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[chox] (Fwd) [contraste-list] Eine moderne Fabelgestalt in Berlin




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An:             	"Contraste Liste" <contraste-list yahoogroups.de>
Von:            	CONTRASTE t-online.de
Datum:   	14 Dec 2002 19:30 GMT
Betreff:        	[contraste-list] Eine moderne Fabelgestalt in Berlin
Antwort an:     	contraste-list yahoogroups.de

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Aus CONTRASTE Nr. 218 (November 2002)

Der Verein oekoFee e.V.

Eine moderne Fabelgestalt in Berlin

Feen, gibt es die noch? Ich gebe zu, auch ich hatte
noch bis vor einem Jahr gedacht, dass diese
Fabelfrauen ausschliesslich dem Bereich des
Maerchens zuzuordnen waeren. Aber da geschah es,
dass eben eine solche Fee bei unserer
low-budget Tagung entschieden zu jenem
freundlichen Drumherum beitrug, das noch fehlte.
Und das begann so:


Elisabeth Meyer-Renschhausen - Sommer 2001. Ich sitze
allein in einem altmodischen Unibuero. Uff, das waere fertig:
Meine Tagung zur Welternaehrung ist vorbereitet.
Aber diesmal fehlt der Etat und die engagierte studentische
Gruppe, die bereit waere, fuer den Kaffee der Teilnehmerinnen
zu sorgen. Da klingelt das Telefon: "Hier Heinze, Verein
Oekofee", meldet sich eine unbekannte Stimme, "sollen wir das
Catering fuer Ihre Tagung uebernehmen?" Ich glaube nicht recht
zu hoeren, sage etwas von
"der Etat ist leider bereits ausgeschoepft" und will gleich
wieder einhaengen. "Doch, doch" insistiert es am anderen Ende
der Leitung, "Sie machen doch diese Tagung
zur Welternaehrung, und wir, unserer Verein, hat sich
ueberlegt, dass wir gerne auf Ihrer Tagung fuer Kaffee und
Kuchen sorgen wuerden. Fuer Sie entstehen dadurch keine
Kosten, wir bringen alles selbst mit. Wir wuerden befreundete
Reformhaeuser und Oekofirmen bitten, uns die entsprechenden
Saefte, Brote und Aufstriche zu schenken."
Zwar bleibe ich unglaeubig, sage aber "o.k.!"

Und so geschah es, ich musste nur dafuer sorgen, dass
der OekoFee die Tore aufgemacht wurden fuer das Auto mit
den unverhofften Gaben. Der Verein brachte zudem eine
Gruppe russischer Studenten in ihrem momentanen Berliner
Oeko-Praktikum mit, die beim Austeilen des warmen
Essens halfen. Dieses warme Angebot stammte aus einer
nahegelegenen Schule, wo der Verein das Mahl zusammen mit
Kindern erstellt hatte. Die Tagungsteilnehmer
hatten allein hierfuer etwas, wenig, zu zahlen. Wir hingegen,
wir sassen auf den Holzbaenken unter den alten Baeumen im
ruhigen Hinterhof und konnten die Tagung geniessen.

Erst spaeter komme ich dazu, den Verein "oekoFee e.V."
genauer kennen zu lernen. Seit Oktober 2001 ist der Verein
vor allem in einer Schule in Berlin-Mitte engagiert,
der 3.Oberschule "Am Koellnischen Park". Es geht darum,
mittels des Unterhaltens einer Schulkantine, den
Schuelern eine nachhaltigere oekologische Ernaehrungsweise nahe
zu bringen. Die wenigen Aktiven des Vereins
arbeiten selbst mit bis zum Umfallen, zudem haben sie
sich Helferinnen ueber eine ABM-Massnahme organisiert.
Dafuer bekamen sie vom Institut fuer Zukunfts-Studien
und Technologiebewertung eine einjaehrige Anschubfinanzierung.
Die Aufgabe der Einfuehrung einer Oekokantine auf dem
Grenzstreifen zwischen Berlin-Mitte und
Kreuzberg erweist sich als nicht leicht. Die Schule ist
gerade erst - gegen den erklaerten Willen vieler Lehrer - aus
zwei ehedem selbstaendigen Schulen zusammen gelegt
worden, aus einer aus dem ehemaligen Osten und einer
aus dem ehemaligen Westen. Die Lehrer kennen sich
noch kaum, bestehen aus zwei voellig verschiedenen Gruppen und
sind gestresst, weil alles anders ist als bisher. Der
Schulleiter haelt von einer Oekokantine eigentlich nichts
und verweist sie in eine dunkle Ecke. Er hat sich gegen
das Ansinnen des entsprechenden Stadtrats, die Oekokantine bei
sich hereinzulassen nicht stemmen moegen, zumal
keine Kantine existierte.

Der Verein oekoFee muss allerhand Schikanen ueber
sich ergehen lassen. Die Schulkueche ist nicht bereit, die
Damen des Vereins in ihren Raeumen werken zu lassen.
Die Schueler stammen aus aller Herren Laender, 30% aus
tuerkischen Familien und haben mit "oeko" nichts am
Hut, sondern fordern gesellschaftliche Anerkennung
durch Offerten von islamisch korrektem Essen. Die Oekofeen
gehen saemtliche Kompromisse ein, die nur denkbar
sind und bei so manchem altgedienten Gruenen nicht nur
gelindes Entsetzen hervorruft. Die Damen verkaufen
Cola und Schokoriegel, um die Schueler aus den Supermaerkten
der Umgebung abzuziehen und zum Kauf in ihrer Kantine zu
bewegen. Sie stellen um auf tuerkische
Lammswuerstchen, damit ihnen der Vorwurf, sie wuerden
Schweinefleisch verkaufen, nichts mehr anhaben kann.
Spaeter kommen sie darauf, dass sie auch Milch, aus
Kostengruenden normale zwar und nicht Oekomilch, gezuckert zwar
und nicht pur, verkaufen koennen, da die Schuelerinnen bereit
sind, sie zu nehmen, weil sie im vergleich
zu Cola "so schoen billig" ist. Die Vollkornbaeckerei
Maerkisches Landbrot stiftet die Broetchen und das Brot, die
Saefte sind von Eden, dem Abkoemmling der gemeinnuetzigen
Obstbausiedlung bei Oranienburg, der Vegetariergenossenschaft
des Jahres 1893. Aber die meisten Schueler sind
der Droge Zucker schon laengst nachhaltig verfallen, essen
nichts am Morgen, kommen mit leerem Magen in die
Schule, sind noch nicht einmal bereit, sich umsonst bereits
vor dem Unterricht ein Oekobroetchen verabreichen
zu lassen. Die Kinder sind - aufs Geld kommt es den Eltern
scheint's nicht an - geeicht auf das vergleichsweise
teure Fastfood, obwohl die Eltern wie Schueler andererseits
behaupten, dass ein - bei haeufig acht Stunden Unterricht
naheliegendes - gekochtes Mittagessen zu teuer sei.
Vor allem die Maedchen verweigern fast jegliches regulaeres
Essen. Ansprechbar sind sie erst, als die Oekofeen ihnen
klar machen, dass gesunde Ernaehrung einem guten Aussehen
entschieden foerderlich ist. Saftdominierte
"Schlankheitstage" als "schoenste Erpressung" kamen
bei ihnen gut an. Von den Jungen hingegen sind einige
bereit, auch selbst Hand an zu legen. Sie kochen bereitwillig
fuer den Tag der offenen Tuer und wollen auch kuenftig
in der AG Kochen und einer kuenftigen Schuelerfirma mitmachen.
Aber besonders geil finden sie die uralte riesige
Obstpresse, die zum Zwecke des Selbermachens aus Eden
(in Oranienburg bei Berlin) angekarrt wird.


Ganz allmaehlich stellt sich im Verlauf des ersten Jahres eine
gewisse Akzeptanz gegenueber dem Verein ein.
Der Schulleiter merkt, dass es ihm Renommee verschaffen kann,
wenn er angeben kann, eine Oekokantine in seinem Hause zu
haben. Die Schueler finden die Auseinandersetzungen mit den
"Omas" vom Verein ganz lustig,
moegen Frau Dr. Heinzes, Marlies Berger und ihrer Helferinnen
herzliche kommunikative Art, zumal sie anerkennend
feststellen muessen, dass deren Oekobroetchen einfach
wirklich besser schmecken. Aber da ist schon das erste
Foerderjahr um, und der Verein muss wiederum zusehen, woher er
das Geld nimmt, ohne zu stehlen. Eine Chance bietet ein in
Berlin neu eingerichtetes Ausbildungscenter Arbeit sofort fuer
Jugendliche, die keine Lehrstelle bekommen haben. Von dort
hofft der Verein Jugendliche vermittelt zu bekommen. Sie
sollen dann von Dr. Manuela Heinze und Kollegen, z.T.
gelernten Lebensmittelwissenschaftlern wie Dipl. Ing. Werner
Nauschuetz, und weiteren HelferInnen angelernt werden und dann
so vorgebildet, einJahr lang in der Oekokantine arbeiten.

Der Berliner Verein oekoFee e.V. existiert nun bereits
sechs Jahre, aber dieses Schulkantinenprojekt ist, trotz
Unterstuetzung seitens des Bezirksamts und der Uni Giessen,
wohl die schwierigste Aufgabe, die er sich je vorgenommen
hat. Der Verein entstand, nachdem Manuela
Heinze und andere, meistens OstberlinerInnen, die nach
der Wende erwerbslos geworden waren, ein
Weiterbildungsstudium Ernaehrung im Rahmen der Frauenfoerderung
an der Technischen Universitaet Berlin (TU) absolviert hatten.
Jede, die will und ueber 40 ist, kann sich in diesem
Bana-Programm zwei Jahre lang preisguenstig weiterbilden. Nach
Abschluss dieses Zusatzstudiums gruendeten einige der davon
begeisterten TeilnehmerInnen den
Verein, um vor allem Jugendlichen eine vornehmlich
vegetarische und oekologisch sowie gesundheitlich sinnvolle
Ernaehrungsweise nahezubringen. Der Verein organisiert
Oekopraktika fuer russische Studenten in Berlin und
unternimmt Ernaehrungsberatungen fuer Aeltere auch in
Seniorenheimen und organisierte im Abgeordnetenhaus
von Berlin kuerzlich eine grossartige kleine Tagung zum
Thema Schulessen und Kantinen, bisschen enttaeuscht
darueber, dass auch gruene Berufspolitikerinnen immer
haeufiger vergessen, ehrenamtliches Engagement zu wuerdigen,
ja, ueberhaupt noch wahrzunehmen...

Sollte es dem Verein gelingen, aus einem Catering mit
oekologischem und regional nachhaltig erwirtschafteten
Lebensmitteln, eine Art neuem Anlernberuf fuer Jugendliche zu
machen, die keine Lehrstelle bekommen konnten,
waere das ein Schritt in die richtige Richtung. Sollte es der
oekoFee zudem gelingen, einige dieser Jugendlichen fuer
die Problematik einer nachhaltigen Esskultur und damit
ueberhaupt ein Thema wirklich zu interessieren, waere das
in Zeiten allgemeiner Langeweile aus Uebersaettigung und
Leere infolge Ueberfluessigkeit nicht wenig. Ein wieder
beginnendes Nachdenken koennten Angelernte sicher gut
an Schueler weiter geben und dabei mit dazu beitragen,
dass der Schoenheit abtraegliche Kompromisse, wie etwa
Cola und Schokoriegel, eingestellt werden koennen. Das
Bezirksamt Mitte zumindest sollte daran interessiert sein,
dass kuenftig nicht jedes dritte Kind zu dick ist, wie einer
neueren Erhebung zufolge derzeit der Fall. Auch den
Krankenkassen waeren gesuendere Kinder sehr bekoemmlich... Bevor
Bezirksaemter derartige Freiwilligen-Arbeit
sich jedoch in dafuer strukturell eher ungeeigneten Schulen
sich aufreiben lassen, sollten sie wohl kuenftig besser
recherchieren - zwecks nachhaltigem oder ueberlegteren
Umgang mit dem ehrenamtlichen Engagement von Mitbuergern.

Weitere Informationen ueber das Internet:
www.oekoefee.de oder per Post oekoFee e.V.
c/o Dr. Manuela Heinze, Poststr.2, D-10178 Berlin-Mitte,
Tel/Fax: (0 30) 296 43 63/24 72 91 63
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