Re: [ox] Ueberlegungen zur Liste (de)
- From: "Stefan Meretz" <stefan.meretz hbv.org>
- Date: Tue, 27 Jul 1999 10:46:23 +0100
Hi Oli,
Du schreibst:
OpenSource-Kommerz frißt seine Eltern. Stallman ist halt Moralist, und
Moralisten haben weder gute Argumente noch gute Karten - IMHO.
Seine Eltern? Ein geflügelt Wort, daß ich nicht begriffen hab...?
Wenn OSS ein Kind der Geschichte freier Software ist, dann sind's die -
*idealistischen* - Eltern, die jetzt unter die Räder kommen, oder?
Freie Software im GPL'schen ist keine Wahre, weil sie letztlich niemandem
(oder jedem?) gehört... Bei 'open source' Software kann das wieder anders
aussehen, wenn Weitergabe etc. eingeschränkt werden...
Linux *gehört* Linus Torvalds. Diese Art von *Eigentum* ist jedoch irrelevant,
da die GPL es allen zur Verfügung stellt. Selbst Linus Torvalds kann Linux
nicht reprivatisieren. Linux konnte nur werden was es ist, weil es der GPL
unterstellt wurde. Das war 1991, bereits 1987 gab es MINIX von Tanenbaum,
doch der glaubte einfach nicht an die Möglichkeit einer vernetzten kollektiven
Softwareentwicklung, und verwendete deshalb eine Lizenzform, die nur ihm
die Weiterentwicklung ermöglichte. MINIX kam nicht vom Fleck (hatte
allerdings auch ein anderes Ziel: es wurde für die Lehre geschaffen). Siehe
auch die Tanenbaum-Torvalds-Debate:
http://www.lh.umu.se/~bjorn/mhonarc-files/obsolete/
- die Entwicklungsweise freier Software enthält Elemente einer neuen
Qualität von Produktivkraftentwicklung (nenne ich mal "Basar-Modus")
Als da konkret wären? Und setzt die Möglichkeit zur Entwicklung einer
solch neuen Qualität nicht eventuell das Vorhandensein der 'herkömmlichen
Produktionsverhältnisse' voraus, in dem freie SoftwareentwicklerInnen
wirtschaftlich versorgt sein müssen, um unentgeltlich zu arbeiten - zu
mindest zum jetzigen Zeitpunt?
Diese neue Qualität habe ich in meiner Antwort an Sabine versucht zu
skizzieren. Klar, das geht alles nur, weil die Entwickler(innen??) einen
coolen Job haben, der ihnen die Reproduktion sichert. BTW: Es gibt
Untersuchungen, die zeigen, daß Leute unproduktiver arbeiten, wenn sie für
die Arbeit Geld kriegen (immer auf der Basis gesicherter Existenz). Sofort
wird das eigene Entfaltungsinteresse unterminiert vom Gedanken, es nicht
für sich selbst, sondern für Kohle zu machen. (Link weiß ich jetzt nicht mehr)
Was mich auf mein wesentliches Anliegen
beim entsprechenden Vortrag und der anschließenden Diskussionsrunde bei
der WOS zurückwirft:
* Welche Modelle können wir uns vorstellen, in denen - auf 'sanfte'
Weise - Menschen mit freier Software ihren Lebensunterhalt sichern
können? Gerne möglichst konkret...
Mit OSS oder was gibt keine Kuschelecke der Glückseligen im Falschen,
das kannst Du Dir abschminken. Klar kannst Du mit OSS auch Knete
machen, gar Deine Reproduktion sichern, aber das ist dann nix anderes
mehr als überall auch. My view.
Bye,
Stefan.
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Stefan Meretz, Duesseldorf
Web: http://www.kritische-informatik.de
stefan.meretz kritische-informatik.de
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