[ox] FYI: NZZ[6 Feb 2002]: Das Handbuch des frühen Kapitalisten. Der Code Napoléon als Faksimileausgabe
- From: Robert Gehring <zoroaster cs.tu-berlin.de>
- Date: Wed, 6 Feb 2002 12:50:13 +0000
Guten Tag allerseits,
vielleicht ist das hier für diejenigen interessant, die sich für
Eigentumsverhältnisse und ihre (Rechts-)Geschichte interessieren.
Gruß, Robert
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"[...]
Der Mensch als Eigentümer
Doch es ist nicht nur die Qualität der Sprache, die den Code Napoléon aus der
Masse der europäischen Kodifikationen heraushebt und die das Institut für
Textkritik bewogen hat, das über 2200 Artikel starke Gesetz in einer
zweisprachigen Faksimileausgabe neu aufzulegen. (Zugrunde liegt der nun
erhältlichen Edition die Bearbeitung von Burchard Wilhelm Pfeiffer, die 1808
zur offiziellen Ausgabe des Königreichs Westphalen erklärt wurde.) Die
Geschichte des Code civil (CC) und seine Vorbildhaftigkeit für Gesetze
anderer Nationen machten ihn zu einem der einflussreichsten Gesetzeswerke
überhaupt. Zum Teil wurde er gar direkt in die nationale Gesetzgebung
übernommen. Er leistete damit einen Beitrag zur Rechtsvereinheitlichung in
Europa, die bis heute anhält. Die Zivilgesetzbücher von Luxemburg, Holland,
Belgien, Italien, der romanischen Kantone der Schweiz, von Spanien, Portugal,
Rumänien, ja auch von Kanada und den meisten lateinamerikanischen Staaten
sind stark vom CC geprägt. Nach dem Ende der «Franzosenherrschaft» wurde er
allerdings an vielen Orten zum Symbol der ungeliebten Besatzer. Am ersten
Jahrestag der Völkerschlacht von Leipzig wurde der «französische Unrat» 1814
auf dem Feldberg im Taunus dem Feuer übergeben. Doch der Einfluss des
französischen Rechts blieb - auch in Deutschland - bestehen; und damit auch
der Einfluss der dem CC unterlegten politischen Philosophie.
Der CC ist aus der Französischen Revolution herausgewachsen. In ihm sind,
zumindest auf den ersten Blick, die erkämpften Postulate der Revolution
niedergeschrieben - Individualismus und Liberalismus -, was zum Beispiel im
konsensorientierten Verständnis des Vertragsrechts zum Ausdruck kommt; es
gilt der Primat der privatautonomen Willenserklärung. Ins Auge stechen aber
besonders die Regeln des Sachenrechts. Der Mensch als Eigentümer: Das ist das
Idealbild des CC. Ihm sind 1700 Artikel gewidmet. Der Tribun Sédillez meinte,
dass der CC das Palladium des Eigentums sei. Personen müssten immer im
Zusammenhang mit einem ihnen (möglicherweise) gehörenden Eigentum betrachtet
werden. Diese Verknüpfung von Person und Eigentum ist der Grund dafür, dass
der CC gerne als das Gesetzbuch der Bourgeoisie bezeichnet wird. Er übte den
frühen Kapitalisten in den renditeträchtigen Umgang mit dem Eigentum ein.
[...]"
http://www.nzz.ch/2002/02/06/fe/page-article7XM2A.html
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Von/From: Dipl.-Inform. Robert Gehring
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