Message 04487 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT04487 Message: 1/1 L0 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

[ox] TELEPOLIS: Wird Lawrence Lessig CEO?



Dieser TELEPOLIS Artikel wurde Ihnen
von Stefan Meretz <stefan.meretz hbv.org> gesandt.

----------------------------------------------------------------------
 Wird Lawrence Lessig CEO?
 
 Janko Röttgers   13.02.2002 
 
 Lizenz-Plattform "Creative Commons" startet im Mai 
 
  Lawrence Lessig ist bekannt als brillanter Autor und engagierter 
Kämpfer gegen die Auswucherungen der Copyright-Industrie. Nun will er 
der theoretischen Vorbereitung Taten folgen lassen und gründet 
gemeinsam mit zahlreichen akademischen Mitstreitern eine Plattform zur 
Lizenzierung geistigen Eigentums.  
 
 Gegenüber dem SF Gate ließ [1]Lessig am Montag erstmals öffentlich 
[2]durchblicken, an was er gemeinsam mit zahlreichen Kollegen nun schon 
seit über einem Jahr bastelt: Creative Commons soll eine 
Lizenzierungsplattform für geistiges Eigentum werden, mit deren Hilfe 
sich Musiker, Filmemacher, Autoren und Programmierer ihre 
Wunschlizenzen zusammenstellen können. Ziel ist es, dadurch die freie 
Nutzung geistigen Eigentums zu fördern und ihre Überführung in den 
Bereich der Gemeingüter zu vereinfachen - eine Art 
Public-Domain-Geburtshilfe sozusagen. 
 
 Creative Commons will dabei offenbar nicht vorhandenen 
Lizenzierungsmodellen wie der [3]General Public License Konkurrenz 
machen, sondern gerade dort greifen, wo diese versagen beziehungsweise 
noch Berührungsängste existieren. Zudem sollen die Lizenzen flexibler 
handhabbar sein. So sollen Musiker etwa die Möglichkeit haben, 
festzulegen, dass ihre Songs für nicht-kommerziellen Gebrauch frei 
kopiert werden können. Sobald sie in einem kommerziellen Rahmen genutzt 
werden, könnte eine Tantiemen-Zahlung fällig werden, die an an Faktoren 
wie Auflage, Umsatz oder Nutzungsart gekoppelt sind. Eine andere 
Anwendungsmöglichkeit wäre eine Lizenzierung nur für akademischen 
Gebrauch. 
 
 Lizenzen in XML 
 
 Ob und in welcher Form Creative Commons selbst Tantiemen-Transaktionen 
unterstützen wird, steht aber offenbar noch nicht fest. Das Projekt 
wird seit Anfang vergangenen Jahres von einer ganzen Reihe von 
Akademikern der Stanford University, des MIT, der Yale und der Harvard 
University aufgebaut. Öffentlich [4]vorgestellt werden soll es 
anlässlich der O'Reily Emerging Technology Conference im Mai diesen 
Jahres. Bis dahin hält man sich mit Details noch bedeckt. Auf der 
Website [5]Creativecommons.org gibt es dementsprechend bisher nur wenig 
zu sehen. Doch wer ein bisschen im Netz sucht, findet so ein oder 
anderen Hinweis darauf, wie Lessigs Lizenz-Wunderkind möglicherweise 
einmal [6]aussehen könnte. 
 
 Der SF Gate berichtet zudem, dass Creative Commons Lizenzinformationen 
auch in einem maschinenlesbaren Format anbieten möchte. So könnten sich 
Urheber mit Hilfe der Website möglicherweise nicht nur den nötigen 
Lizenzvertrag, sondern auch gleich die dazugehörigen XML-Daten 
zusammenklicken, um die Lizenz-gerechte Weiterverarbeitung ihrer Werke 
zu garantieren. In einem früheren [7]Arbeitspapier wurde zudem 
diskutiert, ob Creative Commons die Werke zentral hosten und damit zu 
einer Art MP3.com für geistiges Eigentum mit freundlichen Spielregeln 
werden soll. Aktuelle Äußerungen lassen jedoch darauf schließen, das 
man statt dessen auf ein "Distributed Commons"-Modell setzt - die 
Inhalte werden weiter von den Eigentümern selbst beziehungsweise von 
anderen Dienstleistern gehostet, Creative Commons hilft lediglich beim 
Zusammenstellen der nötigen Lizenzen und der Meta-Daten. Zudem soll das 
Einhalten der Lizenzen in Einzelfällen durch Pro Bono-Vertretungen der 
beteiligten Juristen erzwungen werden. 
 
 Lessig: Lieber CEO als Jura-Professor? 
 
 Creative Commons wird als gemeinnützige Firma auftreten, wobei noch 
nicht bekannt ist, wer die Rolle des CEOs übernehmen wird. Gut möglich, 
dass Lessig es sich nehmen lässt, diese Rolle selbst auszuüben. So hat 
er bereits angekündigt, sich für die Plattform zumindest teilweise aus 
dem Lehrbetrieb der Stanford University zurückzuziehen. Zudem fungiert 
er bereits als Namensgeber. Praktisch sein gesamtes neues Buch [8]"The 
Future of Ideas" widmet sich den "Commons" - den öffentlichen Räumen 
und frei verfügbaren Gemeinschaftsgütern. Auch in seinem erst kürzlich 
erschienenen und höchst empfehlenswerten Text [9]"Internet Under Siege" 
geht er auf deren Wert für die Weiterentwicklung der digitalen Welt 
ein. Ohne offene Plattformen, ohne frei nutzbare Inhalte gebe es keine 
Innovation, so Lessig. Zum Schluss des im November erschienenen Textes 
heißt es: 
 
    "Das Internet versprach der Welt - insbesondere den Schwächsten der 
Welt - die schnellsten und dramatischsten Veränderungen der Wachstum 
behindernden Schwellen. Dieses Versprechen ist davon abhängig, dass das 
Netzwerk offen für Innovation bleibt."       
 
 Ein Anliegen, das Lessig nun offenbar nicht mehr nur mit Worten 
verteidigen will. 
 
 Links 
 
 [1] http://www.lessig.org
 [2] http://www.sfgate.com/technology/beat/
 [3] http://www.gnu.org/copyleft/gpl.html
 [4] http://conferences.oreillynet.com/cs/et2002/view/e_sess/2376
 [5] http://www.creativecommons.org/
 [6] http://cyber.law.harvard.edu/CreativeCommons/site.htm
 [7] http://cyber.law.harvard.edu/CreativeCommons/exec.html
 [8] http://cyberlaw.stanford.edu/future/
 [9] http://www.foreignpolicy.com/issue_novdec_2001/lessig.html
 
 Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/te/11840/1.html 
 
----------------------------------------------------------------------
  Copyright © 1996-2001 All Rights Reserved. Alle Rechte vorbehalten
 Verlag Heinz Heise, Hannover    
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


[English translation]
Thread: oxdeT04487 Message: 1/1 L0 [In index]
Message 04487 [Homepage] [Navigation]