Message 02511 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT02508 Message: 3/4 L2 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] Re(2): Friede den Huetten, Haben oder Sein)



am 15.05.2001 10:35 Uhr schrieb Franz J. Nahrada unter f.nahrada magnet.at:

Hallo Franz,

danke für Deine anregende mail, ich denke Du bringst vieles auf den Punkt!
 
:  der
Wert ist identisch mit dem prinzipiellen Vorbehalt gegen das
Bedürfnis und dem gewaltsam gesetzten Ausschluß vom Reichtum.
Gesellschaftliche Natur des Reichtums und Private Aneignung - das
war auch mal ein aufreizender Widerspruch....

Die Gier ist das Zeichen eines Vakuums, der Reflex einer Welt in der
selbst das Notwendigste nur gegen bare Münze erhältlich ist............

Die Umkehrung ist leider auch falsch, daß ein *bedürftiges* schon ein
*rationelles* Verhältnis zur Welt einschlösse oder daß wir bloß
als bedürftige Wesen gemeinsam unseren Verstand bedienen müßten
und wir würden schon die richtigen Konsequenzen ziehen.

Wir müssen uns grundsätzlich davon verabschieden, Bedürfnisstrukturen, wie
sie unter den Bedingngen der Wertvergesellschaftung enstehen, zu
verabsolutieren. Deswegen ist eine Debatte über Haben oder Sein
problematisch. Unsere Bedürfnisse können sich nur in Warenform ausdrücken
und lassen sich nur in Warenform befriedigen, daher sind sie genauso falsch
wie richtig, genauso existentiell wie überflüssig. Unsere Hütte ist genauso
Ware wie der Palast, wer das eine gegen das andere ausspielt, ontologisiert
an der falschen Stelle.
Eine Ware ist immer eine Mogelpackung, die Gier deshalb so unersättlich,
weil die Ware, auf die sie sich richtet, immer notwendig enttäuschen muß.
Versuchen wir doch nur mal irgendein Grundbedürfnis zu formulieren, wir
verfallen immer wieder auf ganz verdinglichte Kategorien, selbst wenn es ums
Essen und Trinken geht. Oder Sexualität: ich behaupte, daß es das als
"Ansich" eines Bedürfnisses gar nicht gibt. Als humanwissenschaftlicher
Begriff hat 'Sexualität' natürlich seinen Sinn, als 'Bedürfnis' drückt es
eine verdinglichte Form menschlicher Beziehungen aus. Formulieren wir die
Sexualität als Bedürfnis, dann steht damit auch schon fest, daß sie
grundsätzlich nicht zu befriedigen ist, da sie eine menschliche Integration
sucht, die in dieser Form nicht zu haben ist.

Dafür war
der Palasthinweis goldrichtig! Der Fehler liegt schon in der Gebrauchs-
werttheorie von Marx, die nicht mehr reflektiert, daß auch der
Gebrauchswert eine vom Warenstandpunkt vollzogene Abstraktion ist.

Sagen wir mal lieber: in der Gebrauchswerttheorie des Marxismus. Bei Marx
finden sich da wohl noch andere Bestimmungen, obwohl das was Du schreibst
auch bei ihm zu finden ist.

Vielleicht ist es gut, wenn sich Hüttenfraktion und Bananenfraktion
streiten, denn die Wahrheit liegt jedenfalls jenseits von einer der beiden
Seiten!

Hoppla, was ist dann gut daran?

Und vor allem: weder Hütten noch Paläste sind in der derzeitigen
Form der Vergesellschaftung garantiert!

Das kommt zu dem Übrigen! Die Erfüllung unserer ebenso lebensnotwendigen wie
absurden Bedürfnisse (beides gleichzeitig, wie gesagt) ist dauernd bedroht.
Man kann natürlich die beiden Pole, Hütte und Palast, aufeinander beziehen
und sagen: entweder das eine oder das andere, da muß man einen Standpunkt
einnehmen. Einen Klassenstandpunkt eben. Aber, und da gebe ich der Krisis
recht, über die Warenförmigkeit ist man damit überhaupt noch nicht hinaus.
Deswegen, wer auf Klassenkampf allein setzt, endet bestenfalls nur in einem
anderen warenproduzierenden System.

JohSt


________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


[English translation]
Thread: oxdeT02508 Message: 3/4 L2 [In index]
Message 02511 [Homepage] [Navigation]