[ox] TELEPOLIS: Wird Lawrence Lessig CEO?
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- Date: Wed, 13 Feb 2002 17:34:20 +0100
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Wird Lawrence Lessig CEO?
Janko Röttgers 13.02.2002
Lizenz-Plattform "Creative Commons" startet im Mai
Lawrence Lessig ist bekannt als brillanter Autor und engagierter
Kämpfer gegen die Auswucherungen der Copyright-Industrie. Nun will er
der theoretischen Vorbereitung Taten folgen lassen und gründet
gemeinsam mit zahlreichen akademischen Mitstreitern eine Plattform zur
Lizenzierung geistigen Eigentums.
Gegenüber dem SF Gate ließ [1]Lessig am Montag erstmals öffentlich
[2]durchblicken, an was er gemeinsam mit zahlreichen Kollegen nun schon
seit über einem Jahr bastelt: Creative Commons soll eine
Lizenzierungsplattform für geistiges Eigentum werden, mit deren Hilfe
sich Musiker, Filmemacher, Autoren und Programmierer ihre
Wunschlizenzen zusammenstellen können. Ziel ist es, dadurch die freie
Nutzung geistigen Eigentums zu fördern und ihre Überführung in den
Bereich der Gemeingüter zu vereinfachen - eine Art
Public-Domain-Geburtshilfe sozusagen.
Creative Commons will dabei offenbar nicht vorhandenen
Lizenzierungsmodellen wie der [3]General Public License Konkurrenz
machen, sondern gerade dort greifen, wo diese versagen beziehungsweise
noch Berührungsängste existieren. Zudem sollen die Lizenzen flexibler
handhabbar sein. So sollen Musiker etwa die Möglichkeit haben,
festzulegen, dass ihre Songs für nicht-kommerziellen Gebrauch frei
kopiert werden können. Sobald sie in einem kommerziellen Rahmen genutzt
werden, könnte eine Tantiemen-Zahlung fällig werden, die an an Faktoren
wie Auflage, Umsatz oder Nutzungsart gekoppelt sind. Eine andere
Anwendungsmöglichkeit wäre eine Lizenzierung nur für akademischen
Gebrauch.
Lizenzen in XML
Ob und in welcher Form Creative Commons selbst Tantiemen-Transaktionen
unterstützen wird, steht aber offenbar noch nicht fest. Das Projekt
wird seit Anfang vergangenen Jahres von einer ganzen Reihe von
Akademikern der Stanford University, des MIT, der Yale und der Harvard
University aufgebaut. Öffentlich [4]vorgestellt werden soll es
anlässlich der O'Reily Emerging Technology Conference im Mai diesen
Jahres. Bis dahin hält man sich mit Details noch bedeckt. Auf der
Website [5]Creativecommons.org gibt es dementsprechend bisher nur wenig
zu sehen. Doch wer ein bisschen im Netz sucht, findet so ein oder
anderen Hinweis darauf, wie Lessigs Lizenz-Wunderkind möglicherweise
einmal [6]aussehen könnte.
Der SF Gate berichtet zudem, dass Creative Commons Lizenzinformationen
auch in einem maschinenlesbaren Format anbieten möchte. So könnten sich
Urheber mit Hilfe der Website möglicherweise nicht nur den nötigen
Lizenzvertrag, sondern auch gleich die dazugehörigen XML-Daten
zusammenklicken, um die Lizenz-gerechte Weiterverarbeitung ihrer Werke
zu garantieren. In einem früheren [7]Arbeitspapier wurde zudem
diskutiert, ob Creative Commons die Werke zentral hosten und damit zu
einer Art MP3.com für geistiges Eigentum mit freundlichen Spielregeln
werden soll. Aktuelle Äußerungen lassen jedoch darauf schließen, das
man statt dessen auf ein "Distributed Commons"-Modell setzt - die
Inhalte werden weiter von den Eigentümern selbst beziehungsweise von
anderen Dienstleistern gehostet, Creative Commons hilft lediglich beim
Zusammenstellen der nötigen Lizenzen und der Meta-Daten. Zudem soll das
Einhalten der Lizenzen in Einzelfällen durch Pro Bono-Vertretungen der
beteiligten Juristen erzwungen werden.
Lessig: Lieber CEO als Jura-Professor?
Creative Commons wird als gemeinnützige Firma auftreten, wobei noch
nicht bekannt ist, wer die Rolle des CEOs übernehmen wird. Gut möglich,
dass Lessig es sich nehmen lässt, diese Rolle selbst auszuüben. So hat
er bereits angekündigt, sich für die Plattform zumindest teilweise aus
dem Lehrbetrieb der Stanford University zurückzuziehen. Zudem fungiert
er bereits als Namensgeber. Praktisch sein gesamtes neues Buch [8]"The
Future of Ideas" widmet sich den "Commons" - den öffentlichen Räumen
und frei verfügbaren Gemeinschaftsgütern. Auch in seinem erst kürzlich
erschienenen und höchst empfehlenswerten Text [9]"Internet Under Siege"
geht er auf deren Wert für die Weiterentwicklung der digitalen Welt
ein. Ohne offene Plattformen, ohne frei nutzbare Inhalte gebe es keine
Innovation, so Lessig. Zum Schluss des im November erschienenen Textes
heißt es:
"Das Internet versprach der Welt - insbesondere den Schwächsten der
Welt - die schnellsten und dramatischsten Veränderungen der Wachstum
behindernden Schwellen. Dieses Versprechen ist davon abhängig, dass das
Netzwerk offen für Innovation bleibt."
Ein Anliegen, das Lessig nun offenbar nicht mehr nur mit Worten
verteidigen will.
Links
[1] http://www.lessig.org
[2] http://www.sfgate.com/technology/beat/
[3] http://www.gnu.org/copyleft/gpl.html
[4] http://conferences.oreillynet.com/cs/et2002/view/e_sess/2376
[5] http://www.creativecommons.org/
[6] http://cyber.law.harvard.edu/CreativeCommons/site.htm
[7] http://cyber.law.harvard.edu/CreativeCommons/exec.html
[8] http://cyberlaw.stanford.edu/future/
[9] http://www.foreignpolicy.com/issue_novdec_2001/lessig.html
Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/te/11840/1.html
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