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[ox] C. Spehr




An die Fans von C. Spehr auf dieser Liste.

Das 'Neue Deutschland' brachte am vergangenen Samstag (13./14.1.) eine
ganze Seite zu/von ihm - im wesentlichen ein Abdruck der Einleitung zu
dem Text, mit dem er den Rosa-Luxemburg-Preis bekommen hat. Ein paar
Kernsätze: 

"Demokratische Propaganda heißt: Herrschaftspropaganda im
demokratischen Zeitalter." 

"In früheren Zeiten untermauerten herrschende Gruppen ihren Anspruch,
das Kommando zu haben, gerade mit ihrer Andersartigkeit ... Im
demokratischen Zeitalter betonen Herrschende und Privilegierte
unermüdlich, wie gleich sie den anderen seien ... Sie prahlen nicht
mehr mit ihrer Herrschaft, sondern behaupten, es gäbe keine mehr. "

Dann, zur Entfremdungsproblematik, ein Vergleich mit den in
Sklavenarbeit errichteten Pyramiden und dem Blick der Archäologen von
morgen auf unser Zeitalter:

"Die Artefakte des demokratischen Zeitalters sind in der Tat
Sklavenarbeit.  Sie sind die Arbeit von Sklaven und Sklavinnen der
heutigen Weltordnung; ... von Verschleppten durch die Gewalt der Not
oder fehlender Alternativen. ... Es ist nicht nur die Arbeit von
Sklaven, was die Artefakte unserer Zivilisation schafft.  Es ist auch
die Haltung von Sklaven."

Allerdings wird diese nicht (nur) auf den Warenfetischismus der
Marktgesellschaften projiziert, sondern umfasst (nach meinem
Verständnis) auch die Plangesellschaften des realen Sozialismus, wenn
es weiter heißt:

"Man stelle wiederum die Frage, was von den Artefakten übrig bleiben
würde, wenn diejenigen, deren Anteil an der Welt und an der Geschichte
darin verplant, verbaut, vernutzt wird, ihren Anteil daraus zurück
fordern könnten. ... Nicht alle Artefakte würden verschwinden, aber
viele. Ihr Bau würde sich verlangsamen, ihre Planung vorsichtiger
gestalten.  Ihr Nutzen würde eindeutiger und unmittelbarer. Sie würden
schrumpfen auf das, was man nicht umsonst ein 'menschliches Maß' nennt
- im Gegensatz zu den Ausmaßen und Anhäufungen von Artefakten, welche
den ArchäologInnen zu Recht als Indiz für eine
Sklavenhaltergesellschaft gilt."

So weit also starke Parallelen zu dem Ansatz in dem Papier von
Holzkamp (1980), auf das hier vor einiger Zeit hingewiesen wurde.  Der
Grundansatz von Spehrs Gesellschaftsmodells: Freiheit und Gleichheit
als "das Ergebnis einer Politik im weitesten Sinne", und als
Eigenschaft von Kollektiven (Kollektive von Gesellschaften explizit
eingeschlossen).  Der Schwerpunkt also nicht auf Selbstentfaltung,
sondern auf Kooperation (so habe ich den kurzen Text im ND wenigstens
verstanden).

Mit freundlichen Grüßen, Hans-Gert Gräbe




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