerkungen zur Polizei etc. voll zu. Aber... Yesterday Alois Kellerich wrote:zurück zur bemerkung, die meinen einspruch provozierte: ich halte es nicht nur für naiv und gefährlich, bei der suche nach 'wie komme ich aus der eigentumsordnung hinaus' ausgerechnet auf apparate zu setzen, deren zweck die letztendlich mit allen mitteln gewaltsame aufrechterhaltung des eigentumsregimes ist. sondern ich halte es auch für analytisch zu kurz gegriffen, die 'gewaltmittel' als mittel zum schutz von eigentümern zu sehen. das passiert nur nebenbei. der zweck dieser mittel ist der schutz der eigentumsordnung. und da ist dann plötzlich ein eigentümer gleicher als der andere....die Frage, die ich habe, ist die: Gibt es in dieser Sache nicht einen sachlichen Kern, der im bürgerlichen Staat eben so ausgebaut wird, wie du es dargestellt hast?dahinter steckt die frage nach dem natürlichen, biologischen kern sozialer gewalt.
Deine Antwort ist also, dass der sachliche Kern ein biologischer ist. Hmm... Das halte ich für eine falsche Perspektive. Mir geht's jedenfalls gerade nicht um die Biologie sondern um das Soziale. Und das ist halt eben nicht *na*türlich (aka biologisch) sondern *kul*türlich. Damit hat es ein ganz anderes Set von Freiheitsgraden als biologische Phänomene und nur weil das so ist können wir uns überhaupt über verschiedene Gesellschaftsformen unterhalten. Das kultürliche würde ich übrigens im wesentlichen als so eine Art sozialer Software bezeichnen.
diese frage wird in der verhaltensforschung (ethologie) diskutiert im zusammenhang mit dem 'aggressionstrieb'.
Danke für den Hinweis aber ich habe nicht das Gefühl, dass es mir um diese eher archaischen Teile des Menschen geht - womit ich nicht ihre Präsenz bestreite.
neuerdings spielen vermehrt hypothesen aus der genforschung in diese diskussion. ich halte vor allem auch im hinblick darauf, worums in dieser liste geht (soweit ich das beurteilen kann) einen beitrag des *linguisten* chomsky für erhellend, mit dem ich mich zunächst aus der affäre ziehe: "Es scheint mir, daß [Konrad] Lorenz' Ansichten über die menschliche Aggression fast bis zur Absurdität erweitert wurden. Es ist zweifellos wahr, daß es in der psychischen Konstitution des Menschen angeborene Tendenzen gibt, die unter spezifischen sozialen und kulturellen Bedingungen zu Aggressivität führen. Aber es besteht wenig Grund zu der Vermutung, daß diese Tendenzen uns so beherrschen, daß wir uns für alle Zeit am Rande des Abgrunds eines Krieges aller gegen alle im Sinne Hobbes' bewegen - worüber, nebenbei bemerkt, sich zumindest Lorenz völlig im klaren ist, falls ich ihn richtig gelesen habe. Es ist sicherlich eine gewisse Skepsis am Platze, wenn eine Lehre von der »inhärenten Aggressivität« des Menschen in der Gesellschaft an die Oberfläche dringt, die den Wettbewerb glorifiziert, in einer Zivilisation, die sich durch die Brutalität der Angriffe auszeichnet, den sie gegen weniger vom Glück begünstigte Völker gerichtet hat." Chomsky (1970): Sprache und Geist: Mit einem Anhang: Linguistik und Politik. Theorie, Frankfurt/M.: Suhrkamp, S. 157.
Da hat Chomsky sicher recht - wie so oft. Um diese Rechtfertigung geht's mir aber nicht - ich hoffe, dass ich das nicht betonen muss.
Was ist mit dem, was du als in der bürgerlichen Vergesellschaftung nur als nebenbei passierend dargestellt hast, in einer emanzipatorischen Vision?wenn ich eine gesellschaft zu erahnen versuche, in der bedürfnisse frei befriedigt werden, warum sollte sich aggression dann noch im konflikt um etwas äussern, was wir heute noch als eigentum meinen schützen zu müssen?
Na ja, die Frage ist natürlich schnell beantwortet: Überhaupt nicht mehr, weil es kein Eigentum mehr gibt in der Form wie ich den Begriff fasse.
vielleicht wird es räume geben, die es erlauben, den aggressionstrieb gemeinsam und in spielerischer form zu bewältigen, weil das viel mehr spass macht, kinder tun das heute schon und jugendliche, die gute freunde sind und miteinander z.b. sportfechten (den sport also nicht betreiben, um erster zu werden bei einem wettkampf - sondern um sich mal wieder richtig die keulen um die ohren zu schlagen). heute wird der aggressionstrieb eben in die objektiv zwingende konkurrenzförmige vergesellschaftung kanalisiert, weil es sich dort eben mehr lohnt als im spiel...
Du meinst also letztlich, dass der Aggressionstrieb keine soziale Funktion jenseits spielerischen Auslebens desselben hat und wir deswegen in den nicht-spielerischen Sozialbeziehungen getrost darauf verzichten können. Das glaube ich (inzwischen) nicht mehr. Mein super-einfaches Beispiel ist immer Spam-Abwehr. Verallgemeinert: Sozial unangepasstes Verhalten.
Denkst du, dass es ganz ohne Gewalt abgeht?nein. wie gesagt. mit aggressionen wird umzugehen sein.
Gewalt hat für mich nicht unbedingt was mit Aggression im emotionalen Sinn zu tun. Anyway ist die Frage, wie du Gewalt definierst. Ich neige einem opferorientierten Gewaltbegriff zu, nach dem ein Opfer das definiert.
Wenn nicht, wie könnte sie organisiert sein?ich will mir keine gedanken machen, wie gewalt zu organisieren ist. dafür ist mir meine wenige institutionelle phantasie zu schade.
Das halte ich für einen gefährlichen Kurzschluss - wenn es auch nachvollziehbar ist, dass mensch sich an so einem Thema nicht so gerne die Finger schmutzig macht.
sondern wie ich gewaltorganisationen abwickele. phantasie bei gewaltfreien organisationsformen und mut bei deren anwendung. ausdauer bei deren langsamer durchsetzung und der verdrängung der derzeit dominierenden gewaltträchtigen organisationsformen.
Das setzt voraus, dass Gewalt einfach nur ein im Grunde überflüssiges Add-On ist. Den Aggressionstrieb spielen wir weg und damit ist es dann erledigt. Das halte ich (mittlerweile) deswegen für eine gefährliche Haltung, weil ich glaube, dass die Voraussetzung schlicht falsch ist. Gewalt hat m.E. eine soziale Funktion auch jenseits spielerischen Auslebens. Wenn das aber so ist, dann müssen wir uns damit auseinandersetzen und auch Antworten finden - zumindest perspektivisch. Ansonsten wird sich die ganze Chose hinten rum durchsetzen - und noch unhandhabbarer. Mit Freien Grüßen Stefan _______________________ http://www.oekonux.de/
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