Message 00485 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT00485 Message: 1/2 L0 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

[ox] E-Commerce im Business-To-Business-Bereich



Hi!

In c't 6/00, S. 62 erschien der anhängende Artikel
(`http://www.ix.de/ct/00/06/062/').



						Mit li(e)bertären Grüßen

						Stefan

--- 8< --- 8< --- 8< --- 8< --- 8< --- 8< --- 8< --- 8< --- 8< --- 8< ---
Axel Kossel, Jürgen Kuri

Virtuelle Großmärkte
E-Commerce verändert die Wirtschaft

Durch den elektronischen Handel zwischen Unternehmen drohen viel
schwerwiegendere Auswirkungen auf die Wirtschaft als durch
Online-Shops für Endkunden. Er ermöglicht zwar Kostensenkungen,
von denen auch der Verbraucher profitieren kann, gleichzeitig
droht aber der Verlust von Arbeitsplätzen.

Den größten Anteil am E-Commerce-Geschäft wird weiterhin der
Business-to-Business-Markt (kurz: B2B) haben. Die Investmentbank
Goldman Sachs erwartet einen Anstieg der B2B-Geschäfte von 114
Milliarden Dollar im laufenden Jahr auf 1,5 Billionen Dollar bis
2004. Das Potenzial des in der Öffentlichkeit viel beachteten
Online-Geschäfts mit Privatkunden ist dagegen gering: Bis 2003
soll es nach einer IBM-Studie weltweit gerade mal auf 43
Milliarden Dollar wachsen.

Die Vernetzung mit Zulieferern, Kunden und Transporteuren bietet
den Unternehmen erhebliche Kostenvorteile. Preise für Waren und
Dienstleistungen lassen sich weltweit abgleichen. Lagerbestände
werden erst gefüllt, wenn tatsächlich ein Bedarf besteht. Und bei
gleichzeitiger Beschleunigung der Herstellungs- und
Vertriebsprozesse sinken Beschaffungs-, Lager-, Personal- und
Informationskosten.

Endkunden können direkt davon profitieren, wenn Online-Shops
Lieferanten in ihr E-Commerce-System einbeziehen. Der
Neckermann-Versand setzt beispielsweise ein System ein, um die
Zusammenarbeit mit Herstellern zu koordinieren. Diese versenden
die Waren ohne Umweg über ein Neckermann-Zwischenlager direkt an
den Kunden. Die angebundenen Hersteller können über das Internet
den aktuellen Auftragsstand einsehen. Bei Produktionsengpässen
korrigieren sie die im System eingetragenen Lieferfristen, die
dann den Kunden mitgeteilt werden.

E-Commerce-Weltrekord

Einen B2B-Konzern von ganz anderer Größenordnung planen die
Automobilhersteller DaimlerChrysler, Ford und General Motors. Er
soll in Zukunft als offener Marktplatz für den Handel zwischen
Zulieferern und Herstellern fungieren. Angesichts der Umsätze in
dieser Branche würde dieses Unternehmen mit einem Schlag zur
weltgrößten Plattform für elektronischen Handel im Internet. Die
Autobauer rechnen damit, durch die Bündelung aller Einkäufe über
das Internet Preisvorteile von bis zu 2000 Mark pro produziertem
Wagen zu erzielen.

Ein Name für die neue Unternehmung steht noch nicht fest. Klar
ist hingegen, dass sie noch im ersten Quartal 2000 gegründet
werden soll und die drei Autobauer jeweils 25 Prozent der Anteile
halten wollen. Der Rest soll nach den Plänen der Konzerne an die
beteiligten Partner gehen, die den Aufbau des Internet-Auftritts
realisieren. DaimlerChrysler arbeitet dabei mit SAP zusammen.
General Motors hatte schon mit CommerceOne die Firma
TradeExchange für den Internet-Handel gegründet; Ford sitzt mit
Oracle für AutoXchange in einem Boot.

Renault und der von dem französischen Unternehmen kontrollierte
japanische Autobauer Nissan haben sich ohne Zögern dem Vorhaben
angeschlossen. Die Teilnahme der mit General Motors
beziehungsweise Ford verbündeten Japaner Isuzu, Suzuki und Mazda
gilt ebenfalls als sicher. Toyota, Mitsubishi und Honda
signalisierten Interesse. Verhalten geben sich hingegen die
deutschen Hersteller: Während BMW die Idee prüfen will, schließt
Volkswagen eine Beteiligung aus. Die Wolfsburger bauen ein
eigenes System auf, an das bereits ein knappes Drittel seiner 10
000 Zulieferer angeschlossen ist.

Pech für die Kleinen

Was den Konzernen recht ist, dürfte den Zulieferern allerdings
noch lange nicht billig sein. Während große Firmen wie
Continental oder Karman die geplante einheitliche
Handelsplattform begrüßen, dürften mittelständische Unternehmen
dadurch unter Druck geraten. Rund um die Produktionsstätten der
Automobilkonzerne hat sich eine Infrastruktur von kleineren und
mittleren Firmen angesiedelt, die praktisch nur den jeweiligen
Unternehmen Teile zuliefern. Sie profitierten bislang von den
regionalen Vorteilen und blieben häufig von internationaler
Konkurrenz verschont.

Der virtuelle Marktplatz stellt sie nun vor eine völlig neue
Situation: Sie dürften sich einem verschärften Kostendruck und
dem Zwang zu Konzentration und Fusion ausgesetzt sehen. Es steht
zu befürchten, dass die mittelständische Zulieferindustrie, die
bislang einen großen Anteil an den Beschäftigtenzahlen der
gesamten Autoindustrie hatte, angesichts sinkender Preise und nur
weniger überlebender Firmen von einer Entlassungswelle überrollt
wird - keine guten Aussichten für den Arbeitsmarkt in der
Bundesrepublik.

Hartmut Schauerte, Kartellrechtsexperte der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, warnte vor einem möglichen
`Super-GAU' für die kleineren Teilelieferanten. Er forderte das
Bundeskartellamt und die Wettbewerbshüter der EU-Kommission auf,
die geplante `Bündelung der Nachfragemacht gegen zigtausende
mittelständische Zulieferer in Europa' verschärft zu prüfen. Man
müsse alles tun, um eine drohende `katastrophale
Machtverschiebung zwischen Abnehmern und Zulieferern' zu
verhindern. (ad)


---------------------
http://www.oekonux.de/



[English translation]
Thread: oxdeT00485 Message: 1/2 L0 [In index]
Message 00485 [Homepage] [Navigation]