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[chox] AAB aufgelöst .... Für den Kommunismus!



Date:  Fri Feb 14, 2003  8:57 pm
Subject:  (Fwd) Auflösung der AAB

 

------- Forwarded message follows -------
Erklärung zur Auflösung der Antifaschistischen Aktion Berlin (AAB)

Die Antifaschistische Aktion Berlin (AAB), unter anderem Namen seit 
1993
in Berlin aktiv, hat sich am 13. Februar 2003 um 20.32 Uhr aufgelöst.
Gegenwärtig sieht es so aus, als würden sich zwei neue Gruppen
konstituieren, die jeweils etwas weniger als die Hälfte der ehemaligen
AAB-Mitglieder vereinen. Eine davon sind wir. Da es für jede dieser
beiden Gruppen anmaßend wäre, weiter als AAB aufzutreten, 
gleichzeitig
aber noch keine neuen Namen gefunden wurden, sprechen wir der
Einfachheit halber in diesem Text von uns als Die Bessere Hälfte, von
den anderen als Die Anderen.
Im Folgenden werden wir versuchen, sowohl die allgemeinen (die
Gesellschaft und die Linke betreffenden) Veränderungen und die 
konkreten
gruppeninternen Prozesse zu beleuchten, soweit sie zum Verständnis 
der
Auflösung notwendig sind. Selbstverständlich haben im 
Spaltungsprozess
einer Gruppe wie der AAB persönliche Animositäten und das 
Fehlverhalten
Einzelner eskalierende Auswirkungen. Wir werden aber versuchen, uns 
in
dieser Auflösungserklärung auf die Darlegung der inhaltlichen und
konzeptionellen Konflikte, soweit sie für die Debatte um die 
Bedingungen
und Möglichkeiten linksradikaler Politik interessant sind, zu
beschränken. Anekdoten dienen ausschließlich der Veranschaulichung. 
Dem Zweck des Papiers ist geschuldet, dass die Konflikte eindeutiger 
und
die Fraktionen homogener erscheinen als sie tatsächlich sind. Damit 
wird
der Vielschichtigkeit des wirklichen Lebens Unrecht getan. Auch dies
dient der Veranschaulichung.

Entscheidend war nach unserem Verständnis die Veränderung der
Rahmenbedingungen unserer Politik, die zentrale Strategien von uns in
die Krise geführt hat ("die Linke sammeln", "die linke Geschichte lässt
sich nur als ganzes verteidigen" usw., wir kommen darauf zurück). Mit
der Konzentration auf Aktionen und dem Anliegen der
strömungsübergreifenden Kooperationsfähigkeit sollten linken
sektiererischen Entwicklungen entgegengewirkt werden. Dass diese
Konzentration zu einer gewissen inhaltlichen Leere führt, war bereits
einer unserer zentralen Auswertungspunkte zum Ende der AABO 
(anders als
bei den anderen BO-Gruppen). Dennoch ist es uns nicht gelungen, den
Problemen in der eigenen Gruppe zu entgehen, was unserer 
Vorstellung
nach wiederum damit zusammenhängt, dass sich aus unserem
Politikverständnis heraus eine Wahrnehmung von Kritik als Nörgelei, 
von
Hinterfragung linker Grundlagen als Praxishindernis und Sektiererei
entwickelt hat.
Mit der Entwicklung einer Vielzahl von Konflikten in den letzten 
Monaten
hatte sich herauskristallisiert, dass der abstrakte Grundkonsens der
Gruppe - strömungsübergreifend, aktionsbezogen, ansprechbar zu 
sein, mit
einem linksradikalen und kapitalismuskritischen Selbstverständnis und
dem Ansatzpunkt Antifaschismus - als einigendes Band zu locker war.
Gefangen in der Eigendynamik einer zunehmenden Fraktionierung, 
wurden
immer öfter Abstimmungen notwendig, die zunehmend knapper 
ausfielen und
an Verbindlichkeit verloren. Höhepunkt dieser Entwicklung war, dass
einzelne Repräsentanten aus den Reihen der Anderen, die über hohe 
medial
Präsenz verfügten, wiederholt ihre persönlichen Ansichten und nicht
dieMehrheitsbeschlüsse zur Grundlage ihres öffentlichen Auftretens im
Namen der AAB machten. 
Hierbei waren linksradikale Kinkerlitzchen wie die
Palästina-Solidaritäts-Maskerade des AAB-Lautsprecherwagens auf 
der
Rosa-Luxemburg-Demonstration mit dem Abspielen von
"Palästina-dein-Volk-wird-siegen"-Schlagern und dem Skandieren
anti-antideutscher Parolen nur der letzte Ausdruck. Entscheidender war
etwa die Auswertung der Antifa-Bewegung in unserem Namen (veröff. 
in
Phantomas und antifa.de), die sich mit dem Fehlverhalten einzelner
Antifas, die die Bewegung durch den Gang ins Fitness-Studio und den 
Kauf
teurer Klamotten untergraben auseinandersetzte, oder das aktuelle
Interview zum Krieg in der Jungen Welt). 

Die Folge dieser Entwicklung waren der fast vollständige Verlust
politischen Vertrauens innerhalb der Gruppe, die Einschränkung der
eigenen Handlungsfähigkeit und ein disparates Bild nach außen.
Die bessere Hälfte wollte dennoch keinen Bruch, sondern hat versucht,
einen gemeinsamen Diskussionsprozess über die Neubestimmung 
zeitgemäßer
linksradikaler Politik anzustoßen und damit eine
Neukonstituierungsprozess der AAB als handlungsfähiger Gruppe
einzuleiten. Unseres Erachtens waren mögliche inhaltliche Differenzen
gar nicht geklärt genug, um eine Spaltung mit all ihren unangenehmen
Begleiterscheinungen zu rechtfertigen. Teile der Anderen dagegen 
haben
die jetzt erfolgte Trennung bewusst forciert, da sie die Gegensätze für
unüberbrückbar hielten. Damit war die Verweigerung der Diskussion 
um die
Grundlagen unserer Politik konsequent durchgehalten worden.

Der Kernkonflikt: Aktionismus und Distinktionsgewinn

Getragen von der Besseren Hälfte hat sich angesichts veränderter
gesellschaftlicher und innerlinker Rahmenbedingungen seit einigen 
Jahren
ein Wandel in der praktischen und inhaltlichen Ausrichtung der AAB
vollzogen. Im Kern handelt es sich dabei um
1) eine Abkehr vom Konzept des "revolutionären Antifaschismus" 
wie es in
weiten Teilen der Antifa-Bewegung verstanden wurde und
2) eine Hinwendung zur Erarbeitung inhaltlicher Standpunkte und 
einer
fundierten Kapitalismuskritik angesichts der Orientierungslosigkeit der
Linken und der fragwürdigen Theoriefragmente, die in weiten Teilen
sogenannt linker Bewegungen vertreten werden. Mit zweitem Punkt
verbunden war die Bereitschaft, sich auch mit den Positionen anderer
Linker offensiv auseinander zu setzen, statt wie in der Vergangenheit
einseitig das Sammelnde und Gemeinsame zu betonen.
Die Anderen haben sich dieser Entwicklung in den letzten Monaten 
immer
energischer widersetzt. Sie sehen im Grunde keine Veranlassung, an 
der
Antifa-Politik, die Anfang und Mitte der 90er ihre Blütezeit hatte,
etwas zu ändern. Ihr herzhaftes "Weiter so!" charakterisieren sie selbst
als praxisorientierte, interventionistische Politik, die auf
Veränderungen in der Gesellschaft ziele und sich als Teil der
gegenwärtigen linken Bewegungen begreife. Die Bessere Hälfte 
besteht in
ihren Augen dagegen aus Nörglern und Blockierern, die aus Gründen 
des
Distinktionsgewinns statt der Gesellschaft andere Linke kritisieren.
Wir werfen den Anderen hingegen vor, sich in einem unreflektiertem, 
rein
quantitativen, weil auf Sammlung möglichst vieler gerichteten,
Aktionismus zu erschöpfen, der Radikalität durch das Hochhalten eines
nicht näher bestimmten revolutionären Ansatzes in Kombination mit
militantem Auftreten bloß imitiert. Wer inhaltliche Positionsfindung,
die nicht von vornherein auf Bündnisfähigkeit sondern vor allem auf
klare Analyse zielt, als Zersetzung von Handlungsfähigkeit begreift,
will statt radikaler Gesellschaftskritik das wohlige Gefühl, Teil einer
Bewegung zu sein.

So ist das, worüber wir eine Diskussion innerhalb der AAB 
einfordertern,
gleichzeitig unsere Diagnose über ihr Scheitern:

Times they are a´changing - Konsequenzen für unser Verständnis von
Politik, Antikapitalismus und Antifa

Die Konzepte der organisierten Antifabewegung wurden in einer 
Situation
entwickelt, in der nach dem Zusammenbruch des Realsozialismus
revolutionäre Ideen öffentlich diskreditiert waren. Die Parole vom 
"Ende
der Geschichte" war Ausdruck der Zuversicht, die herrschenden
Verhältnisse würden ewig dauern, die Möglichkeit einer radikal anderen
Gesellschaft schien aus der Diskussion völlig verbannt. Daraus leiteten
wir die Notwendigkeit platter Mobilisierungen zur Artikulation
antikapitalistischer Gegenpositionen sowie die positive Bezugnahme 
auf
die linke, kommunistische Geschichte ab.
Die Einpunkt-Bewegungen der 80er Jahre hatten aus unserer Sicht 
eher zu
einem Auseinanderdriften der verschiedenen Ansätze geführt. Daraus
entwickelten wir die Vorstellung, die Linke sammeln zu wollen, und die
Betonung pragmatischer, praktisch orientierter Politik, die sich nicht
in Sektiererei verfängt. Gleichzeitig waren die flächendeckende
neonazistische Gewalt, deren offensichtliche Duldung durch den Staat
oder die Instrumentalisierung der Nazi-Gewalt für die Einschränkung 
des
Asylrechts gesellschaftliche Skandale, an denen sich die Politisierung
vieler junger Menschen vollzog. Dies trug dazu bei, Antifa als
praktischen Ansatzpunkt und Hebel zur Kritik der bürgerlichen
Gesellschaft zu wählen.

Let´s talk about capitalism baby
In der bleiernen Zeit nach dem Zusammenbruch des Realsozialismus 
wollte
sich der durch die AA/BO repräsentierte Teil der Antifa mit plakativen
antikapitalistischen Formulierungen dem Zeitgeist entgegen stellen. 
Die
Politisierung und Radikalisierung interessierter Jugendlicher sollte vor
allem über die praktische Konfrontation mit Nazis und dem 
Staatsapparat
erfolgen. In einer Zeit, in der es vor allem darum ging, die
prinzipielle Möglichkeit einer Alternative zum Kapitalismus zu
artikulieren, mag das seine Berechtigung gehabt haben. Für die 
aktuelle
politische Situation ist es nicht hinreichend.
Inzwischen wurde die Parole vom Ende der Geschichte durch die
globalisierungskritische Bewegung aufgebrochen. Engagement gegen
Kapitalismus ist heute weit weniger anstößig als noch vor 10 Jahren. 
Die
in allen Medien zitierte Parole heißt: "Eine andere Welt ist möglich".
Offenkundig sind aber auch Heterogenität und theoretische Schwäche
dieser zahlenmäßig großen Bewegung, was sich auch in den Protesten 
gegen
den Irak-Krieg zeigt: Zu beklagen sind etwa das eklatante Fehlen einer
Kritik am staatlichen Zwangsverband (weshalb sich die 
Friedensbewegung
jetzt zum Ziel setzt, Schröder auf Anti-Kriegs-Kurs zu halten), die
Tolerierung antisemitischer Positionen (etwa auf der "Friedenstour" von
attac, die ein mit Schauergeschichten angereichertes
Anti-Israel-Tribunal war), die Konzentration auf personanlisierende
(oder finzanzzentrierte) Kapitalismuskritik oder die Glorifizierung
vorbürgerlicher Gemeinschaften. 
Die Anti-Globalisierungsbewegung als die dominante linke Strömung 
der
letzten Jahre ist voll von platten Moblisierungen und einem diffusen
Unbehagen am Kapitalismus. Eine zeitgemäße linksradikale Bewegung 
kann
darauf nicht mit Plattheit antworten, sondern muss versuchen, 
inhaltlich
in diese Bewegung zu wirken und sie damit voran zu bringen - noch 
dazu,
wo diese Bewegung genau jene kritische Öffentlichkeit umfasst, die 
schon
immer das Agitationsobjekt linksradikaler Politik war. Es geht darum,
offenkundig reaktionäre Ansätze auszugrenzen und der politischen
Klugheit ein Forum zu bieten. Das hat wenig mit Distinktionsgewinn zu
tun, aber viel mit Interesse an linkem Widerstand, der diesen Namen
verdient.
Die Positionierung zur Anti-Globalisierungs- bzw. Anti-Kriegs-
Bewegung
hat in der AAB immer wieder für Streit gesorgt. Teile der Besseren
Hälfte wollten etwa einer Teilnahme an der Großdemonstration gegen 
den
Bush-Besuch 2002 in Berlin nur zustimmen, wenn eine Abgrenzung 
von
antisemitischen und Krieg und Kapitalismus einseitig auf die Person 
Bush
beziehenden Positionen erkennbar würde. Die mit Mehrheitsbeschluss
durchgesetzte Transparent-Unterzeile "Gegen Antisemitismus und
Antiamerikanismus" wurde schließlich durch Einzelne der Anderen auf 
der
Demo verdeckt. 

What's left?

Ist schon die Analyse der herrschenden Verhältnisse in den linken
Bewegungen oft fragwürdig, bleibt die Frage ihrer Abschaffung, das 
Wie
gesellschaftlicher Veränderung völlig ungeklärt. Nun ist es nicht die
Aufgabe einer politischen Gruppe, zu leisten, woran die klügsten Köpfe
der letzten Jahrhunderte gescheitert sind. Aber wenn die Grundlagen
linker Kapitalismuskritik umstritten sind, wenn es keine überlieferten
Gewissheiten gibt, dann wirken Plattheit und zelebrierte
Selbstgewissheit eher lächerlich als überzeugend. Statt dessen muss 
eine
politische Kultur entwickelt werden, die radikale Fragen stellt und
Diskussionen vorantreibt, ohne sich der Praxis zu enthalten. Es muss
möglich sein, alle Positionen radikal in Frage zu stellen, ohne
Diskussionen von vornherein als "nicht links" abzublocken. Wer sich
nicht die Mühe macht, ausführliche Argumente gegen diesen Krieg
darzulegen, dessen Aufrufe ähneln schließlich, zwar angereichert mit 
dem
Wort "Imperialismus", Erklärungen einer Friedensbewegung, in die sich
auch die rot-grüne Regierung einreihen kann.

Revolutionärer Antifaschismus

Die Globalisierungskritikbewegung hat außerdem zwei weitere
Ausgangsbedingungen, unter denen sich die AAB konstituiert hat,
modifiziert: Wir wollten gegen die Zersplitterung der
Ein-Punkt-Bewegungen "die Linke sammeln" an einem Punkt der
"Voraussetzung für alle Linken" ist, nämlich dem Antifaschismus. Und 
wir
wollten als öffentliches Sprachrohr für militante, radikale
Gesellschaftskritik auftreten. Als militante radikale
Gesellschaftskritik werden heute vornehmlich Teile der
Anti-Globalisierungsbewegung wahrgenommen, auch wenn ungeklärt 
ist,
welches ihr Sprachrohr ist. Damit hat die Bewegung eine Debatte
angestoßen, die eine anderen gesellschaftlichen Rahmen für radikale
Gesellschaftskritik und wirft auch andere Fragen auf, denen man sich 
nur
stellen kann, wenn man Diskussion, Fragen und Kritik nicht als der
Praxis und der Sammlung entgegenstehende Positionen denkt.
Dabei sehen wir die gesellschaftichen Veränderungen gar nicht als
Problem, im Gegenteil. Offensichtlich "sammelt sich" "die Linke" 
derzeit
um das zentrale Problem der weltweiten Organisation von Kapitalismus
(und seiner kriegerischen Durchsetzung). Die seit jeher bestehende
Schwäche des Konzepts Revolutionärer Antifaschismus, erst über den 
Hebel
der moralischen Empörung über Nazis zur Kritik an Kapitalismus und
bürgerlichem Staat zu kommen, wird damit zum unnötigen bzw.
unverständlichen argumentativen Umweg. Nur für die eigene
Positionsbestimmung und politische Strategie müssen daraus 
Konsequenzen
gezogen werden: Sieht man sich nicht mehr als "sammelnde" sondern 
als
radikalisierende, kann man auch die Diskussionsbarrieren des 
sammelnden
Ansatzes überwinden und sich in die Wettbewerb der linken Ideen zur
Erklärung der gegenwärtigen gesellschaftlichen Probleme begeben. 

Dies gilt umso mehr, als es die Antifa-Bewegung versäumt hat, eine
Faschismustheorie auf Höhe der Zeit zu erarbeiten. Die notwendige
Formulierung des Zusammenhangs von Kapitalismus und Faschismus, 
wenn sie
sich nicht gleich auf eine behauptete Quasi-Identität beschränkte
(sinnbildlich in den Parolen "Hinter dem Faschismus steht das Kapital"
oder "Staat und Nazis Hand in Hand"), kam meist nicht über einen 
kurzen
Absatz hinaus - trotz der zentralen Bedeutung im Konzept 
Revolutionärer
Antifaschismus. Entsprechend unüberzeugend und konstruiert wirkten 
diese
Erklärungsversuche denn auch oft.
Dabei scheint der Blick auf faschistische Bewegungen nach wie vor
ergiebig für die Kritik an den herrschenden Verhältnissen. Zum einen
lässt sich in Abgrenzung vom antikapitalistischen Selbstverständnis der
Nazis das eigene theoretische Instrumentarium gegen problematische
Kapitalismuskritik schärfen (etwa: die Unterscheidung von raffendem 
und
schaffendem Kapital, Konzentration auf Wucher, Finanzen etc.). Und 
die
Kritik der gemeinsamen Grundlage von Nazi-Ideologien und
Verwertungsrassismus ist allemal angebracht. Zum anderen ist die im
Modell des deutschen Sonderwegs radikalisierte anti-universalistische,
vernunftfeindliche und völkische Gegenbewegung zur kapitalistischen
Moderne in unterschiedlichen Ausformungen international 
wirkungsmächtig
(nicht nur im Märkischen Sand, sondern auch in den sogenannten
ethnischen Konflikte oder im sich radikalisierenden politischen
Islamismus) und damit weiterhin von zentraler theoretischer und
praktischer Bedeutung. Solch ein theoretisches Instrumentarium zur
Analyse des Zusammenhangs von Faschismus und Kapitalismus muss 
aber auch
erarbeitet werden, statt sich auf die moralische Zugkraft von "Nazis
morden, der Staat schiebt ab!"-Rufen zu verlassen.

Neben dem gegenwärtigen Boom an Kapitalismuskritik sprechen noch 
weitere
Gründe dagegen, am Antifaschismus als zentralem Dreh- und 
Angelpunkt
politischer Agitation und Praxis festzuhalten. 
Die in weiten Teilen der Antifa-Bewegung gängigen 
Argumentationsmuster,
auf strukturelle bzw. personelle Kontinuitäten zwischen BRD und
Nationalsozialismus zu verweisen, haben sich durch den wachsenden
historischen Abstand weitgehend erledigt. Aus dem selben Grund hat 
sich
die geschichtspolitische Bedeutung des Bezugs auf den
Nationalsozialismus verringert und an Wichtigkeit für die politische
Meinungsbildung eingebüßt.
In der "neu-goßdeutschen" Situation konnte der Bezug auf den 
deutschen
Faschismus bereits selbst eine Kritik der aktuellen politischen
Situation gelten. Spätestens mit dem Antritt der rot-grünen Regierung
hat sich diese Situation verändert. Deren Personal kann glaubhaft die
Distanz zum NS verkörpern und hat im Kosovo-Krieg den Bezug auf 
die
"Lehren aus Auschwitz" erfolgreich für die eigene Politik
instrumentalisiert. Wahrscheinlich ist, dass auch dieser
regierungsoffizielle Antifaschismus nur ein Durchgangsstadium ist hin 
zu
einer "Normalisierung" sein wird, in der deutsche Politik weitgehend
ohne Bezugnahme auf die NS-Verbrechen auskommen wird. Das 
bedeutet
einerseits eine neue Anforderung an geschichtspolitische 
Argumentation,
macht aber auch Analysen und Argumente notwendig, die (deutsche) 
Politik
als solche kritisieren, nicht nur als ‚Fortsetzung des Faschismus mit
anderen Mitteln'.
Die offenkundige Krise der Antifa-Bewegung hängt unseres Erachtens 
eng
mit den oben skizzierten Entwicklungen zusammen - und nicht, wie es 
ein
aus den Reihen der Anderen verfasstes und unabgesprochen
veröffentlichtes Papier dargelegt hat, mit dem Fehlverhalten einzelner
Antifas, die sich politischer Laschheit hingeben und die Bewegung 
durch
Konsumorientierung untergraben.
Dementsprechend wird Antifaschismus zwar nicht mehr der Dreh- und
Angelpunkt unserer Argumentation sein. Wir werden aber weiterhin 
dort,wo
sich in diesem Themenfeld die Möglichkeit des diskursiven Eingreifens 
in
politische Geschehnisse bietet, aktiv werden - wie z.B. gegen
Naziaufmärsche und in geschichtspolitische Debatten (z.B.
Wehrmachtsausstellung). Es wird darum gehen, Schwachpunkte der
öffentlichen Diskussion zu benennen und radikale Akzente zu setzen, 
z.B.
was Antisemitismus, Medienkritik, Kritik kapitalistischer Denkformen
angeht.

es geht voran…

Wir werden also auch in Zukunft eine aktionsbezogene Gruppe sein. 
Dabei
ist es notwendig, neue Strategien zu entwickeln, wie wir unsere
Positionen in der öffentlichen Diskussion wahrnehmbar machen 
können. Um
diesen Anspruch mit inhaltlichen Diskussionen und Klärungen
zusammenzubringen ist eine verbindliche Organisation von Politik
weiterhin notwendig. Wir wollen also keinen "Rückfall" in
Kleingruppenkonzepte oder theoretische Zirkel, in denen man nur
zusammenarbeiten kann, wenn man sich persönlich gut versteht und
politisch bis ins letzte einer Meinung ist. Wir streben auch weiterhin
die Verständigung mit allen Linksradikalen an, die sich für die
Politikfelder Antifaschismus und Antikapitalismus interessieren.
"Sollbruchstellen" linksradikaler Politik wollen wir mit fundierten
Klärungen begegnen. Grundlagen sind nach wie vor: Verbindlichkeit in 
der
Diskussion, Vorschläge und Argumente werden begründet, Fragen
beantwortet, möglichst große Transparenz für alle an der Diskussion
beteiligten soll hergestellt werden. Die Grundlagen unseres
Politikverständnisses können nur gemeinsam geklärt werden. Dabei ist 
die
Gruppe offen für Interessierte, die sich beteiligen wollen. 
Bestandteil unserer Praxis werden bis auf weiteres folgende
Politikfelder sein: Antikapitalismus, Antifaschismus, Jugendarbeit,
Verankerung an der Uni und "Kampf um die Köpfe".

And to the government we stick our middlefingers with regards to the
§129a.



Für den Kommunismus!  
 

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Bitte lächeln! Fotogalerie online mit GMX ohne eigene Homepage!

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