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Die geplante Einführung von Software-Patenten und ihre Auswirkungen
Inhalt
1. Kurzfassung
2. Hintergrund
3. Begriffe
4. Der derzeitige Stand in Europa
4.1. Software-Patente sind illegal
4.2. Die Akteure
5. Der derzeitige Stand außerhalb der EU
5.1. Der derzeitige Stand in den USA
5.2. Der derzeitige Stand in Japan
6. Die internationale Vertragslage
6.1. TRIPS
6.2. EPC
6.3. Weitere Bestrebungen
7. Patente im Allgemeinen - gut oder schlecht?
7.1. Patente als Wirtschaftsfaktor
7.2. Triviale Patente
7.3. Mißbrauch von Patenten
7.4. Steuerliche Aspekte
7.5. Folgerung
8. Bestrebungen für Software-Patente
8.1. Wem nützen Software-Patente?
8.2. Argumente für Software-Patente
8.2.1. Software-Patente fördern, wie Patente allgemein, die
Innovation
8.2.2. Patente schützen das geistige Eigentum
8.2.3. Startup-Firmen benötigen Patente, um Investoren
anzulocken
9. Die geplante EU-Direktive
9.1. Das Memorandum
9.2. Die Präambel
9.3. Die Artikel
9.4. Reaktionen auf die Direktive
10. Fazit
11. Anhang: Studien
11.1. Studie "How SMEs perceive software protection"
11.2. Studie "The Patentability of computer programmes"
11.3. Studie "An Empirical Look at Software Patents"
12. Danksagung
1. Kurzfassung
In Europa sind derzeit, anders als in den USA, Patente auf Programme, Ideen
und Geschäftsmodelle, noch illegal. Bedauerlicherweise hat das Europäische
Patentamt (EPA) dennoch seit mindestens 1986 solche Patente vergeben. Deren
Zahl ist in den letzten Jahren exponentiell gestiegen und liegt nun bei
mindestens 30.000. Da praktisch keine Prüfung eines eingereichten Patents
mehr stattfindet, befinden sich darunter zahlreiche mißbräuchliche Patente,
die irgendwelche Trivialitäten patentieren - selbst den »Fortschrittsbalken«
und andere Dinge, die jeder Schüler in fünf Minuten entwerfen kann. Nun gibt
es Bestrebungen, die Aushöhlung des Gesetzes durch das EPA zum Gesetz zu
erheben. Hierzu wurde 2002 ein Richtlinien-Entwurf eingereicht, für den die
Parlamentarierin Arlene McCarthy (Labour-Partei, UK) verantwortlich zeichnet.
In Wirklichkeit handelt es sich dabei um einen nur wenig modifizierten
Entwurf der BSA. Die BSA ist ein Zusammenschluß US-amerikanischer Konzerne,
der durch fragwürdige Aktionen und die pauschale Verdächtigung aller Nutzer
proprietärer Software als Raubkopierer bereits jeglichen Kredit verspielt
hat. Es ist schwer einzusehen, wie eine US-gesteuerte Direktive im Interesse
der europäischen Unternehmen sein könnte und was die US-Firmen in der
europäischen Gesetzgebung überhaupt zu suchen haben. Die meisten
Software-Patente werden von multinationalen Konzernen gehalten. Nicht, weil
diese innovativer als die kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs, englisch
SMEs für Small and Medium Enterprises) sind, sondern weil die KMUs es sich
nicht leisten können, wertvolle Ressourcen für die Beantragung von Patenten
zu verschwenden, deren Nutzen fragwürdig ist. Das von McCarthy vorgelegte
Papier enthält Übertreibungen, die die Notwendigkeit der Direktive
rechtfertigen sollen, unbewiesene Behauptungen und Lügen. Keine der platten
Behauptungen, daß Patente für Innovation und Schutz sorgen und der gesamten
Wirtschaft nützen, wird bewiesen. Etliche Aussagen lassen sich als glatte
Lügen erkennen. Die Präambel des Papiers gaukelt dem Leser vor, daß Software
auch in Zukunft nicht patentierbar sei. Liest man jedoch genauer, so stellt
man fest, daß entscheidende Begriffe nicht definiert werden und daß
absichtlich Unklarheiten und Zweideutigkeiten eingebaut wurden. Das Resultat
ist, daß nach der neuen Direktive alles patentierbar ist, was nur den
Anschein von Nicht-Offensichtlichkeit erweckt. Nicht nur Software, sondern
auch Ideen und Geschäftsmethoden wären patentierbar. Würde die Direktive von
Europäischen Parlament angenommen, müßte sie in einer gewissen Frist in
nationale Gesetze umgesetzt werden. Damit wären alle bislang illegalen
Software-Patente plötzlich legal. Wir hätten die gleichen Zustände wie in den
USA, nur wahrscheinlich mit noch weniger Kontrolle. Eine Flut von
Lizenzforderungen würde auf alle Software-Entwickler zukommen. Die Großen der
Branche könnten sich mit Patentaustausch und langwierigen Prozessen über
Wasser halten, die kleineren Firmen und Entwickler, egal ob sie proprietäre
oder freie Software schreiben, hätten nur zwei Möglichkeiten: Entweder viel
Geld und Zeit in einen Prozeß zu investieren, oder gleich zu zahlen, um
wenigstens die Zeit zu sparen. Viele müßten ihre Geschäfte einstellen.
Abzockern, die Patente nur erwerben, um sie zu gegebener Zeit auszubeuten,
wären alle Türen geöffnet. In den USA sind solche Praktiken bereits üblich.
Die Frage, wem diese Direktive nützt, ist damit auch leicht zu beantworten:
Internationalen Konzernen und Patent-Anwälten. Zudem würde das Europäische
Patentamt an Macht gewinnen. Kleinere Firmen haben bis auf Ausnahmefälle nur
Nachteile.
http://www.pl-berichte.de/berichte/softwarepatente.html
_______________________
http://www.oekonux.de/
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