Re: [ox] Empirie vs. Dogmen
- From: Jac <sortesindet marsmail.de>
- Date: Fri, 26 May 2006 02:35:37 +0200
Am Freitag, 26. Mai 2006 00:13 schrieb Christoph Reuss:
"Auf die Realität einigen" heisst _nicht_, dass alle dasselbe denken.
Meinungen können auch subjektiv sein ("Himbeerpudding schmeckt besser
als Schokopudding"), problematisch wird es erst dann, wenn sie der
Realität _entgegenstehen_ (z.B. die Meinung "1+3=5" oder die Meinung,
es gäbe ein Pädagogik-Vakuum).
Realitätauffassung ist immer das, was gesellschaftlich als Realität
definiert wird. So gibt es in der ethnologischen Forschung durchaus
Berichte über Kulturen, die beispielsweise den Traum mehr Realität
einräumen als der Gegenwart des Wachzustandes. Und auch eine
Mathematik, in der "1+3=5" ergibt, ist nur eine Frage der Definition.
Christoph operiert hier seinerseits mit der von ihm so kritisierten
"Unsichtbaren Hand", die ihm unwidersprochen einflüßtert, daß
1+3 4 ergibt, daß Erziehung zwingend erforderlich und das Er-
ziehung lediglich Kommunikation sei.
Auch Christoph schaut aus seinen zwei Augen auf die Realität, ohne
sich eines blinden Fleckes in der wahrgenommenen Realität be-
wußt zu sein. Jeder Arzt und Biologe lernt jedoch - und erfährt es
spätestens bei seinen Studien am menschlichen Körper - das dort,
wo die Nervenbahnen des Gehirnes auf die Augen treffen, in beiden
Augen Rezeptoren fehlen, um etwas sehen zu können. Würden wir
also wahrnehmen, was ist, gäbe es einen blinden Fleck in unserer
Wahrnehmung - da wir diesen jedoch nicht sehen, sondern unser
Gehirn diesen blinden Fleck mit all dem füllt, was nach Überzeu-
gung des Gehirns die wahrgenommenen Bilder sinnvoll ergänzt,
haben wir keine vollständige Realitätswahrnehmung.
Sehen ist daher a priori immer mehr oder weniger ergänzt durch
kreative Erfindungen des Gehirns, ein Konstrukt von Realität, wel-
ches a priori nicht vollständig mit der Wirklichkeit übereinstimmt.
Jacob
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