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[ox] heise online: Münchner Grüne sehen Linux-Migration durch Softwarepatente gefährdet



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<benni obda.de>" gesandt. Wir weisen darauf hin, dass die
Absenderangabe nicht verifiziert ist. Sollten Sie Zweifel an der
Authentizität des Absenders haben, ignorieren Sie diese E-Mail bitte. 
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ist das eine sinnvolle Strategie? Was ist denn dann, wenn die Regierung
nicht reagiert (womit zu rechnen ist). Muss man Linux in München dann
nicht konsequenterweise einmotten?
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30.07.2004 11:21

Münchner Grüne sehen Linux-Migration durch Softwarepatente gefährdet

Alarmstimmung im Münchner Rathaus: Die Stadtratsfraktion[1] der Grünen
fordert mit zwei Anträgen Oberbürgermeister Christian Ude (SPD)
nachdrücklich auf, in Berlin in Sachen Softwarepatente zu
intervenieren. Würde sich das Bundesjustizministerium[2] mit seiner
gegenwärtigen Befürwortung[3] einer breiten Patentierbarkeit von
Computerprogrammen durchsetzen und in Brüssel entsprechend die Weichen
mit stellen, sieht der grüne Stadtradt Jens Mühlhaus auf München
"unkalkulierbaren Schaden" zukommen. Durch die Einführung und weitere
Legalisierung breiter Softwarepatente in der EU fürchten die Grünen das
Aus für ihr weltweit beachtetes Projekt LiMuX[4], in dessen Rahmen die
Stadtverwaltung komplett auf Open Source umrüsten will. Darüber hinaus
hält es Mühlhaus für fraglich, ob freie Software "mittel- und
langfristig überhaupt noch wettbewerbsfähig sein und den Anforderungen
der Stadtverwaltung genügen kann, wenn ihre Weiterentwicklung durch
große Softwarepatente-Portfolios blockiert wird." Auch der
mittelständischen Softwareindustrie der bayerischen Landeshauptstadt
drohe der Kollaps.

Konkret soll der Münchner Stadtchef auf Drängen der Grünen die
Bundesregierung davon überzeugen, ihre Zustimmung im EU-Rat zum Entwurf
für die heftig umstrittene Richtlinie[5] zur Patentierbarkeit
"computer-implementierter Erfindungen" zurückziehen und stattdessen die
Position des Europaparlaments[6] aus der ersten Lesung vom September
2004 "vollinhaltlich unterstützen". Da die formelle Verhandlung der
Ratsposition voraussichtlich Ende September anstehe, sei "besondere
Dringlichkeit geboten". Die Anträge der Grünen haben in München
Aussicht auf Erfolg, da auch die Münchner SPD bereits vor kurzem ein
klares Votum der Bundesregierung und des Parlaments gegen
Softwarepatente gefordert hat[7]. Im Bundestag sind die Grünen[8], die
FDP[9] und Teile der SPD[10] ebenfalls klare Gegner einer breiten
Patentierbarkeit von Computerprogrammen. Bundesjustizministerin
Brigitte Zypries (SPD) hält mit der Unterstützung des
Bundeskanzlers[11] dagegen nach wie vor an ihrem umstrittenen Kurs
fest[12].

Ausgangspunkt für die Untergangsstimmung im Münchner Rathaus ist eine
Patentrecherche[13] des Fördervereins für eine Freie Informationelle
Infrastruktur (FFII[14]) in Bezug auf die geplante Linuxumstellung in
der bayerischen Hauptstadt. Demnach wäre allein die Desktop-Umrüstung
im Rahmen von LiMuX von etwa 50 potenziellen Patentverletzungen
betroffen, falls die geschätzten 30.000 vom Europäischen Patentamt
bereits durch eine weite Auslegung der rechtlichen Grundlagen erteilten
Softwarepatente von Berlin und Brüssel abgesegnet würden. Patentinhaber
könnten dann, warnt Mühlhaus, finanzielle Forderungen für die Nutzung
des patentierten Verfahrens stellen oder die Nutzung einer dazu in
Konflikt stehenden Software untersagen. Dies könnte seiner Ansicht nach
etwa "zum Ausfall eines kompletten Referates der Stadtverwaltung
führen".

Dass die Befürchtungen keineswegs übertrieben seien, zeigen für die
Grünen neben dem Beispiel SCO[15] auch die wachsenden
Softwarepatentaktivitäten Microsofts, das in München erst nach langem
Kampf gegenüber der Linux-Fraktion den Kürzeren zog[16]. Ernsthafte
Sorgen löste die Prognose eines Managers von Hewlett-Packard[17] aus,
wonach die Redmonder beginnen könnten, Softwarepatente weltweit gegen
Open Source einzusetzen. "Selbst wenn keine wirkliche Patentverletzung
vorliegt oder ein Patent theoretisch für nichtig erklärt werden könnte,
sind Patentklagen mit so hohem Kostenaufwand verbunden, dass
mittelständische Unternehmen in die Insolvenz getrieben werden können",
fürchten die Grünen. Auch hierdurch drohen hohe Folgekosten für die
Stadt und ihre Projekte. Während einer Beratungsrunde[18] vor einer
Woche hatte auch der EDV-Verantwortliche der Stadt München, Wilhelm
Hoegner, schwarz gesehen. Würde sich der EU-Rat mit seinem
Richtlinienvorschlag durchsetzen, wäre das dem Praktiker zufolge eine
"Katastrophe für das Migrationskonzept der Stadt München und natürlich
auch für den gesamten Markt der Freien Software".

Zur Auseinandersetzung in der EU um Softwarepatente siehe auch:

Ein Interview mit Bundesjustizministerin Brigitte Zypries und
Ministerialdirektor Elmar Hucko über Softwarepatente, Urheberrecht und
geistiges Eigentum bringt c't in der aktuellen Ausgabe: "Das
Urheberrecht kennt kein Recht auf Privatkopie"[19],  c't 16/2004,
S. 158
Bitkom gegen Softwarepatent-Umfrage des Wirtschaftsministeriums[20]
Wirbel um Softwarepatent-Umfrage[21]
Gefahr für den IT-Mittelstand[22], Die Softwarepatent-Richtlinie des
EU-Rates erhitzt die Gemüter, c't 13/2004, S. 22
Die Brüsseler Patentschlacht[23], Der Streit um EU-Softwarepatente in
der vorletzten Runde, c't 12/2004, S. 60
Softwarepatentgegner werfen Brüssel Verlogenheit vor[24]
EU-Staaten über Softwarepatente einig[25]
Europaparlament gibt reinen Softwarepatenten einen Korb[26]

Zur Linux-Migration in München siehe auch:

Münchner Stadtrat segnet Konzept zur Linux-Migration ab[27]
Münchener Grüne sehen Imagegewinn durch Umstellung auf Linux[28]
Probleme für Linux in München[29]
Microsoft kann in München nicht "fensterln"Microsoft kann in München
nicht "fensterln"[30]
LiMux -- Die IT-Evolution[31], das Projekt zur Linux-Migration bei der
bayerischen Landeshauptstadt
 (Stefan Krempl) /
 (jk[32]/c't)

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  [4] http://www.heise.de/newsticker/meldung/48313
  [5] http://www.heise.de/ct/04/13/022
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  [7] http://www.heise.de/newsticker/meldung/48694
  [8] http://www.heise.de/newsticker/meldung/47331
  [9] http://www.heise.de/newsticker/meldung/47709
  [10] http://www.heise.de/newsticker/meldung/47883
  [11] http://www.heise.de/newsticker/meldung/print/48897
  [12] http://www.heise.de/ct/04/16/158/
  [13] http://www.ffii.org/~blasum/basisclient/swpatmuc.pdf
  [14] http://swpat.ffii.org/
  [15] http://www.heise.de/ct/aktuell/meldung/44492
  [16] http://www.heise.de/newsticker/meldung/37197
  [17] http://www.heise.de/newsticker/meldung/49234
  [18] http://kwiki.ffii.org/Limux040723De
  [19] http://www.heise.de/ct/04/16/158/
  [20] http://www.heise.de/newsticker/meldung/49472
  [21] http://www.heise.de/newsticker/meldung/49239
  [22] http://www.heise.de/ct/04/13/022/
  [23] http://www.heise.de/ct/04/12/060/
  [24] http://www.heise.de/newsticker/meldung/47524
  [25] http://www.heise.de/newsticker/meldung/47477
  [26] http://www.heise.de/newsticker/meldung/40547
  [27] http://www.heise.de/newsticker/meldung/48313
  [28] http://www.heise.de/newsticker/meldung/47897
  [29] http://www.heise.de/newsticker/meldung/43485
  [30] http://www.heise.de/newsticker/meldung/37197
  [31] http://www.muenchen.de/Rathaus/referate/dir/limux/89256/index.html
  [32] jk ct.heise.de

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