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[ox] Re: Re: [ot:gplgesellschaft] Kommentar zu Abs. 33



Hallo Lutz u.alle,

Alles richtig, nur klingt das \"Profite schlagen\" unnötig negativ.

Wieso negativ? Natürlich geht es auch Firmen wie Cygnus darum, Profit zu
machen / zu schlagen. Siehe hierzu etwa den Aufsatz von Michael Tiemann
"Future of Cygnus Solutions" in "Open Sources", O'Reilly 1999,
p.71ff. Dort preist Tielman das Manifesto von RMS, um dann sofort zu
sagen: "Suffice to say that on the surface, it read like a socialist
polemic, but I saw something different. I saw a business plan in
disguise." (p.72). Was bitte ist ein Geschäftsplan anderes als eine
Methode, Profit zu machen? Auch hier sollte das Kind ruhig beim Namen
genannt werden.

Natürlich wollen die Profit machen, meinetwegen auch schlagen. Nur halte 
ich das Gerede von "business plan in disguise" für Quatsch mit Soße. 
Es zeigt eigentlich nur die Befangenheit des Autors. "Profite schlagen" 
klingt für mich so nach Verrat an der Sache freier Software. Der Witz ist 
doch aber, dass es allem Anschein nach darauf gar nicht ankommt. Man kann 
auf einer solchen Basis kein M$-Imperium aufbauen, selbst wenn man es als 
fieser Verräter wollte. Wozu also diese moralische Verurteilung, die ich 
durchaus teile, in einem solchen Text?

Da ja in einer der Fussnoten der GPL-Gesellschaft (oder im
Linux-wertlos-Aufsatz?) auch explizit auf das Versäumnis RMS's hingewiesen
wird, der kommerziellen Nutzung und *Verwertung* von GPLter Software
entgegenzutreten, 

Ein Verbot kommerzieller Nutzung würde ich der gegebenen kapitalistischen 
Gesellschaft, in der wir nun mal leben, die Breitenwirkung freier Software 
erheblich einschränken. Diese Breitenwirkung ist m.E. aber nötig, damit sich 
die Produktivkräfte so weiterentwickeln können, wie es in GNU/Linux angelegt 
ist. Ansonsten wird die Sache schnell marginalisiert.

Entscheidend ist zur Zeit doch aber, diese Entwicklung der Produktivkräfte 
(auch in anderen Bereichen) zu ermöglichen und zu fördern. Das sollte dann 
die Grundlage für eine Änderung der Produktionsverhältnisse (also auch der 
Verteilung, Nutzung usw.) sein. Versucht man ohne entsprechend entwickelte 
Produktivkräfte die Produktionsverhältnisse zu entkapitalisieren, landet man 
wahrscheinlich in einer Sackgasse bzw. auf dem Bauch. (Das wurde im Übrigen 
auch schon versucht, wenn auch mit ganz anderen Mitteln, und bekanntermaßen 
durchschlagend erfolglos.)

Da halte ich RMS' Ansatz für einen ziemlich optimalen Weg, egal ob er solche 
Überlegungen angestellt hat oder nicht. Solange weder der Inhalt (und das 
verhindert GPL ziemlich sicher) noch das Forum (siehe die Kontroverse um 
slashdot.org) privatisiert werden können, ist der Weg für die neuen 
Produktivkräfte frei.

Immerhin treiben diese Firmen auch die technische Weiterentwicklung
geGNUter Software voran und bereichern damit die *Public Domain*. Dieser
                                                   ^^^^^^^^^^^^^^^
Siehe hierzu http://www.gnu.org/philosophy/categories.html "Categories of
Free and Non-Free Software". Der Begriff "Public Domain" ist gerade mit
freier Software *nicht* gemeint.

Einverstanden, ich hoffe es ist aber trotzdem klar, dass ich den 
nichtprivatisierbaren Raum meine.

oder steckt mehr dahinter?  Im Übrigen werden uns die erwähnten sekundären
Effekte wohl dauerhaft erhalten bleiben: Es geht doch letztendlich um die
Reduzierung von subjektiv wahrgenommener Unsicherheit und Komplexität (nach
dem Motto: Da weiss man was man hat.) durch den Aufbau von Marken usw.

Wem geht es darum? Dem Kunden? Dem Entwickler? Dem M$-Hasser? Ich würde
nicht meinen, dass es bei der Entwiklung von freier Software um eine
Marktdurchdringung und die Etablierung von Marken im Interesse des Kunden
gehen darf. Lieber ein paar Schwierigkeiten bei der Installation und noch
nicht perfekte Programme, als schleichende Abkehr vom Gedanken der freien
Software a la Linux == KDE == QT und der Positionierung von Produkten wie
Corel-Linux, die den Benutzer für dummm verkaufen.

Völlig einverstanden, Übereifer und Opportunismus um einen Markt zu bedienen 
sind sicher kontraproduktiv. Wenn man allerdings alle Opportunisten aus der 
Sache raushalten will, klappt das aber mit der oben erwähnten Breitenwirkung 
nicht. Sinnlose Marketingsprüche verfangen nun eben mal (noch) in der Breite, 
die meisten Zeitgenossen sind so geprägt. 
Diese Art von durch die dominierende Gesellschaftform hervorgerufenen 
Dreckeffekten wird man nicht vermeiden können, wenn man nicht total auf 
Breitenwirkung verzichten und sich nicht in seine puristische Ecke 
zurückziehen will. Das Entscheidende wird sein, die reine Variante (z.B. Debian) 
bestmöglich zu unterstützen und zu propagieren, und so verdreckte Varianten 
über kurz oder lang absterben zu lassen. Schon jetzt gibt es erhebliche 
Zweifel an der Langlebigkeit solch fragwürdiger Dinge wie Corel-Linux.

Ich hoffe das klingt einigermaßen logisch.

Ciao,
Torsten

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